Ich aber wollte die ganze Zeit darauf hinaus, was man Schülern beibringt, die dabei sind, sich überhaupt erst die Grundlagen des Tonleiterspiels zu erarbeiten!
Denn darum ging es ja in diesem Thread zunächst: Florentine, eine Anfängerin, hat eine Frage gestellt, und ich habe sie zu beantworten versucht und dazu zusätzliche Gedanken geäußert.
Ich meine, wenn man am Anfang erstmal viel Wert auf Freiheit aller Bewegungsmöglichkeiten legt, so daß keinerlei Verkrampfungen oder "Sperrungen" entstehen, dann ist es doch später auch leichter, die in der Virtuosenliteratur vorkommenden Anforderungen zu meistern, wo dann speziellere, "straffere" / "eingeschränktere" Bewegungsbilder zum Einsatz kommen, wie Du, Rolf, sie schilderst.
hallo Hasenbein,
ich habe es schon mehrfach in diesem Faden mitgeteilt: wir tuten in vielem ins selbe Horn!
Gerade deswegen hat mich Dein etwas naßforscher Stil ein wenig irritiert und zu zwei etwas herben Antworten animiert - jetzt verzeihen wir uns gegenseitig und der Käs ist gegessen :) . Es freut mich sehr, wie Du in Deinem letzten Beitrag (aus dem ich oben zitiere) reagierst!!!
Ich meine:
für einen Anfänger/Einsteiger gibt es zwei anfängliche Fragen bei den Tonleitern:
a) welche Fingerfolge
b) wie mach ich´s am geschicktsten.
a) wird eigentlich erst dann interessant, wenn beide Hände gleichzeitig eine Tonleiter spielen - hier halte ich "Daumen gleichzeitig" (wie in H-Dur) für die einfachste und paktikabelste Variante. Irgendwann später wird man das auch versetzt tun müssen, denn nicht alle zweihändigen Skalen in Terz- oder Sextabstand ermöglichen das.
b) ist weitaus schwieriger zu erklären:
da gibt es natürlich die Rotationsschwünge des Unterarms. Wie ich schon geschrieben hatte, ist das erstaunliche hierbei, dass diese nach innen (zum Daumen hin) bei fast allen automatisch funktionieren (ist wie ungeduldiges Fingertrommeln auf dem Tisch), aber nach außen will´s nicht ebenso leicht funktionieren. Da wäre für diese Bewegungsform ein erster Ansatz zum lernen, nämlich alles vorwärts und rückwärts ausführen zu können.
danach aber wird´s prekär: denn dann muss man ja Schwungbewegungen von 1-2-3 und 1-2-3-4 Fingern aneinander hängen - da kommt dann eine weitere Bewegungsdimension hinzu: die gleichmäßige Armführung nach rechts oder nach links, je nachdem, ob man auf- oder abwärts spielt.
...und da häufen sich die Fehlerquellen... :) ... unerschöpflich ist die Kreativität, ungünstige bis hinderliche Bewegungen zu finden... da brauchen beide, Lehrer wie Schüler sehr sehr viel Geduld...
schön ist, wenn sich allmählich alle Bewegungsrichtungen und -impulse orientiert am gewünschten Klang einstellen - aber das kann dauern, bis es so weit ist.
Tonleitern etc. halte ich erst dann für sinnvoll machbar, wenn ein paar motorische Grundlagen schon geschaffen sind (ich zähle das nicht alles auf, stellvertretend nenne ich nur "kein nutzlos anstrengender Druck auf den Tastenboden")
Eine greuliche Unsitte fast aller Anfänger ist, entweder zum Daumenunter- oder Übersatz hin das Handgelenk zu verdrehen, oder eine ruckartige Bewegung zu machen - - um da Abhilfe zu schaffen, halte ich es für richtig, so früh wie möglich zur gleichmäßigen Armführung anzuleiten. Diese ist ja den impliziten Rotationsimpulsen etc. nicht im Weg.
Jede Starrheit gilt es zu vermeiden - alles sollte gelockert und geschmeidig in Bewegung sein: es sind ja sehr komplexe zusammengesetzte Bewegungen.
Radikal falsche Bewegungsweisen sollte man meiner Ansicht nach nicht tolerieren.
Was mir noch einfällt:
Es ist die "Profi-Perspektive", welche (freilich richtig!!) erklärt, dass der Klang der entscheidende Motor für das Bewegen ist - nichts anderes besagt ja das berühmte Bonmot von Franz Liszt:
die richtige Technik kommt aus der Musik
und da hat er absolut recht. Nur muss man einschränken: das geht erst bei denen, deren Wahrnehmung schon für diese Klangdifferenzierung geschult ist. Und das ist sie bei Anfängern noch nicht!
...da haben alle Lehrer sehr viel zu tun: Klangwahrnehmung, Klangempfindung und Bewegung müssen geschult, entwickelt und auf die richtigen Bahnen gelenkt werden - - - ich wünsche jedem, dafür Lehrer zu finden, die das mit Geduld aber auch mit Genauigkeit in lockerer Atmosphäre machen!!!
zu op.10 Nr.9 noch:
selbstredend brauchen die Figuren der linken Hand Rotationsschwünge, denn allein mit "Fingeraktivität" lässt sich das weder schön noch schnell spielen. Allerdings gibt es die Gefahr, dass man infolge einer zu starken Rotation mit den Außenfingern zu laut wird (zu viel Schwung). Ich zeige meinen Studenten, wie sie hier die Bewegung optimieren können, um leise genug bleiben zu können: die Rotation dreht sich nicht
über den mittleren Finger (4. oder 3. Finger), sondern wird verringert - das Handgelenk schwingt in einer Art flaches u (ist irgendwie schlecht zu beschreiben). Auf jeden Fall findet kaum eine auf und ab Bewegung des Handgelenks statt. Wesentlich ist ja auch im Unterschied zu op.28,24, dass der mittlere Ton der Begleitung keine liegende Stütze ist. Leise wird es, wenn der Arm relativ flach nach links und rechts schwingt und die Rotation möglichst minimiert wird.
Gruß, Rolf