Ernsthaftes Erraten von Klavierwerken

Gesucht wird ein Werk des späten 20. Jahrhunderts. Der Komponist verarbeitete darin Skizzen zu einer Sinfonie aus der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts, orchestrierte diese und ergänzte die Lücken mit eigener, zeitgenössischer Musik. Das Resultat ist wirklich bezaubernd - das Werk es gehört inzwischen zu den meistgespielten Stücken des Komponisten; mehrere CD-Einspielungen zeugen davon.

Für Pianisten ist das gesuchte Werk deshalb von Bedeutung, weil es in den "modernen" Abschnitten einen sehr interessanten Celesta-Part gibt.

Wer hinterließ die Skizzen, und wer machte daraus ein neues Werk?
 
Das müsste es sein:



Ja oder ja?,

fragt Rheinkultur


Ja! Berio vermied eine bloße Rekonstruktion von Schuberts 10. Sinfonie und schuf stattdessen ein neues Werk, das Schubert "nur" zitiert - allerdings in sehr umfangreichen Zitaten. Das ist für mich viel überzeugender als alle Versuche, Schuberts letzte Sinfonie irgendwie stilgetreu zu ergänzen und zu instrumentieren. Es lohnt sich wirklich, das mal komplett anzuhören. Auf YT gibt es mehrere Aufnahmen.

Gruß, Mick

PS: Rheinkultur ist dran!
 
Ja! Berio vermied eine bloße Rekonstruktion von Schuberts 10. Sinfonie und schuf stattdessen ein neues Werk, das Schubert "nur" zitiert - allerdings in sehr umfangreichen Zitaten. Das ist für mich viel überzeugender als alle Versuche, Schuberts letzte Sinfonie irgendwie stilgetreu zu ergänzen und zu instrumentieren. Es lohnt sich wirklich, das mal komplett anzuhören. Auf YT gibt es mehrere Aufnahmen.

Gruß, Mick

PS: Rheinkultur ist dran!
Der Vorgabe eine eigene Richtung geben und einen ganz anders gearteten Ensembleklang mit einem Instrumentarium einzustreuen, das es so zur Schubert-Zeit nicht gab - das ist tatsächlich ein sehr interessanter Ansatz. Mit Schubert haben sich ja viele Komponisten des 20. Jahrhunderts sehr individuell auseinandergesetzt, wie Stücke von Schnebel, Zender und anderen beweisen. Die hier vorgestellten Variationen sind wohl das populärste, vielleicht sogar meistgespielte Werk dieses Komponisten:



Darum geht es auch im folgenden Rätsel. Diese Variationen liegen als vollendetes Opus vor - jemand anderes hat ebenfalls Schubert variiert und dieses Stück nicht fertiggestellt. Diesen "Jemand" mit großem Namen suche ich - dazu wüsste ich gerne, wer die Fertigstellung der unfertigen Schubert-Variationen dann viele Jahre später übernommen hat...!

Bin jetzt erst mal zur Chorprobe weg und freue mich auf die Schließung dieser Bildungslücke in den nächsten Stunden. Bis dann!

LG von Rheinkultur
 
Schumann hat mal Variationen über den berühmten As.Dur-Walzer von Schubert begonnen, aber nie vollendet. Teile davon hat er aber für seinen "Carnaval" benutzt. Ich wüsste allerdings nicht, dass jemand Schumanns Variationen fertiggestellt hat. Brahms käme für sowas tendenziell in Frage, aber ???

Gruß, Mick
 
Schumann hat mal Variationen über den berühmten As.Dur-Walzer von Schubert begonnen, aber nie vollendet. Teile davon hat er aber für seinen "Carnaval" benutzt. Ich wüsste allerdings nicht, dass jemand Schumanns Variationen fertiggestellt hat. Brahms käme für sowas tendenziell in Frage, aber ???

Gruß, Mick
Noch näher dran sein kann man eigentlich nicht mehr. Die in Rede stehenden Variationen hat tatsächlich inzwischen jemand vollendet - und diesen "Jemand" kann man recht einfach ausfindig machen. Die beteiligten Personen haben sich nie persönlich kennengelernt...!

LG von Rheinkultur
 
Noch näher dran sein kann man eigentlich nicht mehr.
Das Thema trägt einen überaus populären Titel, zu dem es eine vom Komponisten verabscheute Alternativ-Bezeichnung gibt. Es ist von verschiedenen Komponisten nicht nur des 19. Jahrhunderts aufgegriffen und variiert worden, sogar als Operettenmelodie... - alles klar?

