Hallo devaysa,
als ich zum ersten Mal von diesem Phänomen hörte, war ich fasziniert und irgendwie steckt da ja auch was mysteriöses dahinter, da man nicht genau weiß, inwieweit genau Erbfaktoren oder Musikunterricht in jungen Jahren Voraussetzung dafür sind, ein absolutes Gehör zu entwicklen oder zu behalten. Und für mich stecken auch noch im Detail weitere Fragen dahinter, z. B. wie genau ein absolutes Gehör (a.G.) meistens ist, z. B. ob es eine Abweichung von 1 Hz erkennt oder erst größere Abweichungen, und ab es von Anfang an da ist oder sich entwickelt usw. Ein Kind kommt ja auch nicht mit der Kenntnis von Notennamen auf die Welt und muss ja irgendwann die Erinnerung an Tonhöhen und die Namen der dazu gehörigen Noten lernen.
...genau dieselben Fragen stelle ich mir auch und hätte ich die Möglichkeit, würde ich mir das inhaltlich gerne mal näher anschauen wollen. Gibt es denn dazu bereits Studien? Ich bin vor ein paar Jahren zum ersten Mal auf den Begriff gestoßen und konnte mir anfangs überhaupt nichts darunter vorstellen und das, obwohl ich in jungen Jahren viel musiziert habe. Ich finde nicht nur das Hören und Erkennen von Tonhöhen interessant, und wie sich das alles entwickelt, von Kindesbeinen an, sondern auch das "in Beziehung setzen derselben".
Generell finde ich es aber spannend, zu sehen, wie unterschiedlich wir Menschen Klänge und Töne wahrnehmen. Und auch wenn ich selbst musiziere, fasziniert mich das Thema, auch an den Orgeln und Cembali zB., die ja oft unterschiedlich und anders gestimmt sind. Anfangs muss man sich umstellen, aber letztendlich ist es immer auch eine Bereicherung, ein Stück "anders" zu erleben, weil andere Farben, Facetten und Zwischentöne zum tragen kommen. Ab und zu ist es auch "belastend", man muss sich umorientieren, sich anpassen, einen neuen Bezug zum Stück herstellen, auch und gerade emotional, weil sich ja mit der neuen Tonhöhe auch die "Farbe" des Liedes ändert, aber letztendlich empfinde ich es als Bereicherung, so viel unterschiedliches wahrzunehmen. Nicht nur das Hören, sondern auch auf das emotionale Empfinden bezogen.
In Medien wird es oft als eine besondere Gabe für einen Musiker beschrieben, wenn er ein absolutes Gehör - ich erinnere mich daran, als ich es über Glenn Gould hörte. Man könnte den Eindruck gewinnen, dass man selbst nur Musiker zweiter Klasse wäre, wenn man das a.G. nicht besitzt, aber das ist natürlich Quatsch. Am Ende frage ich mich immer noch, ob es eher ein Vorteil oder Nachteil ist.
Diese Erfahrung habe ich auch schon ab und zu gemacht, sogar mit Musikern, die im Profibereich arbeiten.... also das "Absoluthörer" automatisch im "musikalischen Ansehen" nach oben rutschen. Ich glaube, dass das eine mit dem anderen nichts zu tun hat und noch viele andere Faktoren eine Rolle spielen, wie "gut" jemand musiziert. Und auch DAS ist wiederum was subjektives, meiner Ansicht nach. Technische Aspekte (wie werden Koloraturen zB. am Cembalo gespielt) nicht, aber alles andere... was mit Gefühl, Spannung und Interpretation zu tun hat, hängt immer auch vom Empfänger ab.
Ich denke aber, dass ein absolutes Gehör (kein gutes, relatives Gehör, sondern ein wirklich absolutes) eher ein Nachteil, als ein Vorteil ist.
Das muss wohl sehr unangenehm für dich gewesen sein, als du das transponierte Stück aus dem Gotteslob singen musstest und so irritiert warst. Bist du wirklich sicher, dass du kein absolutes Gehör hast? Wenn du den Ton a so genau im Ohr hast, noch dazu in verschiedenen Nuancen, sehe ich da schon eine starke absolute Referenz, denn ein Relativhörer ist normalerweise nicht so stark auf eine Tonhöhe fixiert, dass er sich einer Transponierung um 1 oder 2 Halbtöne nicht anpassen könnte. Und für mich spricht auch die Tatsache dafür, dass du Tonleitern auf jedem Ton neu "aufbauen" musst, ähnlich wie Absoluthörer Melodien nicht erkennen, wenn sie transponiert wurden. Es könnte ja sein, dass du das Gehör noch nicht auf die Tonhöhen von anderen Tönen als a "geeicht" hast und dies noch dazu dadurch verhindert werden könnte, dass du immer vom a als Bezugspunkt denkst, statt 11 neue Bezugspunkte zu definieren. Aber du hast dich bestimmt schon intensiver damit beschäftigt und gleiche Überlegungen widerlegen können.
...ja, das war mir damals auch unangenehm, so im Nichts zu taumeln und keinen Bezugspunkt mehr zu haben. Wenn ich Stücke kann, dann kann man das Lied auch höher setzen und ich kann es singen. Nur sollte ich dann, wenn es sehr viel höher gesetzt wurde, zB. nicht mehr auf das Notenblatt schauen
Ähnliches ist mir auch mal bei einem Orgelstück passiert, dass ich aus Spass an der Freude auf einem Klavier geübt habe. Bei manchen Takten musste ich gucken, ob ich noch richtig spiele, weil ich bestimmte "Intervalle" nicht mehr widererkannt habe, bzw. sich das "Tongebilde" so "anders" angehört hat, als wäre ein "falscher Ton" dazwischen reingerutscht.
Mir ist zB. auch aufgefallen... wenn ich Stücke in C-Dur zB. auf unterschiedlich gestimmten Instrumenten spiele (zuerst Orgel, dann Cembalo, letzteres ist etwas höher) nehme ich den Unterschied weniger "heftig" wahr, als bei Stücken mit "vielen" Vorzeichen, zB. fmoll...
Ja, ich bin mir sicher, kein absolutes Gehör zu haben. Ich wurde vor ein paar Jahren in Gehörbildung auf das Thema angesprochen und machte daraufhin ein paar Tests. Die Ergebnisse waren eindeutig
Allerdings fällt mir schon auf, dass ich ab und zu dieselben Probleme habe, wie Absoluthörer. Erklären kann ich mir das nicht und um ehrlich zu sein bin ich auch froh, keines zu besitzen. Eine Bekannte von mir, die ein absolutes Gehör besitzt und im Profibereich musiziert, empfindet diese Art des Hörens als "Belastung" und würde gerne darauf verzichten. Vor allen Dingen wenn sie mit ihrem Orchester unterwegs ist und ein Werk heute so spielen muss und morgen dann wieder anders, weil es höher oder tiefer gesetzt wurde. Und nein: sie ist kein Autist und kann musikalische Läufe und Schwerpunkte ganz wunderbar erkennen