pianovirus
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Am einfachsten wäre es, wenn Du mal eine Beispielstelle postest. Generell verteilt man so auf die Hände, wie es am besten passt, unabhängig davon, auf welchem System etwas geschrieben steht. Im Gegensatz zu den "galanten" Suiten hat Bach z.B. die Kunst der Fuge noch gemäß der alten Tradition als Partitur notiert (berühmtes Beispiel etwa auch Frescobaldis Fiori musicali), d.h. mit einer Stimme pro System. Dort ist es noch eindeutiger, dass die Notation auf einem bestimmten System keine Festlegung bedeutet, mit welcher Hand etwas gespielt werden soll.
Natürlich ist es gut, wenn Du Dich hinsichtlich Artikulation, Ornamentik usw. mit historischer Praxis beschäftigst, aber vergiss nicht, dass Du auf einem völlig anderen Instrument spielst, dessen Funktionsweise, Klangcharakteristik und Spieltechnik grundsätzlich vom Cembalo (und, wenngleich, weniger extrem, auch vom Fortepiano, wie es zu Bachs späten Zeiten aufkam, unterscheidet). Also, übertreib's nicht in dieser Hinsicht. Wenn Du möglichst authentisch spielen willst, dann spiele die Suiten auf dem Cembalo (oder Clavichord) – das kann ich nur empfehlen!
@chiarina, natürlich kann man prinzipiell alles auf der Orgel spielen — und, wenn man möchte, die Bassstimme ins Pedal nehmen oder manchmal dorthin verdoppeln.
Viele Werke Bachs wirken gut auf verschiedenen Instrumenten und besonders manche polyphonen manualiter Werke vielleicht auf der Orgel sogar noch besser als auf anderen Tasteninstrumenten (z.B. die Stile antico – Fuge E-Dur aus WTK II).
Die Suiten sind aber wie wenige andere Werke Bachs für das Spiel auf einem Saiteninstrument (Cembalo oder ggf. Clavichord) gedacht. Stefan schrieb schon, dass dies allein schon die Textur der Werke nahelegt — abgesehen davon, dass sich zu Bachs Zeiten niemand einfach so in der Kirche an die Orgel gesetzt hätte, um dort ein bisschen galante weltliche Tanzmusik zu spielen.
Aber die Handschriften und Drucke sind in dieser Hinsicht sogar ganz explizit: Bach schrieb sie in seiner Zeit in Köthen, wo er im Dienst des Calvinisten Prinz Leopold hauptsächlich weltliche Musik schrieb. Die franz. Suite h-Moll ist in Bachs eigener Handschrift im Notenbüchlein für Anna Magdalena Bach als "Suite pour le Clavessin" bezeichnet, womit anders als mit dem allgemeinen "Clavier" ein Kielflügel, also ein Cembalo, gemeint ist:
Quelle:
http://ks4.imslp.net/files/imglnks/...MLP06107-Partitur_D-B_Mus._ms._Bach_P_224.pdf
Eine weitere Suite, die "Franz. Ouvertüre" ist im Autograph ebenfalls betitelt mit "Suite pour le Clavessin à 2 clav."
http://ks.imslp.net/files/imglnks/u...ture_pour_le_Clavecin_a_2_Clav_-BWV_831a-.pdf
Im Erstdruck entsprechend:
Zweyter Theil der / Clavier Ubung / bestehend in / einem Concerto nach Italiaenischen Gusto / und / einer Overture nach Französischer Art / vor ein / Clavicymbel mit zweyen / Manualen.
Die Widmung der Partiten: "Clavir-Übung / bestehend in / Præludien, Allemanden, Couranten, Sarabanden, Giguen, / Menuetten, und anderen Galanterien ; / Denen Liebhabern zur Gemüths Ergoetzung verfertiget"
Die Suiten Bachs stehen ja außerdem in einer langen Traditionsreihe, von der schon Mattheson schrieb: »Clavier-Lauten- und Violdigamben-Sachen«, »Die ›Allemanda‹ [ geht … ] vor der Courante, so wie diese vor der Sarabanda und Giqve her, welche Folge der Melodien man mit einem Nahmen ›Suite‹ nennet« (Der vollkommene Capellmeister, 1739):
Zusammengefasst: Unter aller Musik von Bach für Tasteninstrumente sind die Suiten sicher diejenigen, welche am wenigsten für eine Darbietung auf der Orgel geeignet sind.
