Wann lasst ihr Euer Klavier/Euren Flügel stimmen?

Jein, also ja, auch. Aber vor allem geht es mir darum, was für den Flügel am besten ist.
Gleichmäßiges Raumklima.
Ich stelle mir das so vor: Wenn der sich im tiefsten Winter verstimmt, dann verzieht sich anscheinend irgendetwas im Holz.
Es trocknet aus und zieht sich zusammen.
Wenn man ihn dann stimmen würde, dann würde man ihn sozusagen zusätzlich quälen, weil er eigentlich eher ein Sommertyp ist. Und im Sommer würde es dann noch schlimmer werden, weil er ja stimmtechnisch auf den Winter festgenagelt wurde.
WENN man nur ein Mal im Jahr stimmt, dann sucht man sich einen Zeitpunkt in der Mitte. Nicht extrem feucht, nicht extrem trocken. Wenn man mehrmals stimmt, ist das nicht so kritisch.

Das möchte ich gerne vermeiden. Ich möchte, dass sich der Flügel so wohl wie möglich fühlt.
Mehrere kleine Stimmungen sind ihm lieber als wenige große.

O.k., dann zwei Handtücher pro Tag? Und mit dem Hygrometer kontrollieren.
Wieviel nötig ist, sagt dir dann das Hygrometer. Das hängt davon ab, wo du lebst, wie du wohnst (wie du lüftest, ob du eine separate Waschküche hast, Material der Wände...), Wetter, etc.
 
Meine Erfahrung: die Kunden, die sich bzw. mir diese Frage stellen sind meist genau die, die ihr Instrument regelmäßig stimmen lassen. Und zwar regelmäßig alle 5 Jahre. Das geht dann so: ach, bald ist ja die Heizperiode zu Ende, ich warte noch. Danach: ach, jetzt kommt der Sommer mit Hitze und evtl. Feuchte, da warte ich lieber noch. Und dann: ach, im Herbst macht das ja auch keinen Sinn. Kommt ja bald wieder die Heizperiode. Und so zieht Jahr um Jahr ins Land und nach 5 Jahren wird dann der Stimmer gerufen. Wie alle 5 Jahre.
Das tut mir natürlich sehr leid für Deine Kunden, und natürlich auch für Dich, da Du dann ja weniger oft zum Stimmen gerufen wirst. Bist Du Dir sicher, dass da nicht möglicherweise zwischendurch ein anderer Klavierbauer zum Stimmen kommt und die Kunden einfach nur taktvoll Dir gegenüber sein wollen?
 
Ja genau. Am liebsten wäre mir eine Stimmung pro Woche. Das wäre dann ideal.

Konzerthäuser lassen vor jedem Auftritt stimmen.

Konzertstimmer ist ein lockerer Job, viel ist da nicht zu tun.

Bisserl nachstimmen, nachintonieren, nachregulieren - halberte Stund und man ist fertig mit der Arbeit.

Die minimalen Ausreißer die da vorhanden sind, die merkt der Zuhörer überhaupt nicht.

Interessanterweise verdient man bei der sogenannten Konzertstimmung wesentlich mehr als bei einer normalen Klavierstimmung, obwohl hier wesentlich weniger Arbeit vorhanden ist.

Im privaten Bereich macht auch so gut wie jeder Klavierstimmer ne Konzertstimmung - also eine private Stimmung ist auch nicht anders als die Stimmung im Konzertsaal.

Dauert halt bloß länger, da Klaviere im privaten Haushalten doch wesentlich seltener gestimmt werden.
 
Das tut mir natürlich sehr leid für Deine Kunden, und natürlich auch für Dich,
Ich stelle mir gerade vor, jeder meiner Kunden würde halbjährlich bei mir stimmen lassen - dann bräucht ich n 48 Stunden Tag.

Und @Tastenscherge hat ja auch noch ne Werkstatt und n Laden!

Allein schon die Zeit für ne Werkstatt, hätt ich gar nicht alleine.

Als ich selbst noch ne Werkstatt betrieb, brauchte ich immer n Mitarbeiter da ich selbst beständig zum stimmen unterwegs war.

Werkstattarbeiten hab ich dann meist in der Nacht oder an Wochenenden und Feiertagen gemacht - geht als Familienvater natürlich nicht mehr.
 
