Die Polyrhythmik 3:4 (Achteltriolen : Sechzehntel) kannte Beethoven sehr genau: In etlichen Beethoven- Stücken gibt es bereits die Polyrhythmik 3:4, neben der Frühlingssonate zum Beispiel auch in op. 2 Nr. 1 im zweiten langsamen Satz usw.
@Frédéric Chopin op.2 Nr.1 - alsogleich die erste Sonate von Beethoven (wenn wir Jugendsachen weglassen) - ist ein sehr schönes, weil sehr frühes (!) Beispiel!
(op.2 Nr.1 langsamer Satz) da finden sich 3 zu 2 (zweiter Takt) , 4 zu 3 (dritter Takt) und auch punktierte 16tel + 32stel zur 16tel-Triole (dito dritter Takt, also rhythmisch quasi dasselbe, wie in op.27,2)
Auch die beliebte, also sehr bekannte Sonate op.13 "pathetique" enthält 4 zu 3 im langsamen Satz:
(op.13 langsamer Satz)
Es kann also keine Rede davon sein, dass Beethoven zur Zeit von op.27,2 noch nicht mit 4 zu 3 klargekommen sei und dergleichen erst später (WoO 80, op.49, op.106 siehe #27) verwendet habe - damit ist dieser denkbare Einwand vom Tisch.
=> weder in schnellen noch in langsamen Sätzen waren Beethoven die Konfliktrhythmen 3 zu 2 und 4 zu 3 unbekannt oder Neuland.
Das Manuskript von op.27,2 ist leider nicht komplett erhalten - dennoch gibt es keinerlei Auskunft darüber, dass Beethoven ausgerechnet hier (nach op.2,1 und op.13) das 16tel nach dem punktierten Achtel
gleichzeitig mit dem dritten Triolenachtel haben wollte. Das Manuskript demonstriert das genaue Gegenteil, nämlich dass Beethoven zwischen "normalen" Vierteln, Achteln, Sechszehnteln und "triolischen" Vierteln und Achteln sehr wohl unterscheidet:
dasselbe im Erstdruck:
oh - was sehen wir da hübsches? ein triolisches Achtel plus ein triolisches Viertel, danach ein punktiertes Viertel (punktiert weil triolisch) - - aha, der Ludwig wusste also sehr wohl zu unterscheiden zwischen triolischen und "normalen" Notenwerten, und schrieb das entsprechend korrekt auf!
...würde man bescheuerterweise (sic!) das Manuskript
rein grafisch (wie es halt mit Feder und Tinte aufgemalt ist) auffassen und Notenwerte dabei ignorieren, dann müsste man konsequenterweise gelegentlich das 16tel des (Trauer)Marschrhythmus sogar vor dem dritten Triolenachtel spielen:
uiuiui...was hat der Ludwig denn da krasses gemalt? (ups... wo müsste man, grafisch-schlaubergerisch orientiert, die Bässe anschlagen?...)
Spaß beiseite: im Manuskript zählen natürlich die exakt von Beethoven notierten Notenwerte. Diese finden sich auch in den Erstdrucken. Irgendwelche Eigenheiten in den Manuskripten anderer (gar späterer) Komponisten sagen nichts über Beethoven. Folglich kommt das 16tel nach dem dritten Triolenachtel.