Werden die Pralltriller falsch gespielt?

  • Ersteller des Themas thomas1966
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Gute Argumente

Wenn man Eure Gedanken weiterspinnt, könnte man meinen, die Komponisten sind selber schuld wenn man ihre Werke igendwie spielt. Hätten sie es halt ordentlich aufgeschrieben. Und weiter, jeder der sich damit beschäftigt ist ebenfalls selber schuld. Es würde doch genügen, musikalisch und flüssig zu spielen. Warum muß das flüssig sein, steht das irgendwo?

Diejenigen, die historische Instrumente pflegen oder gar nachbauen, sind dann ja der Gipfel der Übertreibung. Flüssiger wird es damit wahrscheinlich nicht.

Fazit: Wenn Bach gewollt hätte, dass seine Werke originalgetreu nachgespielt werden, hätte er sich bei der Notation mehr bemüht.

Grüße
Thomas

(Nicht einmal eine akustische Aufnahme hat er hinterlassen - so teuer ist das Zomm H2 ja gar nicht.) :D
 
Wenn man Eure Gedanken weiterspinnt, könnte man meinen, die Komponisten sind selber schuld wenn man ihre Werke igendwie spielt. Hätten sie es halt ordentlich aufgeschrieben.
ich kann mich nicht erinnern, irgendwas ganz so krasses angedeutet zu haben...

es ist nie falsch, sich mit den Quellen zu beschäftigen - freilich sind sie nicht völlig einheitlich, sodass im Falle von Verzierungen erstens keine totale allgemeingültige Regel behauptet werden kann und folglich zweitens in vielen Fällen ein wenig Entscheidungsfreiheit bzgl. der Ausführung vorliegt.
 
Das mag ich nicht glauben:
(Schubert, a-Moll-Sonate, T115 und 117) Hier hat Schubert den ersten Praller als Doppelvorschlag auf der Hauptnote beginnend, ausnotiert und bei den weiteren das Praller-Zeichen gesetzt. Die Ausnotierung des ersten solcher Praller und auch Mordente wurden manchmal gemacht, da es noch keine Versetzungszeichen (# oder b) bei einem Praller-Zeichen gab.

PS: Meinst Du mit »Carl Philipp«, Carl Philipp Emanuel Bach, den zweitjüngsten Sohn von Johann Sebastian Bach?


Völlig einverstanden, Schubert ist eine ganz andere Sache und ein anderer Stil. Da mag es durchaus den modernen Praller geben.

Ja, ich habe mich immer auf C. Ph. E. Bach bezogen.

Harich-Schneider habe ich gerade nachgelesen, sie bezieht sich S. 94 auf Carl Philipp und Marpurg, und kommt dabei (ich war etwas erleichtert) zum gleichen Fazit wie ich auch. Sie lehnt nicht ab, aber sie erwähnt eben den modernen Praller als Triller von der Hauptnote nicht. Wohl, weil man ihn zu dieser Zeit nicht nachweisen kann. Ob er trotzdem gespielt wurde, wissen wir natürlich nicht. Zitiert wird nur der Schneller, der in kleinen Noten ausnotiert ist, also Carl Philipp in Reinform.

In die e-moll Partita habe ich geschaut. Ich habe sie nicht gespielt, aber auf den ersten Blick sehen diese Verzierungen für mich wie ganz normale Triller aus und so würde ich auch spielen, nämlich von oben. Ich kann kein Indiz erkennen, dass JSB hier etwas anderes gemeint haben könnte.

Schöne Grüße
Axel
 
ich kann mich nicht erinnern, irgendwas ganz so krasses angedeutet zu haben...
[…]
Das hast Du auch nicht gemacht - im Gegenteil. Deine Beschreibung des Mordent und des Praller sah ich als sehr zielführend:
[…]Die Haarspaltereien, wie ein Trillio, ein Praller und ein Mordent auszuführen seien, betrachte ich mit Skepsis. Ein Mordent auf c wird in aller Regel auf der Zählzeit als c-h-c ausgeführt, sein Gegenteil wäre der Praller auf c ausgeführt als c-d-c (die Nebennoten können je nach Tonart anders ausfallen) - ob ein Trillio mit der Haupt- oder Nebennote beginnt, dürfte oftmals kontextabhängig sein. Zudem befürchte ich, dass die spätbarocke Ausführungspraxis nicht genormt war.