Mick weiß mit Sicherheit schon längst die Antwort und hat seinem beachtlichen Wissen wohl schon die nächste Rätselfrage abgerungen...?!;);););)
 
Für den As-Dur-Walzer kenne ich die Beinamen "Trauerwalzer" oder auch "Sehnsuchtswalzer". Wenn man Sehnsuchtswalzer und Schumann bei Google eintippt, kommt als erstes Ergebnis das hier:

Oehmsclassics: Schuch, Herbert - Sehnsuchtswalzer - Schumann / Schubert / Weber / Czerny

Der Pianist Herbert Schuch (den habe ich sogar schon öfter gehört, er ist aus Oberbayern und wirklich sehr gut!) spielt hier eine Fassung, die von Andreas Boyde herausgegeben wurde. Aber ob diese Fassung jetzt gemeint ist?

Fragt sich Mick.
 
Mick weiß mit Sicherheit schon längst die Antwort und hat seinem beachtlichen Wissen wohl schon die nächste Rätselfrage abgerungen...?!
Es ist so, wie es ist: Andreas Boydes Edition von Schumanns eigentlich unvollendeten Sehnsuchtswalzer-Variationen war gemeint. Schuberts Unmut über die Alternativ-Bezeichnung "Trauerwalzer" ist überliefert - offensichtlich trauert es sich in Molltonarten etwas glaubhafter... .

Übrigens war die Verarbeitung dieser Vorlage nicht nur als Klavierwerk möglich, wie das frühe Stück des Vaters von Richard Strauss beweist:



Auch in Bertés "Dreimäderlhaus" ist diese Melodie mit sentimentaler Textunterlegung wieder zu hören (ab 1:39):



Wenn mick möchte, lesen wir von ihm die nächste Rätselfrage.

LG von Rheinkultur
 
Auf ein Neues!

Gesucht wird diesmal ein "exotisches" Klavierstück: inspiriert dazu wurde der Komponist durch rituelle Indianertänze. Das gesuchte Klavierstück ist Teil eines zyklischen Werkes; die Musik hat der Komponist später noch einmal "recycelt" und für die Ballettszene einer Oper verwendet.

Wer ist der Komponist, wie heißt das Stück?
 
Das liegt in meinem Bereich. Rameau! Irgendetwas aus Les Indes Galantes. Viel aus Rameaus Werk ist ja aus recycelt, die Zeitgenossen haben sich beschwert, daß er ständig neue Opern aus alten Cembalosuiten gemacht hätte.

Jetzt mal raten welches. Vielleicht Les Sauvages?
 

Bravo, Pappnase, alles richtig!

Zu Rameaus Zeiten wurden immer wieder Indianer aus den amerikanischen Kolonien nach Frankreich gebracht und den Franzosen als exotische Attraktion vorgeführt. "Les Sauvages" (auf deutsch "Die Wilden") wurde offenbar von einer indianischen Tanzdarbietung inspiriert - auch wenn die Musik nicht indianisch, sondern sehr französisch klingt. "Les Sauvages" aus der Suite in G wurde im vierten Akt der Ballettoper "Les Indes Galantes" recycelt.

Hier ist eine tolle Interpretation durch meinen Lieblingspianisten Grigory Sokolov:



Pappnase darf nun weitermachen.

Gruß, Mick
 
Ich würde mich ja gerne wieder ratend einbringen hier im Thema, aber Ihr seid einfach zu gut. Aber danke Eurer interessanten Fragen lerne ich immer wieder etwas hinzu.

Vergeblich habe ich versucht meine Frage mithilfe von Google zu beantworten. In Googleplex ist aus der Suchmaschine im wahrsten Sinne des Wortes eine solche gemacht worden, denn man sucht sich - nach deren Verschlimmbesserungen - dumm und dämlich. Und dann noch lästige Pop-Ups bei YouTube und anderen Google-Diensten wenn man einen anderer Browser als Chrome benutzt. Aber leider hat Chrome einige Funktionen die besser sind als bei Firefox und Safari.

Grigory Sokolov ist hinter András Schiff mein Favorit in der Gunst der pianistischen Klangvirtuosen. Aber mit den von Trillern gespickten Stücken, die Sokolov spielt, kenne ich mich leider noch nicht so gut aus. Ich habe ihn zweimal auf der Bühne erlebt (und habe nächstes Jahr im April zum dritten Mal die Freude ihn zu erleben) und mir ist aufgefallen, dass er viele Stücke spielt, die unzählige Triller enthalten. Sind die Triller eine Besonderheit des Barock bzw. sind diese Stücke mit vielen Trillern wiederum sein pianistisches „Fachgebiet“? Denn diese Stücke hat er vorwiegend bei den Zugaben gespielt (es waren beim ersten Konzert sechs und beim zweiten sieben!).
 
