Chopin-Walzer entdeckt

Ansonsten käme ich nicht auf die Idee bei einem solchen kurzen Stückchen den Lehrer zu fragen, ob man es denn spielen darf, spiele einfach wenn es dir gefällt oder erarbeite es dir einfach notentechnisch und präsentiere dann dem Lehrer.
Mir geht es dabei einfach darum, die Stücke nicht zu früh zu spielen und sie mir dabei quasi "zu versauen", weil ich sie auf dem Niveau noch nicht so spielen kann, wie sie "sollten", und mir Fehler in dem Stück antrainiere, die ich später schwer wieder herausbekomme. Da würde ich lieber warten, bis ich dem jeweiligen Stück etwas gerechter werden könnte. Ich hoff, du verstehst, was ich meine 😅

Ich "verbiete" mir z.B. aktuell noch die Nocturnes von Chopin, weil ich Ihnen jetzt noch nicht so gewachsen bin, dass sie schön klingen würden. Ich warte lieber noch ab, als sie jetzt hölzern spielen zu können und mir die Stücke zu verbrennen.
 
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Mir geht es dabei einfach darum, die Stücke nicht zu früh zu spielen und sie mir dabei quasi "zu versauen", …

Ich warte lieber noch ab, als sie jetzt hölzern spielen zu können und mir die Stücke zu verbrennen.
man kann keine Stücke „versauen“ (es sei denn, sie sind eh’ versaut - so etwas gibt‘s z.B. bei Mozart). Und zum Glück kann man allenfalls Notenblätter verbrennen. Ansonsten gilt: Ran an die Buletten! Das Leben ist zu kurz, um darauf zu warten, bis man endlich „reif“ ist für dies und jenes. Das ist kein Freibrief für Hemdsärmeligkeit. Aber wenn man respektvoll mit den Kompositionen umgeht, wächst man an und mit ihnen.
 
Ist das Stück soweit über meinem "Level", dass ich wenig bis keine Vorstellung davon hab, wie ich es technisch/klanglich umsetzen kann, ist auch die Wahrscheinlichkeit hoch, dass ich es falsch einübe bzw. es ewig dauern würde. Ich mag und will aber auch Dinge üben, die mir unbekannter sind, denn dadurch lern ich ja mehr! Es geht also wahrscheinlich um das berühmte Mittelmaß von gefordert, aber mit etwas nicht überfordert zu werden. Hat man dann einen KL, der einem Rückmeldung gibt, stellt man bestenfalls fest, ob man etwas adäquat übt (sofern man keinen KKL erwischt - Gerüchten zufolge gibt es da draußen einige)
 
Sehe ich auch so. Man kann das Stück ja erstmal vorsichtig (!) antesten. Und sich dabei genau selbst wahrnehmen. Sobald etwas zu schwer wird, fühlt es sich bei guter Wahrnehmung auch genau so an. Und dann heißt es: Wieder weg von den Buletten!

Ich habe als Teenager ganz viele Klavierstücke, die nicht Bestandteil des Unterrichts waren, nebenher gespielt (geübt kann man nicht sagen) und mir dabei einen schönen Überblick verschafft, was es so alles gibt. Aber niemals mit Gewalt, sondern nur ausprobiert und gesehen, was geht und was nicht. Trotzdem war mein Klavierlehrer dagegen, weil er der Meinung war, ich müsste im Unterricht jedes Stück zu 100% beherrschen und dürfe nicht bei 98% aufhören.
Heute würde ich mir Klavierschüler wünschen, die von sich aus neugierig auf die Pirsch gehen. Das gibt es m.E. nur noch sehr selten.
 
Ja, stimmt, aber man darf sich nicht einbilden, dass es die damals wesentlich öfter gab. Ein klein bisschen öfter, mehr nicht.
 
