Seit wann gibt es eigentlich Pianinos und Flügel mit drei Pedalen?
In geringer Menge gab es Klaviere und insbesondere Flügel mit drei oder gar bis zu sieben (!!!) Pedalen schon vor 1800. Das waren die alten Dinger mit Sonderfunktionen wie Pergamentrascheln, oder Klingel-Läuten, die Fagott-Züge und "Janitscharen"-Musik. Womit man eben abends so Fürstens in den Boudoirs unterhalten konnte ... ...
Wenn es um die konkrete Funktion des mittleren Pedals heutiger Flügel als Sostenuto, Halten der gerade gedrückten Töne - bei Nicht-Beeinflussung folgender Töne... geht, ist es die Erfindung von Boisselot, Marseille, aus den 1840er Jahren - Lieferant von Franz Liszts Lieblingsflügel, auf dem die meisten seiner Kompositionen der Weimarer Zeit entstanden..
Die Boisselot'sche Urversion des Sostenuto aber wurde nochmal im Detail nachgebessert. Der junge Albert Steinway kümmerte sich in den Anfangsjahren der 1870er darum - und ließ es sich 1874/75 in New York für die USA patentieren.
Die großen Flügel (C und D) bekamen es - mit Ausnahme der Lieferungen für Frankreich und Deutschland, da dorten wohl befürchtet worden war, dass Boisselot oder seine Händler justitiär Terror würden machen können, hingegen die nach Großbritannien gelieferten Flügel (wie meiner von 1877) hatten es durchaus. Und seit Anfang an die A- und B-Flügel ab 1878.
Daher findet man gelegentlich auch Konzertflügel von Steinway aus jenen interessantesten Jahren mit nur zwei Pedalen... Interessanterweise wieder hat der Flügel, den William Steinway 1876 an Richard Wagner nach Bayreuth verschenkte, (heute) das dritte Pedal - ich möchte mal mit aller gebotenen Vorsicht jedoch bezweifeln, dass der Flügel das mittlere Pedal von Anfang an hatte. ... Könnte sein, dass bei einer Gelegenheit nachgerüstet wurde.
Nach und nach verloren die europäischen Klavierfabrikanten die Scheu vor Patentumgehungen und -verletzungen - und bauten das Sostenuto in ihre Flügel ein.
Den alten Strategen Theo Steinweg hatte das Gehassele um Patente und die Allüren von Brüderchen William zum Markenschutz eh kaum interessiert. Er wusste, dass die Steinway-Technik zu großen Teilen auf Abkupfere all dessen, was auch schon woanders gut war, basierte - und er war mit zwei Dritteln der Klavierbauerwelt des letzten Drittels des 19. Jahrhunderts dicke befreundet. Eventuelle Streitereien erledigte Theo wohl gerne beim "Einarmigen Reißen in der Halbliterklasse" in der Klause des Klosters Riddagshausen, Umkehrpunkt der munteren Wanderungen mit den "Ehrlichen Kleidersellern zu Braunschweig", ein Honoratiorenverein hauptsächlich damals zur Gründung eines feinen Stadtmuseums, das dann auch Theos riesige Instrumentensammlung nahm.... Der Theo hatte eben seinen eigenen Kopp, da konnte Brüderchen William ihm noch und nöcher geflüstert haben, dass die Partner in BS etc. alle nix taugten, er war trotzdem gut Freund mit dem Sohn seines verstorbenen Partners und mit vielen anderen. Dass sie ihn beklauten, hatte ihn genauso wenig gejuckt, wie sein Wissen um das, was die New Yorker Bande bei anderen geklaut hatte - wo er doch bis 1865 alle guten Infos in Europa absaugte und nach New York briefte und kabelte... , also er selber die fröhlich verräucherte Quelle vielen schlauen Geklaues war. (Eine unglaublich interessante Figur macht da der komplette Dolge-Kreis in den USA, und insbesondere der Meister Friedrich Matuschek, der wohl noch einiges mehr erfunden hat als Onkel Theo., Matuschek war an offiziöser Anerkennerei noch weniger interessiert als Theo Steinweg, der wollte wirklich nur spielen, herumerfinden, und alles, was gut war, ließ er sich oft gar nicht patentieren, weil er die Kohle zum Patent-Anmelden mal wieder gar nicht hatte, und weil es ihn echt nicht die Bohne interessierte, weil sein unglaublich kreativer Kopf schon beim nächsten Projekt dran war, oder beim über-über-nächsten, um es dann mit Theo und Alfred Dolge zu disputieren...
Bei Steinway ist das Sos m.W. in allen Flügel ab 19xx drin. (Jetzt wollte ich das in der "Genealogie der Steinway-Flügel" festnageln, meine mich auch zu erinnern, dieses Detail wann wie wo gelesen zu haben, aber es ist in dem Wikingerartikel gar nicht drinne... Um das nun auszugraben, muss ich wohl wieder so siebzehn der Bücher lesen ...
Also, die A-, B-, C- und D-Flügel ab 1875-1878 haben es alle, und die kleenen Dinger (O ab 1900, M ab 1915, S ab 1935 etc., "miniature design" von Henry Ziegler) bekamen es alle dann irgendwann in den 1950ern - WIMNRE.
Heute gibt es teils auch ein viertes Pedal, sei es ein zusätzliches Halbgang-Pedal wie bei Klavieren und bei nunmehr Fazioli, dessen Flügel teils nicht nur Verschiebung können, sondern auch die Hämmer schon mal den halben Weg hin zu den Saiten..., und dann gibt es noch das Feurich-Pedal Hamonique irgendwas. Weiß der Kuckuck, was das kann und macht.
Google is our friend, behaupten sie - und was Google nicht kennt, existiert ja bekanntermaßen gar nicht, hm? Sagt einer, der nicht weniges erst in Google wiederfindet, seit er es einst selber mal in die Wikipedia schob ...