WoO 59 "Für Elise" - d oder e?

  • Ersteller des Themas mberghoefer
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Ich hab gerade mal nachgeschaut, im Notenheft von Yamaha ( 50 Classical Musik Masterpieces) steht da ein e
 
Das ist ja das Erschreckende...
 
Deshalb spiele ich nur aus Urtextausgaben. Ich hatte vor Ewigkeiten auch schon mal versehentlich einen Bach mit Schwencke-Takt geübt. Das ist mir seitdem nicht mehr passiert.
 
Für mich kommt da nur e in Frage. Ein d wäre Wink mit dem Zaunpfahl, und das ist Beethoven und nicht Yiruma.
Leuten meiner Generation fallen da die Midi-Chlorianer ein, aber ich habe keinen Zweifel, daß es angemessenere Metaphern gibt.
 
Natürlich MUSS das ein "d" sein wie in der wohlbekannten Handskizze und allen Stellen außer der ersten im Nohl. Ein "e" passt dort zum Abschluss der Phrase überhaupt nicht hin...

Ein ziemlich abenteuerliche These. Gerade in seinen Bagatellen hat Beethoven sehr unkonventionelle Schlüsse komponiert - darunter auch einige, in denen er auf die Septime verzichtet. Sogar Satzschlüsse ohne jede bekräftigende V-I-Kadenz gibt es ab seiner mittleren Schaffensperiode in allen Gattungen zuhauf.

Ich habe mich mit der Quellenlage dieses Stücks nicht näher beschäftigt, es interessiert mich nicht besonders. Aber selbstverständlich wäre hier auch e statt d möglich; und für vollkommen unwahrscheinlich halte ich das nicht. Ein d verursacht zumindest mal eine falsche Stimmführung. Möglicherweise war Beethoven das egal, aber bei offensichtlich unklarer Quellenlage das d zu einem großgeschrieben "MUSS" zu erklären, ist weder wissenschaftlich noch musikalisch haltbar.
 
Die Quellenlage (Entwürfe etc.) spricht eindeutig für d. Und das wird in den seriösen Urtext-Ausgaben auch so wiedergegeben. Man kann natürlich auch „alternative Fakten“ schaffen, sei es, indem man irgendeine fragwürdige Wald-und-Wiesen-Ausgabe als Beleg anführt, sei es, daß man zornig mit dem Fuß aufstampft und lauthals verkündet „ Ich will e!“ Mir scheint, daß hier Einige sich Donald Trump zum Vorbild nehmen.

cb
 
Die Quellenlage (Entwürfe etc.) spricht eindeutig für d.
Diese Eindeutigkeit bezweifle ich. Es gibt eine erhaltene Skizze, in der Beethoven d notiert hat. Aber es ist eben nur eine Skizze. Die endgültige Fassung Beethovens ist verschollen. Wer kann denn mit Sicherheit sagen, dass Beethoven die fehlende Auflösung der Dissonanz später nicht doch gestört hat und er das d zu e geändert hat? Der Herausgeber der Bagatelle - Ludwig Nohl - behauptet, das Autograph gesehen zu haben. Und er ließ e statt d drucken. Mag sein, dass das ein Versehen oder gar eine absichtliche "Verbesserung" war - aber sicher ist das keineswegs.
 
Deshalb spiele ich nur aus Urtextausgaben.
Bei diffuser Quellenlage kannst du dir 3 verschiedene Urtextausgaben kaufen und wirst dann 3 verschiedene Lesarten eines Stücks haben. Und selbst bei klarer Quellenlage sind Urtextausgaben nicht per definitionem frei von Fehlern.

Eine Urtextausgabe entbindet leider nicht von eigenem Nachdenken und ggf. Nachforschen...
 

Diese Eindeutigkeit bezweifle ich. Es gibt eine erhaltene Skizze, in der Beethoven d notiert hat. Aber es ist eben nur eine Skizze. Die endgültige Fassung Beethovens ist verschollen. Wer kann denn mit Sicherheit sagen, dass Beethoven die fehlende Auflösung der Dissonanz später nicht doch gestört hat und er das d zu e geändert hat? Der Herausgeber der Bagatelle - Ludwig Nohl - behauptet, das Autograph gesehen zu haben. Und er ließ e statt d drucken. Mag sein, dass das ein Versehen oder gar eine absichtliche "Verbesserung" war - aber sicher ist das keineswegs.
Nun ja, Nohl druckt ein einziges Mal e und die übrigen Stellen immer d. Beethoven selbst schreibt in seiner Skizze d. Kann man natürlich alles hinterfragen. Ich empfehle ein wenig Musiktheorie und dann ist es zumindest für mich glasklar und die Stimmführung über E7 eindeutig. Aber das Schöne an Musik ist, dass jeder es interpretieren kann wie er möchte. Es soll ja auch Leute geben, die "poco moto" mit "presto" übersetzen und einen 100m Lauf draus machen...
 
@mrusk, Musiktheorie muss du Mick sicher nicht empfehlen .... davon hat er mehr als genug studiert. Dein MUSS Geschrei bei diesem Stück ist deplatziert.
 
Ich vermute, Beethoven selbst hat die Kadenzstellen variabel gehalten und jedes Mal unterschiedlich gespielt. Wenn Tradition die Weitergabe des Feuers ist und nicht die Anbetung der Asche, ist es nicht zielführend, so viel Energie in die Festfügung dieses Detail zu stecken.
 
Das alles erinnert Mich an den erheiternden hochgelehrten theologischen Disput ( ich glaube es war im Namen der Rose) , ob Jesus einen Geldbeutel besessen hat. :lol::lol:
 
Ich empfehle ein wenig Musiktheorie und dann ist es zumindest für mich glasklar und die Stimmführung über E7 eindeutig.
Das werde ich mir auf jeden Fall zu Herzen nehmen. Und vielleicht hilfst du mir ja ein wenig dabei, meine verständnislosen Fragen zu beantworten:
  • In welchem Musiktheorie-Lehrbuch kann ich die Regel finden, dass V-I-Verbindungen nur gültig sind, wenn die V mit einer kleinen Septime angereichert wird?
  • Wo wird nochmal erklärt, dass nach einem D7 die Sept-Spannung (in der klassisch-romantischen Epoche) unaufgelöst bleiben darf? Unaufgelöst in dem Sinne, dass die Auflösung nicht mal in einer anderen Stimme erfolgt (was ja gelegentlich vorkommt), sondern ganz ausbleibt, indem die nachfolgende Tonika ohne Terz erscheint?
  • Was genau ist eine "Stimmführung über E7"? Nach meinem laienhaften Verständnis bedeutet Stimmführung nichts anderes, als die einzelnen Stimmen im harmonischen Kontext melodisch sinnvoll zu führen. Der harmonische Kontext ist dabei die Konstante und die Führung der Stimmen die Variable. Es wäre toll, wenn du mich da ein wenig erhellen könntest.
BTW: Ich habe an keiner Stelle behauptet, dass d hier zwingend falsch wäre. Aber dass ein e hier unmöglich ist, stimmt eben nicht. Es ist unwahrscheinlich, dass sich diese Frage letztgültig beantworten lässt, deshalb muss der Interpret am Ende eine individuelle Entscheidung treffen. Unabhängig von jeder Rechthaberei kann die so oder so ausfallen; es gibt Argumente für und wider beide Varianten.
 
Die gibt es, Ausnahmen bestätigen jede Regel in beide Richtungen und jeder kann (und muss) es auf Basis der Quellenlage letztlich selbst entscheiden. Hat Spaß gemacht darüber mal zu disputieren, denke ist jetzt gut, oder? ;-)
 

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