Keine Zeitverschwendung! Das Thema ist sehr interessant und den Buben lass ich gern die Trollerei.
Wollte schon noch antworten, auch wenn ich mich teils wiederholen werde. Musste aber vorher noch Brötchen backen.
Nun also:
@rolf: Eigentlich wird doch niemand daran gehindert, erstmal zu begreifen (im wörtlichen wie im übertragenen Sinn), womit er/sie sich befasst. Also klangliche, musikalische und motorische Strukturen erkennen. ...ok, wenn es da irgendwo hakt, dann steht das ganze Üben unter keinem günstigen Stern.
Das, was Du sagst, stimmt natürlich. Wenn man eine ungenaue Vorstellung hat und falsche Bewegungsmuster wiederholt einübt, kann das ja nicht zu einer Verbesserung der musikalischen Darstellung führen.
Ehrlich gesagt war das aber nicht Thema der Eingangsfrage.
(Sondern ist Thema des echten Klavierunterrichts an dem sich – wie wir beide oben erwähnten – unsere KLs ihren bescheidenen Wohlstand verdienen.)
Die Frage war doch, ob es ein „Zuviel“ an Wiederholungen gibt, ob es eine Zeitverschwendung ist, zu häufig oder auch zu wenig zu wiederholen. Für mich war auch noch die Frage wichtig: viele Wiederholungen in wenigen Tagen akkumulieren, also massiertes Üben (bedeutet, für die anderen Stücke bleibt wenig Zeit, da ja die Übezeit durch die Arbeit an nur einem Stück oder nur einem Problem aufgebraucht wird) oder eher verteilt üben (mehrere neue Stücke gleichzeitig mit überschaubarer aber doch nicht zu geringer Wiederholungszahl, alle gleichzeitig voranbringen, alle Stücke parallel sich entwickeln lassen). Es gibt dazu übrigens ein interessantes Kapitel im Buch "Die Kunst des Musizierens" von Renate Klöppel.
Mein etwas vertrackter Beitrag hatte diesbezüglich die wesentlichen Schlussfolgerungen, auch wenn ich mich jetzt wiederhole:
- Die richtigen musikalischen Gedanken finden, die richtigen („lösenden“) Bewegungen finden (ohne das geht’s nicht, siehe Abschnitt zum Kunsthandwerk, ist aber hier nicht Thema).
- Eine feste Wiederholungszahl gibt es nicht, je nach Problem und Schwierigkeitsgrad unterscheiden sich diese Zahlen erheblich (sorry, @violetta); aber bei mir gibt es für ein Problem pro Tag eine gewisse Sättigung; also ich kann eine musikalisch sinnvolle Einheit zwar häufig aber nicht endlos konzentriert wiederholen. Das von Herrn Mantel beschriebene Rotationsprinzip hilft mir, die Konzentration auf bestimmte Punkte zu lenken, wenn ein Erfassen der Stelle in ihrer Gesamtheit noch nicht gelingt (weil ganz neu, schwierig, polyphon etc.).
- Ich (betone: nur meine bisherige Erfahrung) wiederhole zu Beginn mäßig viel, weil mein Hirn irgendwie eine Zeitspanne (Tage) braucht, um den Stoff zu kapieren (zähe Masse da oben), daher würden endlose Reihen nix bringen. Lieber teile ich die Zeit auf und übe viel Zeugs parallel (Vielfraß). Bin dabei aber manchmal nur mäßig erfolgreich, was sicherlich an Fehlern bei 1. liegt, schon klar. Komme mit dieser Methode recht schnell auf ca. 30 % bis 50 % der Umsetzung.
- Brauche dann für die nächsten 30 % übermäßig viele Wiederholungen und zwar in wenigen Tagen (massiertes Üben). Dann ist das Ränzchen voll. Waren die (hier nicht zu besprechenden) Punkte aus 1. gut, gibt es nach einigen Tagen einen Sprung nach oben. Wenn nicht, heißt es: zurück auf los! (Ich warne übrigens meinen Lehrer per E-mail schon vor solchen Stunden: „Lieber Lehrer! Machen wir bitte morgen Zurückauflos-Unterricht! Danke.“)
... danach noch alles getan werden, um das mäßig gute Spielniveau zu verbessern
Na, es wird Punkt 1 so weit es geht verfeinert und weiter intensiv wiederholt, also Punkt 2 bis 4. Unsere Frage war, wie, wie viel, wann, wiederholt man, um Punkt 1 gut umzusetzen, in der Annahme, die Inhalte von Punkt 1 seien passend.
Komme übrigens bei schwereren Stücken nicht über 80 % Umsetzungsqualität. Um auf 90 % zu kommen, muss ich die Stücke als für mich „bequem“ empfinden. Auf 100 % komme ich nie. Aber das ist für Laien ganz normal.
Ein Gerüstbauer stellt nicht viele Details auf eine Baustelle.
Ein weitblickender Gerüstbauer baut ansehnliche Elemente, die sich nachher mühelos zu einem schönen Ganzen verknüpfen lassen.
… wäre der Idealfall. Zahlreiche Umwege läuft man wohl, sonst wär’s ja einfach. Dann täten ja wir alle so gut spielen wie "die Großen", nur durch das brave Umsetzen der auf Clavio dargebotenen Beschreibungen. Klappt nur in der Praxis ned so ganz.
@DK: Es ist zu empfehlen, dass man im Prozess des Übens das klangliche Ziel mitverfolgt.
Darf ich hinzufügen: … gleich vom ersten Moment an.
"die richtige Technik kommt aus der Musik"
Danke.