Meine Vermutungen (ins Blaue hinein, weil sie so wahnsinnig oft zutreffen):
1. Du spielst nicht audiomotorisch. Das heißt, Du schaltest nicht Deine Klangvorstellung ein und versuchst die dann mittels Deiner Finger umzusetzen, sondern merkst Dir Tastenfolgen und/oder Fingerfolgen und spulst die dann ab. Dein Ohr dient Dir nur zur Nachkontrolle, ob Deine eingeübte visuell-motorische Choreographie die richtige war.
2. Zusammenhängend mit Punkt 1: Du übst nach dem Motto "erst muss ich die Noten und Fingersätze drin haben, und dann kann ich mich vielleicht mal um Lautstärke, Ausdruck und so kümmern".
3. Du spielst beim Üben oft zu schnell, machst dann Fehler, sagst Dir "oh, wieder falsch" und fängst die Stelle nochmal von vorne an.
4. Du hast eine falsche Technik, wahrscheinlich mit der Grundvorstellung, die Finger seien die hauptsächlichen Akteure. Insbesondere krümmst Du Deine Finger recht stark ("Finger als kleine Hämmerchen" bzw. "Hand so, als hielte man ein Bällchen") und spreizt die Finger auseinander, wenn Du Intervalle spielen willst. (Etwas wie z.B. die linke Hand von Chopins Etüde f-moll aus op.10 erscheint Dir demzufolge als vollkommen rätselhaft und nicht schaffbar für Normalsterbliche.)
5. Du übst zu lange "am Stück" und hörst tendenziell dann auf zu üben bzw. machst eine Pause, wenn Du Dich erschöpft fühlst.
6. Du hast keinen guten Klavierlehrer. Er bringt Dir keine vernünftige Technik bei; bringt Dir im Unterricht keine vernünftigen Übestrategien bei; lehrt Dich nicht, Dein Ohr zu entwickeln und zum Ausgangspunkt jedes Spielprozesses zu machen; und nimmt mit Dir faul ein Stück der "Klavierschule" nach dem anderen durch.