Mein (fast resignierender) [post=200179]Beitrag[/post] bezog sich nur auf die letzten beiden Beiträge, die folgendes beinhalteten:
Man spiele in so, wie man ihn im Augenblick des Musizierens spielen möchte.
Ohne dabei zu holpern und stolpern oder den musikalischen Fluß zu (zer)stören.
Es war damit nicht beabsichtigt, andere Beiträge in diesem Faden anzusprechen. Sorry, das hätte ich betonen sollen

Grüße
Thomas
 
[…]
Harich-Schneider habe ich gerade nachgelesen, sie bezieht sich S. 94 auf Carl Philipp und Marpurg, und kommt dabei (ich war etwas erleichtert) zum gleichen Fazit wie ich auch. Sie lehnt nicht ab, aber sie erwähnt eben den modernen Praller als Triller von der Hauptnote nicht. Wohl, weil man ihn zu dieser Zeit nicht nachweisen kann. Ob er trotzdem gespielt wurde, wissen wir natürlich nicht. Zitiert wird nur der Schneller, der in kleinen Noten ausnotiert ist, also Carl Philipp in Reinform.
[…]
Das hat er erwähnt und meint, die Sommerkurse bei Landowska seien schuld daran - zumindest habe ich es so aufgefasst.
Inzwischen habe ich ein Beispiel von Bach gefunden, in dem er sowohl tr und zickzack-linien verwendet. Es würde mich wundern, wenn er das gleiche gemeint hätte. Im Anhang habe ich das Beispiel mit roten und grünen Markierungen versehen. Deshalb meine ich, Bach habe das unterschieden. Wobei - ich habe zu wenig Einblick in die Materie - mein Interesse daran entstand durch den Artikel, der mir sehr schlüssig argumentiert erscheint.

Grüße
Thomas
 
Gute Recherche, Thomas, danke dafür!

Ich kann leider nix dazu beitragen außer dass ich den Triller aus deiner Eingangsnachricht im 1. Beispiel so gelernt habe wie in Takt 2, und zwar genau dann (UND NUR DANN), wenn ein Legatobogen eingezeichnet ist. Dann wird das g ausgehalten, ohne Legatobogen jedoch wird stattdessen das g nochmal angeschlagen. Und im 2. Beispiel mit Trillerbeginn von der oberen Nebennote, also wie in Takt 6.

Und ich gebe dir recht, Thomas, dass JSBach in deinem Inventio-Beispiel wahrscheinlich unterschiedliche Triller im Sinne hatte, da er sie unterschiedlich notierte.
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
Das hat er erwähnt und meint, die Sommerkurse bei Landowska seien schuld daran - zumindest habe ich es so aufgefasst.
Inzwischen habe ich ein Beispiel von Bach gefunden, in dem er sowohl tr und zickzack-linien verwendet. Es würde mich wundern, wenn er das gleiche gemeint hätte. Im Anhang habe ich das Beispiel mit roten und grünen Markierungen versehen. Deshalb meine ich, Bach habe das unterschieden. Wobei - ich habe zu wenig Einblick in die Materie - mein Interesse daran entstand durch den Artikel, der mir sehr schlüssig argumentiert erscheint.