Ich habe als Teenager ganz viele Klavierstücke, die nicht Bestandteil des Unterrichts waren, nebenher gespielt (geübt kann man nicht sagen) [...] Trotzdem war mein Klavierlehrer dagegen, weil er der Meinung war, ich müsste im Unterricht jedes Stück zu 100% beherrschen und dürfe nicht bei 98% aufhören.
Geht mir ähnlich. Meine Lehrerin bremst mich auch mal, wenn sie etwas noch überfordernd findet und mir das noch nicht zutraut, und das find ich auch richtig.
Natürlich spiele ich auch manches, was nicht Teil des Unterrichts ist, und frage da nicht nach. Das sind aber idR dann irgendwelche Songs (!), die ich gern können würde, oder so Ludovico Einaudi u.ä., was nicht viel Substanz hat und wo ich "nicht so viel falsch machen" kann (da sagt auch meine Lehrerin, das kann ich mir alleine beibringen 😃 anfangs haben wir an sowas noch gefeilt, jetzt meint sie, daran könne sie mit nichts mehr beibringen). Klassische Literatur lasse ich davon aber meist unberührt und habe da eine Wunschliste, von der ich immer mal wieder was aufs Pult packe und für mich selbst schaue, ob ich mich da schon fähig halte. Und meine Lehrerin sagt eigentlich auch - versuchen. Wenn man etwas wirklich spielen können wolle, dann schaffe man das auch.
Aber sie möchte halt auch nicht, dass ich mir Stücke "versaue". Ich übrigens auch nicht 😅 ich würde gern Chopins Nocturne Op. 9 Nr. 1 lernen, aber der Weg dahin führt laut meiner Lehrerin über einfachere Stücke von Chopin, die wir nun zuerst spielen. Ich übe mich in Geduld 😅
 
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Heute würde ich mir Klavierschüler wünschen, die von sich aus neugierig auf die Pirsch gehen. Das gibt es m.E. nur noch sehr selten.
Ja, stimmt, aber man darf sich nicht einbilden, dass es die damals wesentlich öfter gab. Ein klein bisschen öfter, mehr nicht.
Das dürfte mit den veränderten Rahmenbedingungen zusammenhängen. Im Laufe der vergangenen Jahrzehnte hat das Freizeit- und damit das Unterhaltungsangebot stark zugenommen, vor allem hinsichtlich der Quantität. Was drastisch zugenommen hat, sind mit wenig oder gar keinem persönlichen Einsatz verfügbare Angebote für den passiven Konsum: Knöpfchen drücken und Glotze an genügt. Nur mit Medienkompetenz entgeht man der bequemen Dauerberieselung. Im 19. Jahrhundert gab es kaum und im 20. Jahrhundert nur mit vielfältigen Einschränkungen die Möglichkeit zum passiven medialen Konsumieren, wer Unterhaltung und Zerstreuung suchte, musste selbst aktiv werden und sich dazu gegebenenfalls mit anderen zusammentun - deshalb auch das Aufblühen des Vereinswesens hierzulande in der zweiten Hälfte des 19. und in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Dazu gehörte selbstredend auch das häusliche Musizieren - wurde man nicht selbst im Rahmen seiner eigenen Befähigung aktiv, lief eben nichts.

Allerdings muss beim Musizieren die Neugier auch an Durchhaltevermögen gekoppelt sein, sonst ist das Interesse recht schnell erschöpft. Insofern glaube ich auch nicht so recht, dass früher die Klavierschüler (m/w/d) automatisch motivierter und fleißiger waren als heute.

Was haltet ihr davon, einen B- und ggf. einen C-Teil zu komponieren und dann hier einzustellen? Ich denke z.B. an
(...)
@Rheinkultur
(...)
Gerade heraus: Eher wenig, wenn ich darauf antworten soll. Vordergründig, weil ich selbst genügend beruflich und privat zu regeln habe und nicht dazu komme; auch zum Schreiben auf Clavio komme ich nicht so oft, wie ich es mir manchmal wünsche. Hintergründig, weil ich mir aus der eigenen Perspektive als Komponist nicht wünsche, dass man unfertige Sachen hervorkramt und daran mit fremder Hand weiterarbeitet. Stücke lässt man in der Regel unfertig oder als Skizze zurück, weil man selbst keinen Sinn darin erkennt, das Vorhaben zu Ende zu bringen - oder weil einem anderes wichtiger war. Mit den überlieferten Walzern (soweit die Autorschaft Chopins geklärt ist) lohnt sich auch schon die Beschäftigung. Dabei will ich nicht ausschließen, dass Chopin einen nach C-Dur ausweichenden B-Teil und vielleicht noch einen ins terzverwandte F-Dur wechselnden C-Teil als Trio komponiert hätte, um abschließend den A-Teil in a-moll wieder aufzugreifen, warum nicht? Aber fast zwei Jahrhunderte später können wir wohl nur zufällig auf diese Frage eine Antwort erhalten.

