Wie Gehörbildung angehen

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Chanti

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10. Jan. 2021
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Hallo😊
Ich möchte mein Gehört bilden, ich weiß aber nicht wie, und freu mich über Hilfe. Hier ein paar Details:
Ich kann absolut nicht Blattspielen, und dann bin ich hier auf einen Beitrag dazu gestoßen in dem gesagt wurde, um wirklich Prima Vista spielen zu können sollte man Klangvorstellung haben, also dass man halt Noten sieht und sich dann vorstellen kann wie die Akkorde klingen.
Ich kann das nicht aber würde es gerne (nicht nur wegen Blattspiel).
Elementare Harmonielehre beherrsche ich einigermaßen, arbeite daran da etwas flüssiger zu werden.
Bis jetzt in Richtung Gehörbildung mach ich halt so üben Intervalle zu bestimmen (dass geht so einigermaßen (hab die App Perfect Ear), Trefferquote könnte aber besser sein, ansonsten sollte ich auch nochmal üben Intervalle zu singen...😅). In der App gibt es auch noch die Möglichkeit üben Akkorde zu bestimmen (Also dass ein Akkord vorgespielt wird uns man auswählt was für einer es ist), ich hab das jetzt zwar noch nicht so ausführlich gemacht aber zB bei der 1. Übung da (verminderte/übermäßige Dreiklänge) kann ich zwar wenn ich es höre sagen was es ist aber hab ohne das hören keine Vorstellung davon)
Lange Rede kurzer Sinn, gibt es einen systematischen Weg wie ich eine Klangvorstellung entwickeln kann?

Vielen Dank fürs Lesen!☺

(Achso, und, das ist jetzt vielleicht sehr naiv aber wenn einigermaßen (ich möchte auch nicht meine ganze Zeit die ich zum Klavier üben habe darauf verwende), wäre es möglich sowas rudimentär in 2,5 Jahren zu erreichen? da ich gern Musik auf LA studieren würde)
 
Hallo @Chanti,
ich habe auch Musik LA studiert.
Mein Gehörbildungsprofessor sagte mehrmals, Gehörbildung sei zu 80% Wissen. D.h. Theorie, also Satzlehre, und Gehörbildung, gehen einher. Verstehen läuft u.a. über Hören, und Hören läuft größtenteils über das Erkennen von Verstandenem.

Ich empfehle folgendes: Schaffe dir die Theorie drauf und spiele alles, was du theoretisch lernst, am Instrument. Höre dir dabei genau zu, präge dir den Klang ein, egal ob z.B. große Terz oder Dominantseptakkord.

Außerdem: Höre Musik sehr bewusst, versuche, Strukturen und Muster, die dir bekannt erscheinen, (wieder-)zuerkennen.

Sehr hilfreich ist übrigens das Mitsingen!

Und natürlich gibt es auch noch Apps und Programme, davon benutzt du ja bereits etwas.

Melde dich gerne, falls du noch Fragen hast!
 
Ich kann absolut nicht Blattspielen, und dann bin ich hier auf einen Beitrag dazu gestoßen in dem gesagt wurde, um wirklich Prima Vista spielen zu können sollte man Klangvorstellung haben, also dass man halt Noten sieht und sich dann vorstellen kann wie die Akkorde klingen.
Es gibt Berufsbilder, bei denen Blattspiel permanent gefragt ist: Ein Korrepetitor am Opernhaus hat täglich schwierige Klavierauszüge auf dem Notenpult liegen, die er sicher und ohne lange und gezielte Vorbereitung auf dem Flügel oder Klavier wiedergeben kann. Das Einstudieren und trainierende Üben wie bei originaler Solisten-Literatur ist unmöglich, in der Berufspraxis ist dafür gar keine Zeit vorhanden. Aber er kann es einfach und liefert Solisten, Ensembles und Chören ein solides Fundament, das im Ernstfall ein mehr oder minder großes Orchester spielt. Dabei agiert er präzise nach Schlag und Zeichengebung eines Dirigenten, der bereits bei den Proben den musizierenden Apparat zusammenhalten muss. Und dann sind die Noten lediglich eine Reduktion eines großen Orchestersatzes und so gar nicht original für zwei Hände mit insgesamt zehn Fingern konzipiert. Der pianistische Schwierigkeitsgrad liegt ständig zwischen schwer und absolut unspielbar. Der perfekte Albtraum? Eine unmenschliche Horrorvision? Könnte man meinen.

Aber wie viele Opernhäuser und Freie Musiktheatervereinigungen gibt es allein in Deutschland? Und wie viele Korrepetitoren und Kapellmeister sind dort in Aktion, die dieser Aufgabe gewachsen sein müssen und es tatsächlich mehr oder weniger souverän können? Es dürften einige tausend Menschen sein - und das beweist, dass man das lernen kann.

Und wie? Wenn diese Kolleg(inn)en Noten vor sich haben, buchstabieren sie nicht wie ein Vorschulkind mühsam die Laute, sondern erkennen Zusammenhänge, indem sie Strukturen erkennen, die als Muster aus der bereits erworbenen Musizierpraxis gespeichert sind und können diese auf Abruf reproduzieren. Damit entsteht Freiraum zur Erlangung und Umsetzung der nächsten Informationen - und besonders wichtig: Hauptsächliches wird von Nebensächlichem unterschieden und nicht automatisch alles eins zu eins gespielt, was auf dem Blatt steht.

