C
Chopinne
Guest
Hallo liebe clavios,
in den letzten Tagen habe ich auf fremdsprachigen Foren einige Diskussionen zu folgendem Musiker namens Cory Hall (Klavierlehrer, "Pianist",...) verfolgt und fand sie ziemlich interessant. Ich habe gesucht und noch kein Thema dazu hier gefunden. Der Link zu seinem Youtube - Kanal:
https://www.youtube.com/user/BachScholar/videos
Und hier mehr Informationen zu seiner Frau und ihm, die sich zusammen als "Bachscholar" bezeichnen:
http://www.bachscholar.com/
Er ist wohl promoviert und hat wirklich Klavier studiert und bietet mit seiner Frau zusammen sowohl Klavierunterricht via Skype als auch Noten zum Download an. Folgende Punkte, die man kritisch betrachten kann:
- Seine Spielqualität. Es existieren Aufnahmen von ihm (nur Ton!), angeblich mehrere Jahre zurückliegend, in denen er Scarbo u.a. in einer herausragenden Qualität spielt. Wenn man sich heutige Videos ansieht, dann frage ich mich, ob es möglich ist, so viel an Fähigkeit über die Zeit zu verlieren? Ich denke, nein. Aber ich lasse mich gern von den Profis hier eines besseren belehren. Hier z.B. zwei Videos, wo deutlich wird, was ich mit "geringen technischen und interpretatorischen Fähigkeiten" meine:
1. Angebliche Interpretation von ihm von Scarbo, ohne Bild...:
2. Heutige Interpretation des 3. Satzes der Mondscheinsonate:
-> Was denkt ihr, ist es möglich, so einen krassen "Abstieg" zu erleben? Er wurde öfters in den Kommentaren hinterfragt und seitdem sind Kommentare für die Videos deaktiviert (und negative löscht er). Zuvor hat er darauf geantwortet, dass er eben älter geworden sei....
- Seine Produkte: Angeblich (ich habe dort nicht weiter nachrecherchiert) verkauft er Noten, die man auf IMSLP kostenlos downloaden kann, gegen Geld unter dem Slogan, dass er "einmalige Fingersätze" hinzugefügt hätte, die nach dem Download kaum sichtbar sind bzw. sich als hinzugefügte Fingersätze an offensichtlichen Stellen entpuppt haben. Wie gesagt, da ich keine Noten bei ihm heruntergeladen habe, kann ich das nicht überprüfen.
- Musikalische Aussagen: Hier finde ich zwei Dinge sehr interessant! Erstens, seine Aussage über Bach und das Tempo, in dem seine Stücke gespielt werden müssten.
"Still in progress for twenty years is his theoretical treatise "Discovering Bach's Secret Tempo Code", which introduces a groundbreaking theory that determines the precise tempos (in beats per minute) Bach intended for all his works." - Ich kann mir dazu wenig vorstellen. Weiß jemand mehr?
Weiterhin spricht er z.B. von den Chopin Etüden so:
"I get many requests to play and teach Chopin's Etudes. I hate to disappoint you, but I dislike the Chopin Etudes. In my opinion they are overplayed and overrated and YouTube is already oversaturated with far too many performances of them. In my opinion the Etudes are Chopin's weakest works as a whole, which are simply made weaker by most pianists' obsession with speed. They have become pretty much speed contests more than anything, which I will have no part in. Czerny's op. 740 etudes are much better works of music in my opinion. Some have tried to convince me that I am "wrong" and that the Chopin Etudes are great, but fail to understand what personal taste really means. For example, take a food you don't like and imagine all your friends constantly trying to convince you that this food is great and you are wrong for not liking it. Would this annoy you? Now put yourself in my shoes and imagine how annoying it would be if everyone said you really "should" like the Chopin Etudes. In other words, personal taste is personal taste. "
Er hat definitiv recht damit, dass sie oft zu schnell gespielt werden und vielleicht auch damit, dass sie "überspielt" sind. Dennoch sind sie ja von unglaublichem musikalischen Gehalt und sie mit Czernys Etüden zu vergleichen, bzw. sie unterhalb einzuordnen? Für mich sehr fragwürdig.
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Was meint ihr zu alldem?
Wichtig: Ich beabsichtige keinesfalls ein "Bashing" hier, sondern strebe eine Diskussion über obige Themen an, die zusammengefasst lauten:
1. Spielniveau und Erhaltbarkeit auch über lange Jahre hinweg: Ist es tatsächlich möglich, von einem einst hohen Niveau auf unterdurchschnittliches (für einen Pianisten) herabzusteigen, obwohl man sich weiterhin stetig mit dem Instrument beschäftigt hat?