Bach wäre nicht Bach, wenn er nicht die Herausforderung gesehen hätte, diese Tanzrhythmen im sakralen Kontext einzusetzen, wie etwa im wunderbaren Schlussatz der Kantate "Nun danket alle Gott" BWV 192 – "Lob, Ehr und Preis sei Gott, dem Vater und dem Sohne".
Natürlich ist es gut, wenn Du Dich hinsichtlich Artikulation, Ornamentik usw. mit historischer Praxis beschäftigst, aber vergiss nicht, dass Du auf einem völlig anderen Instrument spielst, dessen Funktionsweise, Klangcharakteristik und Spieltechnik grundsätzlich vom Cembalo (und, wenngleich, weniger extrem, auch vom Fortepiano, wie es zu Bachs späten Zeiten aufkam, unterscheidet). Also, übertreib's nicht in dieser Hinsicht. Wenn Du möglichst authentisch spielen willst, dann spiele die Suiten auf dem Cembalo (oder Clavichord) – das kann ich nur empfehlen!
@chiarina, natürlich kann man prinzipiell alles auf der Orgel spielen — und, wenn man möchte, die Bassstimme ins Pedal nehmen oder manchmal dorthin verdoppeln.
Viele Werke Bachs wirken gut auf verschiedenen Instrumenten und besonders manche polyphonen manualiter Werke vielleicht auf der Orgel sogar noch besser als auf anderen Tasteninstrumenten (z.B. die Stile antico – Fuge E-Dur aus WTK II).
Die Suiten sind aber wie wenige andere Werke Bachs für das Spiel auf einem Saiteninstrument (Cembalo oder ggf. Clavichord) gedacht. Stefan schrieb schon, dass dies allein schon die Textur der Werke nahelegt — abgesehen davon, dass sich zu Bachs Zeiten niemand einfach so in der Kirche an die Orgel gesetzt hätte, um dort ein bisschen galante weltliche Tanzmusik zu spielen.
Aber die Handschriften und Drucke sind in dieser Hinsicht sogar ganz explizit: Bach schrieb sie in seiner Zeit in Köthen, wo er im Dienst des Calvinisten Prinz Leopold hauptsächlich weltliche Musik schrieb. Die franz. Suite h-Moll ist in Bachs eigener Handschrift im Notenbüchlein für Anna Magdalena Bach als "Suite pour le Clavessin" bezeichnet, womit anders als mit dem allgemeinen "Clavier" ein Kielflügel, also ein Cembalo, gemeint ist:
Quelle:
http://ks4.imslp.net/files/imglnks/...MLP06107-Partitur_D-B_Mus._ms._Bach_P_224.pdf
Eine weitere Suite, die "Franz. Ouvertüre" ist im Autograph ebenfalls betitelt mit "Suite pour le Clavessin à 2 clav."
http://ks.imslp.net/files/imglnks/u...ture_pour_le_Clavecin_a_2_Clav_-BWV_831a-.pdf
Im Erstdruck entsprechend:
Zweyter Theil der / Clavier Ubung / bestehend in / einem Concerto nach Italiaenischen Gusto / und / einer Overture nach Französischer Art / vor ein / Clavicymbel mit zweyen / Manualen.
Die Widmung der Partiten: "Clavir-Übung / bestehend in / Præludien, Allemanden, Couranten, Sarabanden, Giguen, / Menuetten, und anderen Galanterien ; / Denen Liebhabern zur Gemüths Ergoetzung verfertiget"
Die Suiten Bachs stehen ja außerdem in einer langen Traditionsreihe, von der schon Mattheson schrieb: »Clavier-Lauten- und Violdigamben-Sachen«, »Die ›Allemanda‹ [ geht … ] vor der Courante, so wie diese vor der Sarabanda und Giqve her, welche Folge der Melodien man mit einem Nahmen ›Suite‹ nennet« (Der vollkommene Capellmeister, 1739):
Zusammengefasst: Unter aller Musik von Bach für Tasteninstrumente sind die Suiten sicher diejenigen, welche am wenigsten für eine Darbietung auf der Orgel geeignet sind.
Bach wäre nicht Bach, wenn er nicht die Herausforderung gesehen hätte, diese Tanzrhythmen im sakralen Kontext einzusetzen, wie etwa im wunderbaren Schlussatz der Kantate "Nun danket alle Gott" BWV 192 – "Lob, Ehr und Preis sei Gott, dem Vater und dem Sohne".
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