Arbeiten mit dem Metronom

Ich weiß natürlich, dass in diesen idiotischen Zeiten viele notgedrungen Dinge nacheinander einspielen. Ich verweigere mich dem jedoch. Entweder "in echt" mit Leuten zusammenspielen (ob live oder Recording) oder gar nicht.
 
Ich weiß natürlich, dass in diesen idiotischen Zeiten viele notgedrungen Dinge nacheinander einspielen. Ich verweigere mich dem jedoch. Entweder "in echt" mit Leuten zusammenspielen (ob live oder Recording) oder gar nicht.
Tja ... du bist halt besser.
Ich habe mich auch ganz lange verweigert ... aber man kommt mit Click einfach schneller zu einem vorzeigbaren Ergebnis ... gerade wenn man eben nicht auf "echte Profis" zurückgreifen kann.

Früher dachte ich genauso wie du .. mittlerweile ist mir die Musik aber wichtiger, als mein "Profi"-Ego und ich habe bemerkt, dass mir letzteres einfach zu oft hinderlich war.

Wenn ich alleine einspiele, dann scheiße ich auf den Click ... ich weiß, dass es ohne einfach musikalischer ist. Und für dieses musikalischer" nehme ich auch all die Unbill in Kauf, die das bei der Nachbearbeitung bedeutet.

Am liebsten ist mir eh Live ... wenn der Schlussakkord verklungen ist, dann ist die Musik tot, denn sie wird in dieser Art genauso wenig ein zweites mal zu hören sein, wie man zwei mal in den selben Fluss steigen kann.
 
Ich habe die Netflix-Serie „Die letzte Nacht in Tremor“ gesehen, eine durchaus sehenswerte, wenn auch etwas langatmige Geschichte (FSK 16 wegen expliziter Gewalt-Szenen).

Sie handelt von einem professionellen Pianisten und Komponisten, dessen künstlerische Karriere, von den Eltern forciert, in eine ungute Richtung läuft.

Soweit alles okay. Was mich aber wirklich erstaunt, verwundert, irritiert, ist, dass dieser Pianist, wenn er Klavier übt, auch bei simpelsten Stücken das Metronom laufen lässt, aber nicht kreativ, sondern durchgehend in Vierteln. Und ich gehe nicht davon aus, dass er der DKMM anhängt.

Wie kann das sein? Gibt es keine professionellen Berater, die bei solchen Produktionen einbezogen werden? Oder habt ihr eine andere Erklärung für diese Unprofessionalität eines professionellen Pianisten?
 
Hä? Filme und Serien stellen doch alles Mögliche unrealistisch dar - und ausgerechnet bei so einer unbedeutenden Kleinigkeit wie einem Metronom erwartest Du, dass vorm Drehen erstmal die Faktenchecker aufgefahren werden??
 
Hä? Filme und Serien stellen doch alles Mögliche unrealistisch dar - und ausgerechnet bei so einer unbedeutenden Kleinigkeit wie einem Metronom erwartest Du, dass vorm Drehen erstmal die Faktenchecker aufgefahren werden??
Ja. Ich kenne mich ein bisschen damit aus, wie Romanautoren arbeiten, gerade auch im Bereich der Unterhaltungsliteratur. Da wird recherchiert, recherchiert, recherchiert. Und das erwarte ich auch von den Autoren und Regisseuren bei Filmen und Serien.
 
Kann sein, dass trotz Wissens, dass Pianisten nicht so üben, das dennoch so dargestellt wurde, weil es ja (zumindest auf den Unkundigen) eine gewisse drsmaturgische Wirkung hat - der Pianist arbeitet sich, in den Klauen des unerbittlichen Vorgesetzten Metronom, den Arsch ab oder so.
 
Und das erwarte ich auch von den Autoren und Regisseuren bei Filmen und Serien.
Merkwürdiger Anspruch. Fiktion sollte man mindestens ebenso erwarten. Als ob Ärzte- oder Krimiserien irgendetwas mit der Realität zu tun hätten. So, wie der Arzt ständig mit nem Stethoskop rumläuft, übt der Klimperer halt mit nem Metronom.
 
Oder so wie der Kommissar so'n ultracooler Typ ist, der Tag und Nacht bereit ist, Fälle zu lösen :lol:
 
Ja. Ich kenne mich ein bisschen damit aus, wie Romanautoren arbeiten, gerade auch im Bereich der Unterhaltungsliteratur. Da wird recherchiert, recherchiert, recherchiert.
"i have a modest example" (Tom Lehrer, the Vatican Rag), man sehe (recte: lese) und staune:
Dort, mit Blick auf den See, saß er an langen Sommerabenden auf der Veranda, las die Visionäre unter den Klassikern von Thomas More bis Jonathan Swift, hörte Mahler und Sibelius, lauschte dem Klavierspiel Glenn Goulds und Celibidaches Einspielungen der Sinfonien von Ravel. Er hatte sich eine umfangreiche Bibliothek zugelegt. Ebenso wie seine CDs besaß Johanson auch seine Lieblingsbücher fast sämtlich doppelt. Weder auf das eine noch das andere gedachte er zu verzichten, egal, wo er sich gerade aufhielt.
aus Frank Schätzing, "der Schwarm" S.20 ff
...tja, da hat der erfolgreiche Unterhaltungsautor für seinen später verfilmten Öko-Katastrophenschmöker prachtvoll recherchiert: er weiß mehr als Celibidache, ja sogar mehr als Maurice Ravel - denn der hatte gar keine Sinfonien komponiert...:lol::lol::lol:

Aber bevor man gar glaubt, dergleichen Missgeschicke würden nur Unterhaltungsskribenten passieren: Thomas Mann lässt seinen Wendell Kretzschmer im "Dr. Faustus" vom Fugengewicht der Akkorde faseln - da hatte der Nobelpreisträger bei Adorno (bei dem hatte er sich "recherchierend" erkundigt) schlicht falsch abgeschrieben (Adorno hatte vom Eigengewicht der Akkorde gefaselt)

wie dem auch sei: irgendwelche Recherchen irgendwelcher Literaten zu praktischen Belangen des Klavierspiels sind völlig unerheblich.
 

...tja, da hat der erfolgreiche Unterhaltungsautor für seinen später verfilmten Öko-Katastrophenschmöker prachtvoll recherchiert: er weiß mehr als Celibidache, ja sogar mehr als Maurice Ravel - denn der hatte gar keine Sinfonien komponiert...:lol::lol::lol:
Hätte nicht gedacht, dass du den Schmarrn, äh Schwarm gelesen hast. Wenn du dich jetzt noch als Fan des Literaten, Bestsellerautors und Besitzers einer Drogeriekette outest, dann muss ich mein Bild von dir wohl ernsthaft revidieren:angst::-D.
 
Als in der TV-Version vom Schmarn die lesbische schwarze Astrophysikerin auftrat, habe ich abgestellt.
 
@schmickus dann hast du vermutlich das kuriose Tentakelmonster verpasst: es war zwar lächerlich, hatte aber den Vorteil, die Anzahl der Protagonisten wirklich drastisch zu reduzieren :lol: was hilfreich war, um das Ende der Öko-Endzeit-Schmonzette ansteuern zu können
 
KEINESFALLS sollte man das Metronom als "Anweisungsgeber" auffassen, der einem sagt "so, JETZT sollst du eine Taste drücken"!

Sondern, wenn man es überhaupt einsetzt, dann NUR so, dass man in seinem eigenen musikalischen Fluss spielt und das Metronom quasi nebenher läuft und akustische Wegmarken setzt. Man hört dann, während man spielt, ob man zu früh, recht pünktlich oder zu spät an dieser Wegmarke "vorbeikommt", und kontrolliert auf diese Weise, ob man hinreichend genau im Tempo bleibt.

Daher sollte man das Metronom auch so einstellen, dass es möglichst selten tickt - also die Zwischenkontrolle möglichst selten stattfindet und somit die Versuchung, doch "nach dem Metronom zu spielen", möglichst klein ist.

Also schon mal sowieso keinesfalls "Subdivisions" (Achtel usw.) aktivieren, wie es z.B. manche Metronom-Apps ermöglichen, und je nach Könnensstand nicht jeden Schlag klicken lassen, sondern nur jeden 2., 3., 4., 6. oder 8.Schlag (je nach Taktart). Und noch besser ist es, wenn man nicht schwere Zählzeiten klicken lässt (also die 1 des Taktes oder die 1 und die 3), sondern leichte (z.B. die 2 und/oder die 4).Das ist natürlich noch anspruchsvoller. Jazzmusiker üben z.B. gerne so, dass sie nur alle 1 oder 2 Takte das Metronom auf der "4" klicken lassen. Das bringt am meisten und zeigt einem am deutlichsten, ob man in der Lage ist, das Tempo gut zu halten.
Wunderbar auf den Punkt gebracht!
Ergänzend sei noch eine andere Funktion genannt, die das Metronom haben kann:
Habe ich eine rhythmisch komplizierte Stelle, die ich mir nicht gut klanglich vorstellen kann, hilft es, das Metronom auf kleine Einheiten einzustellen, also den Puls evtl. auf Sechzehntel zu stellen, um zu lernen, wann welche Note kommen soll.
Versucht man, durch das eigene Fühlen des Pulses der Figur auf die Schliche zu kommen, kann es passieren, dass der Puls sehr unregelmässig wird, weil man mit Denken beschäftigt ist. Das gilt aber ausdrücklich nur für besondere Stellen.
Als Beispiel sei die Einleitung von Beethoven opus 13 genannt. Sehr oft können Schüler mit den Punktierungen nicht richtig umgehen. Da kann das Metronom helfen. Aber nur so lange, bis man die Passage selber richtig fühlt, danach s. @hasenbein
 
Und ich ahne nicht nur, ich weiß sogar aus etlichen Meisterkursen, wie sich das Spiel von Leuten anhört, die dauernd mit Metronom üben.

Lustige Anekdote: Auf einem dieser Kurse, bei dem ich als Klavierbegleiter tätig war, fragte Itzhak Perlman einen Teilnehmer nach dem Vorspiel, ob der ein Metronom dabei habe. Der bejahte das, worauf ihm Perlman einen Papierkorb reichte und sagte: "Please dump it!"
 
Bildschirmfoto 2025-01-29 um 13.29.59.png Apples Playlist-Symbolbild gibt dir zumindest recht.
Aber ernsthaft: Jeder soll üben und spielen, wie er mag. Aber ein Blick in das Archiv sollte reichen, um herauszufinden, dass missionarischer Eifer in diesem Thema zu wenig Erfolg führt.
 

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