2. Bach und ein "Tempocode" - eine fixe Idee? Auf welcher Grundlage soll das basieren?
3. Chopinetüden als Beispiel für Willkür im persönlichen Geschmack und in der Lehrtätigkeit - er begründet seine Ablehnung sehr zweifelhaft. Ich finde, eine schlechte Interpretation oder Spielweise eines Stückes ist kein Grund dazu, das Werk ansich abzulehnen - höchstens den Interpreten! Eventuell sind die Etüden zu anspruchsvoll für ihn und er benutzt seinen Geschmack als Vorwand. Ist das okay, gerade unter dem Gesichtspunkt, dass er unterrichtet?
in den letzten Tagen habe ich auf fremdsprachigen Foren einige Diskussionen zu folgendem Musiker namens Cory Hall (Klavierlehrer, "Pianist",...) verfolgt und fand sie ziemlich interessant. Ich habe gesucht und noch kein Thema dazu hier gefunden. Der Link zu seinem Youtube - Kanal:
https://www.youtube.com/user/BachScholar/videos
Und hier mehr Informationen zu seiner Frau und ihm, die sich zusammen als "Bachscholar" bezeichnen:
http://www.bachscholar.com/
Er ist wohl promoviert und hat wirklich Klavier studiert und bietet mit seiner Frau zusammen sowohl Klavierunterricht via Skype als auch Noten zum Download an. Folgende Punkte, die man kritisch betrachten kann:
- Seine Spielqualität. Es existieren Aufnahmen von ihm (nur Ton!), angeblich mehrere Jahre zurückliegend, in denen er Scarbo u.a. in einer herausragenden Qualität spielt. Wenn man sich heutige Videos ansieht, dann frage ich mich, ob es möglich ist, so viel an Fähigkeit über die Zeit zu verlieren? Ich denke, nein. Aber ich lasse mich gern von den Profis hier eines besseren belehren. Hier z.B. zwei Videos, wo deutlich wird, was ich mit "geringen technischen und interpretatorischen Fähigkeiten" meine:
1. Angebliche Interpretation von ihm von Scarbo, ohne Bild...:
2. Heutige Interpretation des 3. Satzes der Mondscheinsonate:
-> Was denkt ihr, ist es möglich, so einen krassen "Abstieg" zu erleben? Er wurde öfters in den Kommentaren hinterfragt und seitdem sind Kommentare für die Videos deaktiviert (und negative löscht er). Zuvor hat er darauf geantwortet, dass er eben älter geworden sei....
- Seine Produkte: Angeblich (ich habe dort nicht weiter nachrecherchiert) verkauft er Noten, die man auf IMSLP kostenlos downloaden kann, gegen Geld unter dem Slogan, dass er "einmalige Fingersätze" hinzugefügt hätte, die nach dem Download kaum sichtbar sind bzw. sich als hinzugefügte Fingersätze an offensichtlichen Stellen entpuppt haben. Wie gesagt, da ich keine Noten bei ihm heruntergeladen habe, kann ich das nicht überprüfen.
- Musikalische Aussagen: Hier finde ich zwei Dinge sehr interessant! Erstens, seine Aussage über Bach und das Tempo, in dem seine Stücke gespielt werden müssten.
"Still in progress for twenty years is his theoretical treatise "Discovering Bach's Secret Tempo Code", which introduces a groundbreaking theory that determines the precise tempos (in beats per minute) Bach intended for all his works." - Ich kann mir dazu wenig vorstellen. Weiß jemand mehr?
Weiterhin spricht er z.B. von den Chopin Etüden so:
"I get many requests to play and teach Chopin's Etudes. I hate to disappoint you, but I dislike the Chopin Etudes. In my opinion they are overplayed and overrated and YouTube is already oversaturated with far too many performances of them. In my opinion the Etudes are Chopin's weakest works as a whole, which are simply made weaker by most pianists' obsession with speed. They have become pretty much speed contests more than anything, which I will have no part in. Czerny's op. 740 etudes are much better works of music in my opinion. Some have tried to convince me that I am "wrong" and that the Chopin Etudes are great, but fail to understand what personal taste really means. For example, take a food you don't like and imagine all your friends constantly trying to convince you that this food is great and you are wrong for not liking it. Would this annoy you? Now put yourself in my shoes and imagine how annoying it would be if everyone said you really "should" like the Chopin Etudes. In other words, personal taste is personal taste. "
Er hat definitiv recht damit, dass sie oft zu schnell gespielt werden und vielleicht auch damit, dass sie "überspielt" sind. Dennoch sind sie ja von unglaublichem musikalischen Gehalt und sie mit Czernys Etüden zu vergleichen, bzw. sie unterhalb einzuordnen? Für mich sehr fragwürdig.
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Was meint ihr zu alldem?
Wichtig: Ich beabsichtige keinesfalls ein "Bashing" hier, sondern strebe eine Diskussion über obige Themen an, die zusammengefasst lauten:
1. Spielniveau und Erhaltbarkeit auch über lange Jahre hinweg: Ist es tatsächlich möglich, von einem einst hohen Niveau auf unterdurchschnittliches (für einen Pianisten) herabzusteigen, obwohl man sich weiterhin stetig mit dem Instrument beschäftigt hat?
2. Bach und ein "Tempocode" - eine fixe Idee? Auf welcher Grundlage soll das basieren?
3. Chopinetüden als Beispiel für Willkür im persönlichen Geschmack und in der Lehrtätigkeit - er begründet seine Ablehnung sehr zweifelhaft. Ich finde, eine schlechte Interpretation oder Spielweise eines Stückes ist kein Grund dazu, das Werk ansich abzulehnen - höchstens den Interpreten! Eventuell sind die Etüden zu anspruchsvoll für ihn und er benutzt seinen Geschmack als Vorwand. Ist das okay, gerade unter dem Gesichtspunkt, dass er unterrichtet?
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