LG von Rheinkultur

P.S.: Am nächsten kommt man wohl der Interpretations-Tradition mit der ältesten erhaltenen Aufnahme eines Chopin-Stückes, dem Finalsatz aus dem 2. Klavierkonzert (ebenfalls im Dreiermetrum) vom 23. Januar 1890 (sic!):
 
@Rheinkultur
Die Idee, das Stück weiterzukomponieren war eher so gedacht, dass man mal sehen kann, was hier auf clavio so alles an Ideen entstehen kann. Aldo eher als Anlass, selbst ins Komponieren im Sinne einer Stilkopie zu kommen, als das Stück zu „vervollständigen“.
 
Im Klavierunterricht gibt es doch auch immer solche Aufgaben wie: „Spinne den Gedanken fort …“ Das Ganze läßt sich doch auch auf eine anspruchsvollere Ebene heben. Ehrenrührig ist da nichts. Süßmayr hat Mozarts „Requiem“ zu Ende komponiert, ebenso die letzten Takte der d-moll-Fantasie. Cerha hat den dritten Akt der „Lulu“ fertiggestellt (wieviel Berg da noch drin steckt, das könnte @mick D.Ph. Wissen). Also nur Mut!
 

Darüber hab ich auch schon nachgedacht: Was haltet ihr davon, einen B- und ggf. einen C-Teil zu komponieren und dann hier einzustellen?
Grundsätzlich eine nette Idee. Aber da Chopin nicht unbedingt mein Lieblings-Komponist ist und ich momentan versuche, eher Verpflichtungen abzugeben als neu anzunehmen, verzichte ich zugunsten anderer.
 
Ich mag überhaupt nicht im Stile von komponieren.
 
Du wirst Dir mit diesem Statement sicherlich den Zorn vieler Claviot*Innen zuziehen …
Ich habe ja nicht geschrieben, dass ich Chopin für einen schlechten Komponisten halte. Es ist nur einer, der mir nicht so liegt und bei dem ich das sichere Gefühl habe, dass andere den besser verstehen und spielen als ich. Falls das jemanden erzürnt, kann ich damit leben.
 
Cerha hat den dritten Akt der „Lulu“ fertiggestellt (wieviel Berg da noch drin steckt, das könnte @mick D.Ph. Wissen).
Wenn schon mit Titel, dann auch richtig: Mick Ph.D. Da ich den Titel an einer als R1 (Doctoral University - Very high research activity) klassifizierten Uni erworben habe, wäre auch der deutsche Titel Dr. Mick korrekt. Ich bitte aber höflich darum, die albernen Titel in Zukunft wegzulassen.

Was den dritten Akt "Lulu" angeht - den hat Alban Berg im Particell fertig komponiert und auch teilweise instrumentiert; bei den nicht instrumentierten Takten gibt es außerdem etliche Hinweise zur Instrumentation. Friedrich Cerha hat keine Musik hinzugefügt oder weggenommen, sondern nur die Instrumentierung komplettiert. Da es auch in den ersten beiden Akten keine nennenswerten Abweichungen zwischen Particell und fertiger Partitur gibt, ist davon auszugehen, dass die Fassung Cerhas ziemlich gut dem Willen des Komponisten entspricht. Natürlich sind manchmal andere Klangfarben denkbar, aber insgesamt würde ich die Arbeit Cerhas schon als sehr gewissenhaft und gelungen bezeichnen.
 
@mick : Danke für die Erläuterungen.
 

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