Ich würde mich ja gerne wieder ratend einbringen hier im Thema, aber Ihr seid einfach zu gut. Aber danke Eurer interessanten Fragen lerne ich immer wieder etwas hinzu.

Vergeblich habe ich versucht meine Frage mithilfe von Google zu beantworten. In Googleplex ist aus der Suchmaschine im wahrsten Sinne des Wortes eine solche gemacht worden, denn man sucht sich - nach deren Verschlimmbesserungen - dumm und dämlich. Und dann noch lästige Pop-Ups bei YouTube und anderen Google-Diensten wenn man einen anderer Browser als Chrome benutzt. Aber leider hat Chrome einige Funktionen die besser sind als bei Firefox und Safari.

Grigory Sokolov ist hinter András Schiff mein Favorit in der Gunst der pianistischen Klangvirtuosen. Aber mit den von Trillern gespickten Stücken, die Sokolov spielt, kenne ich mich leider noch nicht so gut aus. Ich habe ihn zweimal auf der Bühne erlebt (und habe nächstes Jahr im April zum dritten Mal die Freude ihn zu erleben) und mir ist aufgefallen, dass er viele Stücke spielt, die unzählige Triller enthalten. Sind die Triller eine Besonderheit des Barock bzw. sind diese Stücke mit vielen Trillern wiederum sein pianistisches „Fachgebiet“? Denn diese Stücke hat er vorwiegend bei den Zugaben gespielt (es waren beim ersten Konzert sechs und beim zweiten sieben!).

Sokolov ist einer der wenigen Pianisten, die die Franzosen Couperin und Rameau überhaupt im Repertoire haben. Meist wird diese Musik nur auf dem Cembalo gespielt. Die Verzierungen, die Sokolov bei dieser Musik spielt, gehören zum Stil, sind aber bei ihm in der Tat eine Sensation!

Am 29. März spielt Sokolov in München (3. Sonate von Chopin, mehr steht noch nicht fest) - ich habe schon eine Karte! :p:p:p

Gruß, Mick
 
Vergeblich habe ich versucht meine Frage mithilfe von Google zu beantworten. In Googleplex ist aus der Suchmaschine im wahrsten Sinne des Wortes eine solche gemacht worden, denn man sucht sich - nach deren Verschlimmbesserungen - dumm und dämlich.
Das Problem ist leider ein ganz fundamentales: Wenn man nicht möglichst exakte Stichworte beim Nachforschen eingibt, bekommt man so ziemlich alles Mögliche und Unmögliche geliefert - aber meistens gerade nicht das, was man eigentlich gesucht hat. Idealerweise gibt man die korrekten Fachbegriffe ein, bevor man weiß, was diese bedeuten... - und so ist auch die These entstanden, der Computer erleichtere dem Menschen die Arbeit, die er ohne ihn nicht hätte.

Nun ja, diese Aussagen helfen Dir in der Sache nicht weiter. Wenn Du aber mit Begriffen wie "musikalische Ornamentik", "Verzierungslehre des Spätbarock" oder ähnlichen auf die Suche gehst, erhältst Du etwas aussagekräftigere Ergebnisse. Im Laufe der Jahrhunderte sind die Notationsformen nämlich immer weiter verfeinert und präzisiert worden, während in vorklassischen Zeiten der Notentext dem Interpreten allerlei Freiheiten lässt, aber eben auch die Beherrschung bestimmter Spiel- und Verzierungspraktiken voraussetzt. Der gerade erwähnte Rameau-Link ist beispielsweise gut geeignet, den stilkonformen Umgang kundiger Interpreten mit einem relativ überschaubaren Notentext ein wenig näher zu betrachten. Dann wird sehr schnell deutlich, dass kürzere oder längere Trillerfiguren ein wichtiges Element in der Spielpraxis sind.

LG von Rheinkultur
 
Lieber Mick,

danke für Deine Rückmeldung.

Triller hatten in meinen Ohren bis zum Konzert von Sokolov immer etwas unangenehm geklungen, weil sie oft „geknallt“ bzw. irgendwie dumpf geklungen haben. Aber so „sprezzatura“, wie er sie spielt, ist es wirklich beeindruckend. Die Triller perlen förmlich aus seinen Fingern.