Grüße
Thomas


Hallo Thomas,
wieso sollen die Surse bei Landowska da einen Einfluss gehabt haben? Harich-Schneider zitiert nur die Quellen, und zwar richtig, d.h. sie korrigiert den Druckfehler bei Carl Philipp. Ich weiss natürlich nicht, was bei den Kursen gewesen ist, aber so richtig sehe ich nicht, dass da ein Fehler ist.
Wiewohl ich so langsam offen gestanden immer weniger verstehe, was in dem Artikel von Badura-Skoda steht...Sollte ich vielleicht doch mal lesen.
Was die Invention angeht, so glaube ich, dass zwischem dem Zacken und tr kein Unterschied besteht. Das ist zwar augenfällig, zugegeben, aber es findet sich in der Literatur (auch in Bachs eigener Verzierungstabelle) kein Unterschied.

Schöne Grüße
Axel
 
Hallo Axel,
wenn Du den Artikel liest, verstehst Du vielleicht, warum mir seine Argumentation schlüssig vorkommt. Ich kann das nicht so gut wiedergeben und argumentieren. Vor allem habe ich das was mir wichtig erschien, herausgepickt - vielleicht fehlt der Rest zur besseren Nachvollziehbarkeit.

Hallo Mindenblues,
der Legatobogen als Unterscheidungsmerkmal beim ersten Beispiel, erscheint mir logisch. Was ist aber, wenn das Beispiel nicht ausnotiert ist? Dann sei laut Badura-Skoda's Artikel, Takt 2 richtig.
Das Beispiel in Takt 6 zeigt im Artikel den eigentlich falsch gespielten Praller. Richtig wäre seiner Meinung nach, die von C.P.E. Bach als Schneller bezeichnete Notierung, so wie in Takt 5 gezeigt. Er untermauert das damit, dass es kein ausnotiertes Beispiel bei den genannten Komponisten gäbe.


Was ich eigentlich gesucht hätte, wäre ein Beispiel wie das von Schubert - einmal ausnotiert und dann mit dem Kürzel gekennzeichnet. Wo hat Schubert diese Art der Notation gesehen oder gelernt? Das habe ich bei Bach bis jetzt noch nicht gefunden, aber das kann noch werden. Mich wundert es ebenfalls, dass Bach mit tr und Zacken das gleiche gemeint habe, aber willkürlich aufgeschrieben hätte - vor allem so knapp hintereinander in dem selben Stück.

Lässt sich das überhaupt klären? Die Experten sind sich anscheinend nicht einig.

Grüße
Thomas
 
Hallo Mindenblues,
der Legatobogen als Unterscheidungsmerkmal beim ersten Beispiel, erscheint mir logisch. Was ist aber, wenn das Beispiel nicht ausnotiert ist? Dann sei laut Badura-Skoda's Artikel, Takt 2 richtig.

Also ich habe es so gelernt, dass nur mit Legatobogen der Triller so gespielt werden soll wie in Takt 2, ohne Legatobogen wie in Takt 3. Ich verstehe nicht, was du damit meinst mit "wenn das Beispiel nicht ausnotiert ist"? Wenn ein Trillerzeichen da ist auf einem Sekundschritt unterhalb der vorherigen Note, und es ist ein Legatobogen, dann eben wie in Takt2. Wenn nur das Trillerzeichen da ist ohne Legatobogen, dann wie in Takt 3. Es gibt Stücke wie z.B. "Schmücke dich, o liebe Seele" von JSBach, wo beide Varianten vorkommen. D.h., an manchen Stellen hat er Legatobögen vor solchen absteigenden Sekund-Trillerstellen gemacht, an manchen keine Legatobögen. Mir gefällt es besser, bei den Stellen ohne Legatobögen die vorherige Note nochmal anzuschlagen, klingt etwas "herber".
 
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Wenn ein Trillerzeichen da ist auf einem Sekundschritt unterhalb der vorherigen Note, und es ist ein Legatobogen, dann eben wie in Takt2. Wenn nur das Trillerzeichen da ist ohne Legatobogen, dann wie in Takt 3.
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Alles klar, danke für die ausfühliche Erklärung.

Ich hatte die Takte zwei und drei im Kopf. Es geht aber um das Zeichen - war mein Fehler. :oops:

Grüße
Thomas
 

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