Wie spielt ihr euch ein?

Einspielen? Das gerade wichtigste Stück wird als erstes kalt gespielt. Wenn nötig, eben langsamer. Das reicht. Alles andere muss einen Zweck verfolgen. Aufwärmen kann man sich anders, der Kopf muss bereit sein, sonst wird das nix.
 
Interessant finde ich, dass die meisten hier sich prinzipiell gar nicht einspielen. Das hätte ich wirklich nicht gedacht.

Eigentlich erstaunlich, denn die maximale physiologische Leistungsfähigkeit wird ja durch Aufwärmübungen sanft herbeigeführt.

Da ich im Denken sicher bis ans Ende meiner Tage den Prinzipien der Sportlehre verhaftet bleiben werde, habe ich mich lange Zeit genötigt, irgendwas Aufwärmerisches zu machen. Muss man doch irgendwie. Irgendwann habe ich es eingeschränkt, vernachlässigt, unterlassen. ;-)
Mir ist nicht aufgefallen, dass der Spielapparat durchs "Aufwärmen" anders (im Sinne von besser) funktioniert oder durchs Weglassen Schaden genommen hätte. :denken: Also ist es offenbar egal, also kann man es auch weglassen und ersetzen durch aufmerksame Arbeit am Stück.

Hypothese: Man macht ja dauernd etwas mit den Händen. Die sind sozusagen durch die bloße Alltagsbewältigung aufgewärmt. Jetzt z. B. durchs Tippen auf der Tastatur.
Der Bewegungsapparat der unteren Extremitäten wird beim Sprinten (als Beispiel) ungleich schärfer belastet, nicht zuletzt wegen der enormen physikalischen Kräfte, die auf ihn einwirken.



der Kopf muss bereit sein, sonst wird das nix

So trivial das jetzt klingt: Ich habe ein kleines "Ritual" etabliert (= Primitivbehaviouristik). Anschließend will ich un-be-dingt an die Tasten. :026:
 
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Finger/Hand/Arm/Schulter Gymnastik trocken, sowie warm/kalte Wechselhandbäder, Knetungen, Reibungen usw....

Alfred Cortot und eine seiner Schülerinnen haben dazu auch passende Aufwärmvorschläge gemacht. Irgendwo habe ich da Material, vielleicht find ich's und stell es Mal als PDF ein.
 
In Cortots "Grundbegriffen der Klaviertechnik" gibt es ein Kapitel "Klaviergymnastik", welches nach seinen Empfehlungen täglich 15 min vor dem eigentlichen Üben durchgeführt werden soll. Obwohl die Bewegungen langsam sind, fühlt man sich ein bisschen mit den Tasten verwachsen, also eingespielt - ein Ritual meiner Meinung, um den Kopp "bereit" zu machen.
 
...kein Pavarotti und keine Callas ließen je das einsingen aus...
 
Mir ist nicht aufgefallen, dass der Spielapparat durchs "Aufwärmen" anders (im Sinne von besser) funktioniert oder durchs Weglassen Schaden genommen hätte. :denken: Also ist es offenbar egal, also kann man es auch weglassen und ersetzen durch aufmerksame Arbeit am Stück.

Hypothese: Man macht ja dauernd etwas mit den Händen. Die sind sozusagen durch die bloße Alltagsbewältigung aufgewärmt. Jetzt z. B. durchs Tippen auf der Tastatur.
Der Bewegungsapparat der unteren Extremitäten wird beim Sprinten (als Beispiel) ungleich schärfer belastet, nicht zuletzt wegen der enormen physikalischen Kräfte, die auf ihn einwirken.
Das Problem dürfte eher das Gehirn sein. Das muss nämlich beim Klavierspiel, zumindest wenn man auf sehr hohem Niveau spielt, etwas völlig anderes leisten, als bei alltäglichen Bewegungen der Hände.