Bei seinem Konzert am 7. April in Köln ist bisher auch nur bekannt, dass er Chopins Sonate op. 58 spielen wird. Ich lasse mich überraschen, denn egal was er spielen wird, es wird ein Genuss werden.

LG,
Marlene
 
Ich habe ja schon in Türks Klavierschule nachgelesen aber da steht viel mehr drin als ich derzeit wissen möchte, aber nicht das was ich eigentlich wissen will (oder ich habe Tomaten auf den Augen).

Danke, Rheinkultur, für die Tipps. Was da an Suchergebnissen gekommen ist muss ich mir mal in Ruhe ansehen.

Aber immerhin habe ich jetzt festgestellt, dass die Suchmaschine wieder auf den vorherigen Stand verbessert wurde. Denn wenn man vor einigen Wochen „Daniel Gottlob Türk“ eingegeben hat (mit Anführungszeichen!!!), dann kamen alle möglichen Seiten über diverse Männer mit dem Namen Daniel, über Türken und Kriege und getürkte Ware, und im wahrsten Sinne des Wortes über Gott und die Welt. Aber jetzt haben die Anführungszeichen wieder den vorgesehenen Sinn: Daniel Gottlob Türk kommt tatsächlich als Suchergebnis. So soll es ja auch sein!
 
Ja die Triller. Die sind Geschmackssache. Mich stören sie nicht, weil ich mein inneres musikalisches Zentrum eher im Barock habe und das halt zum Stil dazugehört, aber ich habe Musikerfreunde, die darauf so allergisch reagieren wie ich auf die ewiggleichen Vorhalte und Doppelschläge bei Mozart und Zeitgenossen.

Sokolov spielt die Sauvages sehr schön, finde ich, und macht ein paar sehr geschmackvolle Verzierungen dazu. Trotzdem mag ich das Lied auf dem Cembalo lieber, wie z.B. hier von William Christie. Ich habe keine Aufnahme ohne 4' gefunden, das fände ich noch besser.


Die allgemein akzeptierte Theorie ist, daß die vielen Triller quasi als Tonverlängerung wegen des relativ kurzen Tons des Cembalos in die Musik gekommen sind. Das klingt plausibel, und bei Stücken wie etwa BWV 861 (Praeludium g-moll aus dem ersten Teil) leuchtet es auch ein. Für die Virginalisten und die französische Musik kann ich das nicht glauben. Diese Musik wimmelt von Prallern, Schleifern und Mordenten, die nicht wirklich den Ton verlängern. Ich glaube, die Kameraden fanden das einfach schön so.

Jetzt stehe ich vor dem Problem, mit meinem bescheidenen passiven Repertoire ein neues Rätsel zu stellen. Kommt gleich!

OK, ich möchte den Spieß einmal umdrehen. Ein seinerzeit überaus bekannter Komponist hat sich verschiedentlich in der Kunst des Gassenschlenderns hervorgetan, das war damals so üblich. Eines seiner Werke in diesem Geiste ist besonders berühmt, es ist - wie es in seinem Land so Sitte war - nicht als ABCDEF..., verbunden durch ein Thema aufgebaut, sondern ABACADAE...., immer rundherum sozusagen.

Dieses Stück benutzt nicht nur das übliche Repertoire Praller, Schleifer, Mordente, sondern auch eine später nicht mehr und anderswo sowieso nicht gebrauchte Form harmonischer Würze durch temporäre Dissonanzen, besonders im Teil H, und der ist es auch, der mir besonders am Herzen liegt.

Das Stück verwendet regelmäßig alle zwölf Töne, obwohl die beiden Vorzeichen das erst einmal nicht ahnen lassen. Es entstammt einer Sammlung, die aus mir absolut nicht nachvollziehbaren Gründen dem obersten Steuereinzieher der Stadt gewidmet ist. Wer macht denn so was!

So. Welches Stück ich meine, könnte klar sein. Ich habe es aber noch nie auf dem Klavier gespielt gehört, möglicherweise deshalb, weil die Verzierungen auf demselben nicht klingen. Daher die Frage diesmal nicht nur nach Komponist und Werk, sondern auch nach einer Klavier-Einspielung.

Wer kann mir weiterhelfen?
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
Ich habe übrigens aus der selben Sammlung schon einmal eins raten lassen.

Und die temporären Dissonanzen heißen coulé und sehen so aus:

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Im Baßschlüssel wird im Arpeggio zwischen d und fis ein e eingeflochten.
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
Danke, Papp, für Deine Erläuterungen.
 

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