Nein, ich habe keine Werkstatt. Nur einen Laden mit einer Hobelbank, worauf ich die Mechaniken lege, die ich bearbeite. Großartig Reparaturen mache ich gar nicht mehr. Ich bearbeite ausschließlich die Klaviere, die ich selber verkaufe. Der Laden hat nur 3 Tage auf, die anderen 3 Tage bin ich im Außendienst.

Ob meine Kunden in den letzten 5 Jahren einen anderen Stimmer hatten, weiß ich natürlich nicht, ich verlasse mich da auf deren Aussagen. Und tatsächlich bin ich bei so einigen Kunden seit über 30 Jahren und tatsächlich dort nur alle 5 Jahre. Da hat sich schon ein gewisses Vertrauensverhältnis gebildet so dass ich davon ausgehe, dass die Kunden aus Taktgefühl keinen Unsinn erzählen. Unsinn erzählen sie jedoch regelmäßig, wenn es darum geht, wann denn die letzte Stimmung war. Ganz grundsätzlich und pauschal kann man sagen: Zeitangaben von Kunden immer mal zwei nehmen. Wenn der Kunde also sagt: "das waren doch Sie selber, vor 5 Jahren" und ich schaue in meine Datenbank, dann steht da, dass es 10 Jahre her ist. Immer! Das fällt wohl unter die Kategorie: mensch, wie die Zeit vergeht.

Aber erfahrungsgemäß ist vielen Kunden eine Stimmung gar nicht so wichtig. Viele hören es einfach nicht oder haben sich daran gewöhnt. Und wenn ich zurück denke an die Zeit, als ich noch kein Klavierbauer war, ging mir das doch genau so. Aber jedes Mal, wenn der Klavierstimmer dann bei uns war, dachte ich: wow, ein völlig anderes Instrument.
 

Nicht umsonst steht in gefühlt 3/4 aller Kleinanzeigen-Verkäufe "müsste mal gestimmt werden" 😃 (wobei das natürlich auch oft beerbte Neupianobesitzer schreiben, die keine Ahnung haben und deren Erbstück fast auseinanderfällt, aber davon abgesehen übernehmen die oft jahrelang nicht gestimmte und gewartete Klaviere und Flügel)
 
Man/frau darf da nicht zu streng sein. Das Leben ist oft geschäftig wie anstrengend und das Klavier nimmt zumeist nur einen Platz am Rande desselben ein.

Unser neues YUS5 ist jetzt nach zwei Monaten vielleicht auch mal reif für die erste Stimmung. Schließlich hat dies auch direkt mit der Zufriedenheit und der zu treffenden Kaufentscheidung zu tun. Sagt meine Frau selber. Sie müsste es hören, spielt ja auch etwas Geige und singt als Solistin, ich sag mal "auf gut fortgeschrittenem Hobbyniveau". Trotzdem schafft sie es offenbar einfach nicht, beim Vermieter anzurufen und um einen Klavierstimmer-Besuch zu bitten.

(Nachdem es sich um ihr Klavier handelt werde ich mich hüten, mich mehr als nötig einzubringen — das kann Ärger geben.)

Ich fürchte, dass die guten Leute auch nicht spontan aufkreuzen werden und es daher vor dem Stichtag kaum mehr dazu kommen wird.

Das ist alles ganz furchtbar — aber so ist das Leben!

C’est la vie!​

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Zuletzt bearbeitet:
Klavierstimmen ist ja auch eine stark saisonal schwankende Angelegenheit. Im Winter verstimmen sich Klaviere wegen Trockenheit, außerdem sind die Leute mehr zu Hause statt im Biergarten und zu Weihnachten wird sowieso mehr musiziert. Im Sommer dagegen ist deutlich weniger los. Aber mit solchen Schwankungen haben ja auch andere Branchen zu kämpfen.


Winter.jpg
 
Klavierstimmen ist ja auch eine stark saisonal schwankende Angelegenheit.

Hab ich jetzt nicht so den Eindruck.

Gut, in der Urlaubszeit ist natürlich etwas weniger los, aber man will ja auch selbst mal Urlaub haben.

Vielleicht ist es auch regional unterschiedlich, in Oberbayern jedenfalls ist so gut wie das ganze Jahr was los.

PS: in der Sahara könnt der Eisverkauf das ganze Jahr über Umsatz bringen, am Nordpol vielleicht weniger :-D
 
Mein Stimmer und einige andere in Wien haben immer in den Ferien den größten Stress, weil Uni und Musikschulen dann durchgestimmt werden.
 

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