Hi Rheinkultur, Hi Herzton,
Gerade bei Profis wird es immer Interessenkonflikte geben, und beide Möglichkeiten - namentliches Posten, anonymes Posten - haben Vor- und Nachteile. Letztendlich tragen alle zum Forum bei, nicht nur fachlich, sondern auch z.B. bezüglich Auffindbarkeit des Forums im Netz. Ein Ungleichgewicht entsteht, wenn dann nur bestimmte Mitglieder finanziell von der allgemeinen Dankbarkeit der Leser profitieren. Jeder Berufsmusiker entscheidet selbst, ob er Fachbeiträge honorarfrei schreiben will. Wenn quasi aber ein anderer dafür honoriert wird, ist aber die Grenze erreicht. Da noch mitzumachen grenzt an Masochismus und Selbstausbeutung, Liebe zur Musik hin oder her.
Daher finde ich es gut, dass Herzton sich Gedanken macht, auch wenn ihr Vorschlag im Detail einen Haken hat:
Hobbyisten oder aber auch Jugendliche können sich erlauben, unbedarft ihre Meinungen zu schreiben. Bei Berufsmusikern geht es aber auch um Kollegialität und Verantwortung. Wenn z.B. ein Anfänger im Forum eine Frage stellt, kann ein Mitglied als Klavierlehrer sicherlich drauf antworten. Die Antwort kann hilfreich sein, vielleicht ist die Antwort für den Fragesteller nicht passend aber für andere Leser interessant, es kann aber auch sein, dass man mit der (an und für sich gut gemeinten) Antwort den Unterricht im realen Leben torpediert. Wenn ein Berufsmusiker schweigt, muss das also nicht Desinteresse, Geldgier, Überheblichkeit oder mangelnde Hilfsbereitschaft sein, sondern das kann schlicht ein Zeichen des Verantwortungsbewusstseins und der Berufsethik sein. Wer viel schreibt, mag vielleicht einen engagiert Eindruck hinterlassen, ob das pädagogisch im Sinne der Lernenden geschieht, ist eine andere Frage. Man muss auch nicht zu jedem Thema seinen Senf abgeben.
Meine Vermutung ist, dass das Problem auch systembedingt ist. Ich weiß zwar nicht genau, wie lange es das Forum schon gibt, mindestens 7,8 Jahre. Die meisten gängigen, online sinnvoll diskutierbaren Themen zum Klavierspiel dürften in der Zeit schon mehrmals durchgesprochen worden sein. Inhaltlich gesehen kann viel Neues also nicht mehr kommen, bis auf z.B. aktuelle Infos über Klaviermarken (Solche Hinweise können auch "gewerblichen" Charakter haben, wenn man es genau nimmt.). Plakativ ausgedrückt ist das Boot voll, zumindest für Fachpersonen, es sei denn, man wagt an "Tabuthemen" wie "wie übe ich auf einem Digitalpiano" o.ä.. Leider ist es in der virtuellen Netzwelt so, dass es zu einem Thema nur ein aktives Forum geben kann, nicht mehrere Foren mit unterschiedlichen Nutzern, auf die sich die Interessenten verteilen könnten.
In dieser Situation kann sich ein Forum zum Stammtisch entwickeln mit der Einstellung "wir kennen uns, wir sind unter uns, wir sind speziell und besser als andere da draußen", oder das Forum öffnet und erweitert sich.(*) Mein Eindruck ist eher, dass das Clavio-Forum in die Richtung Stammtisch geht, und dass das von einigen langjährigen Mitgliedern vehement verteidigt wird, schließlich geht es auch um ihre eigenen Privilegien in einer mehr oder weniger geschlossenen Gesellschaft. Die Alternative (Erweiterung und Öffnung) wäre z.B. Werbung für Veranstaltungen zuzulassen, auch von Leuten, die sich sonst nicht am Forumsgeschehen beteiligen.
Natürlich gibt es das Unterforum "gewerbliche Anzeige" bereits. Nur ist diese Form der Anzeige für Musiker nicht wirklich geeignet. Qualifizierte Klavierlehrer haben ohnehin schon andere Werbemöglichkeiten, große Veranstalter auch. Für Einzelmusiker ist die Werbemöglichkeit durchaus interessant, aber wenn man eine Veranstaltung inserieren will, will man nicht erst eine Anfragemail schicken und auf eine Antwort warten, zudem rentiert sich eine 39 Euro Anzeige bei einem Konzert auf Spendenbasis oder bei einem Volkshochschulkurs o.ä. nicht. Für den Zweck braucht man auch nicht alle Leistungen, z.B. muss die Anzeige nicht 1 Jahr lang freigeschaltet bleiben, 4 Wochen reichen, und der Link zur eigenen Webseite ist überflüssig. Auf anschließende Onlinediskussion auf Stammtischniveau verzichtet man auch gerne. Wenn das Ganze etwas unkomplizierter, etwas günstiger und dafür ohne Schnickschnack geht, wird das Unterforum vielleicht beliebter.
(*) Im professionellen Umfeld gibt es in dieser Hinsicht immer wieder Bestrebungen zur Verbesserung der Berufsethik z.B. die Aktion von Argerich gegen Klüngelei bei Wettbewerben und Nachwuchsförderung, die auch vom DTKV Bundesverband unterstützte Initiative "art but fair".
Hier, wo die meisten Mitglieder Hobbyisten sind, fällt das Problem wohl nicht so auf. Ähnliche Problematik könnte aber früher oder später auch im Hobbybereich auftreten. Wer darf bei einem "Clavio Konzert" mitspielen? Muss man Mitglied des Forums sein? Was ist, wenn jemand auftreten will und sich nur deswegen anmeldet? Wer ist "besser", Mitglied A, der gut spielt aber wenig schreibt, oder Mitglied B, der nicht so gut spielt aber viel schreibt? Sollen langjährige Mitglieder C und D immer mitspielen dürfen, auch wenn die Zuhörer es langweilig finden, immer dieselben Namen auf dem Programmzettel zu lesen? usw. Es ist nicht verkehrt, die Problematik im Hinterkopf zu behalten, damit der Spaß am Klavierspielen nicht verloren geht.