Da müssen ständig und in rascher Folge wechselnde automatisierte Bewegungsgruppen zum exakt richtigen Zeitpunkt abgerufen werden. Dazu braucht es zum einen hohe Aufmerksamkeit, die vielleicht ganz am Anfang des Übens noch nicht da ist, zum anderen muss dieser ganze Prozeß auch "wie geschmiert" laufen.

Das ist im Grunde wie das Laden eines großen Programms im Computer, oder wie der Wechsel auf ein anderes Betriebssystem für das Hirn.

Deswegen braucht es eine gewisse (kurze) Zeitspanne, bis man bereit ist für's Klavierspiel.

Ob die Muskeln z.B. im Unterarm auch erst "Betriebstemperatur", sprich einen guten Durchblutungsstand etc. erreichen müssen, darüber bin ich mir unschlüssig, da Klavierspiel für die Muskeln ja keine Schwerstarbeit oder Höchstleistung darstellt.

Das sind meine Arbeitshypothesen bzw. Selbstbeobachtungen dazu.
 
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p.s. und wenn ich gedanklich abgelenkt bin, und mich gerade irgendetwas beschäftigt, dann dauert es auch etwas länger, bis es am Instrument dann läuft.
 

Jein. Zwar ist das Einsingen Teil des Übens, und je nachdem, wie man es macht, schult es auch die Gesangstechnik bzw. geht fließend ineinander über, aber ich sehe es eher als notwendige Voraussetzung für das Üben denn als Üben an sich.

Das Aufwärmen fürs Orgelspielen beginnt bei mir schon auf dem Weg: wenn ich mit dem Rad fahre, wirkt sich das positiv aufs Pedalspiel aus, da die unteren Extremitäten schon etwas zu tun hatten. Ansonsten hilft Strecken und Dehnen und anfangs spiele ich gerne ein paar lockere Choräle. Der Rest passiert im Kopf.
 
aber ich sehe es eher als notwendige Voraussetzung für das Üben denn als Üben an sich.
@Dorforganistin was kann man (im Fall geöffneter Fenster) an der Seite/Rückseite jedes Opernhauses (Künstlergarderobe etc) vor der Aufführung hören? ...seltsame, auf alle Vokale gesungene Fünftonfolgen und zerlegte Akkorde auf und ab, jeweils einen Halbton höher... Potztausend, da wird doch gleich die Meier die Isolde singen, ja hat die sowas nötig? Übt die gerade?? Übt die womöglich gerade auf den letzten Drücker, weil sie´s noch nicht kann??? (oh Himmel, das c-d-e-f-g-f-e-d-c hört sich aber gar nicht nach "mild und leise" an...)
;-)
 

Lieber @rolf, selbstverständlich kann dem Einsingen auch der Auftritt folgen - in meinem Beitrag habe ich das nicht explizit erwähnt, weil die Frage ja war, ob Einsingen = Üben sei.
Wenn ich einen Auftritt habe, folgt dem Einsingen keine weitere Übephase. Wenn ich allerdings zuhause bin und übe, dann geht das Einsingen mehr oder weniger nahtlos ins Üben über.
 
Auch Blechbläser spielen sich in der Regel ein - mit Quint-Oktav-Folgen, also Obertönen.
 
@Dorforganistin sagen wir so: ohne einsingen funktioniert richtiges singen nicht, egal ob geübt oder geprobt oder aufgeführt werden soll (für den nebensächlichen Klavierbegleiter ist das immer der langweiligste Teil: man wartet halt)

bzgl Klavierspielen: ad hoc, ohne warmspielen, legt keiner konzertreif einen Brecher hin... alle proben vor dem Auftritt, auch die Horowitze und Rubinsteins - dass die ihre Sachen nicht können, kann man nun nicht gerade behaupten (der Satz, was man nicht sofort unvorbereitet spielen kann, das kann man noch nicht wirklich, erscheint da wenig realistisch)
 
@Dorforganistin sagen wir so: ohne einsingen funktioniert richtiges singen nicht, egal ob geübt oder geprobt oder aufgeführt werden soll (für den nebensächlichen Klavierbegleiter ist das immer der langweiligste Teil: man wartet halt)

Hm, ich lasse meine Begleiter eigentlich nicht auf mich warten. Wenn die Probe um 15 Uhr startet, bin ich um 15 Uhr eingesungen und nicht erst um 15:30 Uhr. Aber das ist ein anderes Thema und muss in diesem Faden nicht vertieft werden.
 
