Die Unterscheidung von Dur und Moll bereitet mir keine Probleme, aber ob in einem Stück Gis-Dur oder z.B. D-Dur erklingt, kann ich beim Hören nicht unterscheiden. Braucht man für diese Fähigkeit das absolute Gehör oder kann das jeder einigermaßen musikalische Mensch lernen?
Dies von mir erwaehnte Phaenomen der Obertonreihe hoert natuerlich jeder, ob mit oder ohne absolutes Gehoer. Druecke doch einmal stumm cis'' und schlage dann kraeftig aber kurz A an. Dann wirst Du feststellen, dasz das cis'' leise mitklingt (eine gute Stimmung vorausgesetzt). Wenn man jetzt mit Pedal A-e-a Arpeggien spielt, klingt natuerlich auch ganz, ganz leise dieses cis'' mit, d.h., man bekommt nach "ein paar Takten", den Eindruck, dasz es sich um einen Dur-Akkord handeln koennte. Setzt jetzt die Melodie mit c'' ein, wird diese Erwartungshaltung aber enttaeuscht, Das macht Chopins op.27,1 oder das erwaehnte Rachmaninov-Prelude so besonders.
Bei den Donnerschlaegen am Schlusz von Chopins op.28,12 (Kontra-D) klingt natuerlich auch ganz leise ein fis mit, d.h., spaetestens beim dritten Schlag stellt sich bei mir, wenn vor den Schlaegen das Pedal gewechselt wurde, ein Dur-Eindruck ein. Dies wollte Chopin durch seine Pedalvorschrift wahrscheinlich vermeiden. Wie gesagt, die Durterz klingt ganz, ganz leise auf Grund der Obertonreihe mit. Es handelt sich also um ein physikalisches Phaenomen, das voellig unabhaengig von der Frage eine absoluten Gehoers ist.
Nebenbei: Die Durparallele zu cis-moll ist eben einfach Cis-Dur, auch wenn das 7 Kreuze hat. Natuerlich koennte man das enharmonisch verwechselt mit Des-Dur notieren (5 b), aber in einem cis-moll Stueck, wird man nicht fuer einen halben Takt so einen Vorzeichenwechsel vornehmen wollen. Nur wenn es laengere Strecken Dur bleibt, wird man das vielleicht in Betracht ziehen, aber selbst dann koennte das schwer zu lesen sein. Schau Dir einmal Scarlattis wunderbare Fis-Dur Sonate K319 an. Da geht es wild durcheinander mit Kreuzen und b-Vorzeichen. Zum Lesen relativ anstrengend.
Viele Gruesze
Jannis