Allegro a-moll für Geige und Klavier - fertig mit Noten

  • Ersteller des Themas Pukino777
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Hallo Peter,
da ich selbst auch komponiere und Geige und Klavier spiele habe ich das Stück mal etwas genauer angehört und versuche nun konstruktive Kritik zu geben. Ich werde versuchen vom Konkreten aufs Allgemeine zu schließen. Vorab die Frage: Hast du Kompositionsunterricht?

1. Konkrete "Fehler"/Verbesserungsvorschläge:
ab Takt 1: Muss die Melodie im Klavier am Anfang wirklich in Oktaven liegen?
Takt 3: ungewohnte Melodielinie, außerdem kommt die Dominante zu früh. Durch eine Dominante entsteht immer der Eindruck einer Kadenz. Da es an dieser Stelle aber nicht als ein Abschluss gemeint ist, zumindest verstehe ich es nicht so, kommt die Dominante also zu früh. Mit Melodielinie meine ich h - gis - h. besser vllt h - a - gis. Dadurch hättest du einen Quartvorhalt, der evtl. etwas spannender wäre.
Takt 7/8: sehr ungewohntes Intervall (Septime nach unten), das die Melodie etwas unterbricht
Takt 15: Hier soll es jetzt wirklich eine Kadenz sein. Merkmale einer Kadenz: Sie steht am Schluss einer Periode, beendet die Periode also indem sie zur (neuen, in diesem Fall alten) Tonika (zurück)führt. Aufbau einer Kadenz: Subdominante (o. 2. Sechstakkord), evtl. Kadenziale (1. Quartsechstakkord), Dominante, Tonika. Meistens auch eine rhythmische Besonderheit, die auf die Kadenz hindeutet. Was bei dir fehlt ist die Subdominante und die rhythmische Besonderheit. Daher wirkt der Abschluss "komisch".
Takt 59 ff./71/94: Nach meinem Geschmack zu viel (Akkord-)Brechungen. Das klingt für mich gleich nach schlecht imitiertem Bach.
Takt 64: Nett (Parallel/Tutti kann auch spannend sein, aber nicht durchgehend)!
Takt 85: Schöner Übergang!
Takt 104 o.ä.: Vielleicht wäre auch mal eine Wendung nach E-Dur interessant? Nicht immer, aber einmal. E-Dur ist schließlich Terzverwandt mit Tonikaparallele C-Dur :)
Takt 109: Ungeschickte Harmoniefolge. Dadurch Quintparallele (zumindest indirekt in der Begleitung). Besser: E-Moll in Sechststellung? Sechstakkorde darf man aneinander reihen, wie es klingt ist die andere Frage...
bis 130: falsche Modulation, oder zumindest ungeschickt. Du hast zwar richtig erkannt, dass die Dominante der neuen Tonika (E-Moll) H-Dur ist, allerdings ist die Kadenz davor falsch (Subdominate A-Moll etc.). Auch der übermäßige C-Dur (T.127) erscheint mir sehr aus der Luft gegriffen.
Takt 136: schöne Imitation
Takt 167: überraschendes Ende, da "falsche" Kadenz (s.o.)

2. Allgemeine Kritik:
- Du denkst oft sehr vertikal, also nach Akkorden. Denke etwas mehr horizontal, d.h. mehr an Melodien (vgl. Anm. zu Melodielinie und Intervallen)
- Wenn du es bis jetzt noch nicht getan hast, dann bilde die über Kadenzen fort. Nicht nur theoretisch, sondern auch indem du es bei z.B. Bach'schen Inventionen analysierst und vor allem auch selbst Kadenzen schreibst! (vgl. Anm. zu Kadenzen)
- Darin inbegriffen ist auch eine kleine Bildung zu Perioden (1. Phrase, Mittelkadenz, 2. Phrase, Schlusskadenz o.ä.). Hierzu kannst du wunderbar Menuette von Haydn analysieren.
- Beim Arrangement, der Stimmführung und Begleitung kannst du noch einiges verbessern. Wo mache ich Oktavparallelen, wo lass ich sie lieber weg? Was spielt die Begleitung, wer begleitet hier überhaupt wen? usw. sind Fragen, die du dir stellen kannst. Bei dir finden sich sehr häufig Akkordbrechungen in der Begleitung wieder, nunja. Schau dir doch z.B. eine Sonate von Beethoven für Klavier und Violine an.
- Spielbarkeit/Virtuosität. Mit etwas Übertreibung könnte man behaupten, dass sich der Pianist zu Tode quält, der Violinist einschläft. Auch hierzu kannst du dir eine Beethoven Sonate anschauen, da quälen sich beide zu Tode ;)

allgemeines Feedback:
Dein Stück ist nicht schlecht, also bitte nicht denken "Oh, Gott, der macht mich nur fertig." Ich weiß auch aus eigener Erfahrung, dass man meistens nicht soo arg viel verbessert. Warum gebe ich dir dann überhaupt Tipps? Dafür, dass deine Stücke in Zukunft fehlerfreier sind :)
Auch ich finde die Melodie ganz nett. Das Stück hat keine markante Form, aber das erwarte ich als zuhörer auch gar nicht unbedingt.
Also: Daumen hoch und vor allem dranbleiben! :)

Gruß,
Clemens
 
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Danke Clemens

für deine ausführlichen Bemerkungen und Vorschläge. Ich habe mich schon seit längerer Zeit mit diesem Stück nicht beschäftigt, aber wie du auch richtig bemerkt hast, es ist nicht das Ziel, es im nachhinein zu verändern. (da hast du mich sehre positiv überrascht, du bist du die erste Person, die es so reif sieht, manche Leute denken, es muss immer was geändert werden, sonst wäre ihr Beitrag "umsonst" und wenn ich dann nichts ändere, dann fühlen sie sich ignoriert, was natürlich nicht der Fall ist). Auf der anderen Seite wäre es dann auch chaotisch, ständig ein Update des Stückes zu veröffentlichen, wenn es bereits in dieser Fassung gespielt wird :-)
Zu deiner Frage, Kompositionsunterricht habe ich nicht, hab allerdings einige Literatur, jedoch wenig Zeit (na ja das übliche, Beruf, Familie, Kind ....usw. wie auch jeder von uns :))

Peter
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
so reif? Naja, vielleicht liegt es einfach daran, dass ich nicht nur Kritiker bin, sondern auch selbst Komponist. Von daher kenn ich das.:)
Ich habe nun seit einem halben Jahr Kompositionsunterricht und mir macht das sehr viel Spaß und ich lerne sehr viel (Musikgeschichte/-theorie, aber auch ganz allgemeine philosophische Fragestelltungen...).
Musst du wissen. Wenn du noch etwas Zeit hast, ich kanns dir nur empfehlen :)
Gruß,
Clemens
 
Hallo Freunde,

die Links zum Stück habe ich aktualisiert,

LG
 

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