Am Anfang meiner Übesession spiele ich fast immer ein Stück durch. Kalt wenn man so will.

Diese Strategie finde ich sehr gut, denn man sieht gleich wo es hakt oder eben nicht.
Die Stellen bei denen es "kalt" hakt aber "warm" besser läuft werden dann auch geübt sind eine zusätzliche Schwachstelle.
 
Beim alltäglichen Üben: nicht gerade mit den schwierigsten Passagen im Originaltempo anfangen, auf alle Fälle langsam bis sehr langsam, etwa 1-5 Min lang. Eher um nach einem langen Arbeitstag den Kopf freizukriegen.
 
Ob die Muskeln z.B. im Unterarm auch erst "Betriebstemperatur", sprich einen guten Durchblutungsstand etc. erreichen müssen, darüber bin ich mir unschlüssig, da Klavierspiel für die Muskeln ja keine Schwerstarbeit oder Höchstleistung darstellt.

Das sind meine Arbeitshypothesen bzw. Selbstbeobachtungen dazu.

Ich stimme dir zu, mentale Vorbereitung ist wichtig. Selbst bei einem Anfänger wie mir. Komme ich abgehetzt von der Arbeit zum Klavierunterricht, ist mei Spiel in der Regel Mist. Ich bin vom Hirn noch nicht 100%ig da. Als Anfänger kann ich nicht einmal mit Technik etwas ausgleichen...

Sofern es nicht ein eiskalter Winter ist und der Klavierspieler von Draußen kommt, glaube ich nicht, dass er seine Muskulatur erwärmen muss. Ab einem bestimmten Alter müssen aber die Fingergelenke erst in Gang gebracht werden. Jeder Mensch entwickelt irgendwann zumindest eine leichte Arthrose. Meine Klavierlehrerin hat mir empfohlen, wenn keine Zeit zum Einspielen ist, einfache Klopfübungen mit den Fingern auf den Oberschenkeln zu machen.
 
p.s. und wenn ich gedanklich abgelenkt bin, und mich gerade irgendetwas beschäftigt, dann dauert es auch etwas länger, bis es am Instrument dann läuft.

Coming out meinerseits: Dann lass ich es lieber ganz bleiben. :007:

ohne warmspielen, legt keiner konzertreif einen Brecher hin

Als Anfänger bekomme ich gar keinen Brecher hin und konzertreif schon gar nicht. :005:



Erzähl doch mal bitte. :001: Wie spielt sich denn jemand ein, der Brecher konzertreif vortragen will/muss?
(nicht die mentale Vorbereitung, sondern die rein physische)
 
Damit nicht alles am Thema vorbeigeht: aufgrund der vielen Vertretungsdienste und Tätigkeiten an ständig wechselnden Instrumenten dient die Anspielzeit vorrangig der Aufgabe, schnellstmöglich mit dem fremden Instrument vertraut zu werden. Nicht immer bietet das zur Verfügung stehende Instrument gute Bedingungen für das Spiel vor Publikum. Ein darüber hinaus gehendes "Einspielen" gibt es aber nicht.

Genauso mache ich es. Kurz mal bei Orgeln möglichstwas Pedalintensives anspielen um das Pedal einschätzen zu können. Und jedes Stück/ jeden Choral mal kurz anspielen um die Registrierung zu checken. Das benötigt für gewöhnlich maximal 15 Minuten - danach habe ich meist noch 15 Minuten für letzte Abstimmungen mit dem Pfarrer. Kurz vor und während des Geläuts finde ich mich dann in Ruhe auf der Orgelbank ein und hänge meinen "meditativen" Ritualen nach.
 

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