Wie erschließen sich einem solche Fertigkeiten? Zum einen so, wie @Demian es beschrieben hat: Beschäftigung mit Harmonielehre, Kontrapunkt, Formenlehre und Stilistik unterschiedlicher musikalischer Epochen mit umfassender Schulung des analytischen Denkens und Wissens. Wer viel weiß und versteht, erkennt musikalische Muster und ihre Verknüpfung und ihre Variationsmöglichkeiten wieder, sobald er bislang noch unbekannte Notentexte vorgelegt bekommt. Zum anderen haben die musizierenden Profis einfach auch Unmengen von Literatur verschlungen, kennengelernt und verstanden: Für den Korrepetitor und Kapellmeister heißt das, sich mit Klavierauszügen von Barockoper bis Musiktheater der Gegenwart beschäftigt zu haben, von Monteverdi bis Rihm in breitgefächerter Auswahl. Darin enthalten ist zumindest eine repräsentative Auswahl aus Opern von Mozart, Beethoven, Weber, Wagner, Strauss, Berg plus Spieloper (Nicolai, Lortzing) plus Operette (Strauß, Millöcker, Lehár, Kálmán, Lincke, Künneke), sinngemäß dasselbe im italienischen Fach (Donizetti, Bellini, Verdi, Puccini, Leoncavallo) und im französischen Spannungsfeld zwischen Grand Opéra und Opéra Comique (Adam, Meyerbeer, Offenbach, Bizet, Saint-Saëns, Debussy) sowie im slawischen Bereich... - bevor Du jetzt einen Riesenschreck bekommst, wie man diese gigantische Fülle an Material meistern und sich draufschaffen soll, in der Aufnahmeprüfung muss man natürlich keine fünfzig Jahre Berufserfahrung vorweisen können. Soll aber heißen: jede Art von Literatur (Solorepertoire, Kunstlied, Oratorium und Kammermusik) eignet sich zum Kennenlernen von guter und qualitativ hochwertiger Musik.

Also her mit Noten und ab ans Instrument zum Analysieren und Spielen. Frohes Schaffen!

LG von Rheinkultur
 
Bei YouTube gibt's ganz viele Beiträge für Gehörbildung sehr gut erklärt.
Für den allerersten Anfang reicht es mir.
Habe gestern viel über Sekunde,Terzen, Quart usw. sowie über die goldenen Sequenz gelernt.
Ist hoch spannend und wirklich sehr interessant nachdem ich jetzt 50 Jahre ohne jede Kenntnis darüber musiziere.
 
Das sind die Tasten c und g zusammen gedrückt ergibt eine Quinte.
 
Eine Sequenz ist etwas anderes (mehr) als ein Intervall.
Der Terminus "goldene Sequenz" scheint aus dem Russischen übersetzt zu sein?
 
So, wie ich @Musikanna verstanden habe, ist die Quintfallsequenz gemeint, die ja auch noch andere Bezeichnungen hat, z.B. „Vollkadenz“, weil sie in der tonalen Form (nicht in der realen) alle diatonischen Harmonien enthält.
 

Eine schöne Übung, um die Vorstellungskraft zu fördern:
Du spielst einen Ton auf dem Klavier. Dann singst Du einen Durdreiklang darüber. Anschliessend kontrollierst Du Dein Ergebnis, indem Du den Durdreiklang spielst (die Töne hintereinander, wie Du sie gesungen hast).
Dann nimmst Du wieder Deinen Grundton und singst einen Molldreiklang. Wieder kontrolliert Dein Klavier, ob das richtig war. Das Gleiche lässt sich mit Umkehrungen, Verminderten, Übermäßigen erweitern.
So kann man wunderbar erfahren, wie sich Intervalle anfühlen. Und Dein Lehrer, das Klavier, ist immer dabei.
Das ist eine schöne Verquickung aus Wissen und Fühlen.
Viel Erfolg!
 
Und das Gleiche kann man zusätzlich auch mit Vierklängen und Fünfklängen (wenn es mit Dreiklängen sicher läuft) und auch mit Skalen und Skalenausschnitten machen.
 
Der hat es drauf:



 
Die Schimpansennummer ist sehr spannend! Wenn man von der Annahme ausgeht - und das tue ich - , Musik sei die Sprache der Seele, die aber von der Muttersprache beeinflusst wird, dann ist natürlich jede Musik unterschiedlich, je nachdem, in welcher Sprache man aufgewachsen ist. Der italienische Sound ist anders als der russische oder deutsche. Diese Affennummer erinnert mich extrem an die Sprache der Affen.
Sehr beeindruckend!
 
Noch ein Tipp zur Gehörbildung:

Schalte irgendeinen Radiosender mit Pop-Musik ein und versuche, aus dem Stand die Melodielinien (also den Gesangspart) der Songs auf dem Klavier nachzuspielen bzw. mitzuspielen. Das habe ich selbst eine Zeitlang mit Gewinn gemacht.

Man sollte dabei keine Angst vor falschen Tönen haben. Am Anfang mag es etwas frustrierend sein, aber das legt sich bald, und man merkt, dass man bei der zweiten oder dritten Strophe immer besser trifft. Das schult das Gehör für Intervalle und bringt auch was fürs klassische Klavierspiel, denn die Melodik und Harmonik der Pop-Musik ist letztlich eine (meist) stark vereinfachte Version der Klassik.

Das Gleiche kann man, statt mit der Melodik, auch mit der Harmonik der Songs machen, also: Versuche, die Akkorde (fast immer einfache Dreiklänge) und Akkordfolgen nachzuspielen.
 
Vielen vielen Dank für die tollen Tipps!🙂 Werde das dann Mal alles machen und sicher Spaß damit haben!
 

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