Vermutlich fangen wir jetzt erst einmal mit Schuberts Fantasie in F Moll an.
Man kann selten eindeutig sagen, irgendetwas ist das größte Werk von irgendetwas oder irgendwer ist der größte Komponist in irgendeinem Bereich. Aber ich lehne mich jetzt mal weit aus dem Fenster und sage, das ist das größte Meisterwerk für vier Hände. So wie Bach DER größte Orgelkomponist ist, ist dieses Werk DAS größte Werk für Klavier zu vier Händen; vielleicht gibt es noch Konkurrenz, wenn man so Sachen wie Beethovens Große Fuge oder vielleicht auch Strawinskys Sacre mitrechnet, mehr Qualität geht aber auf jeden Fall nicht.
Ich hoffe, Caroline von Esterhazy wusste zu schätzen, was Schubert ihr da komponiert hat und hat gut genug gespielt.
Ich übe das Stück derzeit mit einer Freundin, die in Japan bereits ein Musikstudium absolviert hat und gerade versucht, ins Konzertfach Klavier reinzukommen - ergo deutlich besser ist als ich. Sie spielt Primo, ich Secundo.
Erstmal scheint das Stück technisch eher harmlos. Die erste Hürde ist dann aber, dass man sich nicht so sehr in die Quere kommt. Man muss gut aufeinander abgestimmt sein, sonst verknotet man gegenseitig die Finger. Dadurch, dass man dem anderen Platz lassen muss, muss man teils mit ungewohnter Technik spielen, was dann beim Secundo beispielsweise die erstmal sehr harmlos wirkenden Terzen in Scherzo oder die Triolenläufe im Finale schwer erscheinen lässt als im ersten Moment.
Der nächste Punkt ist, dass man wie oft bei Schubert noch mehr technische Sicherheit benötigt, um den Klang angemessen kontrollieren zu können. Das Stück reagiert überaus sensibel auf einzelne Töne, die nicht zeitlich exakt in der Zeit oder unontrolliert in der Dynamik sind. Bei Schubert sind Technik und Musikalität oft besonders schlecht trennbar.
Wenn man das alles bewältigt hat, hat man aber noch immer nicht die musikalische Komplexität erfasst. Das Stück ist ja ein bisschen mit der Wandererfantasie oder Liszts h-Moll-Sonate vergleichbar wie eine Sonate mit vier durchlaufenden Sätzen mit Fugato statt Rondo am Ende angelegt, allerdings als Duett von zwei (nicht ganz gleichberechtigten) Partnern und ohne nennenswerte Virtuosität.
Man muss gleiche Motive durch Unmengen von Klangfarben und Nuancen führen, wir sind noch weit davon entfernt, das einigermaßen angemessen zu machen.