Warm werden mit Bach

Da ich Bach mittlerweile über alles (!) liebe und als Schüler wirklich hasste (!) fühle ich mich berufen in diesem Faden etwas zu schreiben.
Du, und viele andere, sind hier wohl in guter Gesellschaft. Selbst wirklich herausragenden Musikern scheint es so gehen zu können - siehe das unten angehängte Video, in dem Leonard Bernstein ausführlich über Bach (und über genau die Thematik dieses Fadens hier) spricht. Besonders interessant ist in der Hinsicht der (längere) Abschnitt ab Minute 12:50 in dem Video (eigentlich ab 12:50 bis zum Ende des Videos :007:).

Sehr verkürzt dargestellt, erzählt Bernstein in dem Video, dass er selbst in seiner Jugend nix mit Bach anfangen konnte und dass sich das aber radikal gewandelt hat. Und dann versucht er erst darzustellen, warum Bach weniger direkt zugänglich ist als andere Komponisten und versucht dann einen solchen Zugang zu schaffen.


View: https://www.youtube.com/watch?v=eynLaMNjbKA
 
Ich spiele Bach - wie alle anderen Komponisten - sicher nur auf dem untersten Level.

Und trotzdem: Bach ist etwas Besonderes für mich.

Wenn Du, @Frotron , jetzt nach Ratschlägen fragst: Mir war Bach vielleicht deswegen immer sehr nahe, weil ich vom (Chor)Gesang her komme. Versuche doch einmal, einen Choral in allen 4 Stimmen nacheinander durchzusingen, oder wenigstens mal eine Stimme zu einer Einspielung.

Für mich wirkt Bach sehr durchstrukturiert - aber - neben der Religiosität der Vokalwerke natürlich - auch sehr fröhlich, sehr tänzerisch. Wenn ich ein Thema vor mich hinsumme oder auch spiele, bewege ich mich in Gedanken oft wie in einem Tanz.
 
Interessant, bei mir ist es genau umgekehrt. Ich würde sogar gerne mal in einen reinen Bach-Klavierabend gehen, aber spielen fällt mir schwer. Vielleicht fehlt mir da eine Früherfahrung.
Geht mir auch so. Ich kann mir mit Begeisterung einen ganzen Band des WK anhören, aber zum Spielen find ich Bach meist eher unangenehm. Eine Haydn-Sonate liegt wesentlich besser in den Fingern als z. B. eine Invention vom selben Schwierigkeitsgrad, finde ich.
 
Wenn die Engel für Gott spielen, dann spielen sie Bach.
Für sich selber spielen sie Mozart.
 
Unfairerweise spielen wir ja Bach auf einem Instrument, das er selbst bestenfalls in einer rudimentären Frühform gesehen hat. Weil nun aber Bachs Musik in unterschiedlichster Instrumentierung funktioniert und nicht auf den konkreten Klang des Instruments angewiesen ist, besteht der Trick, Bach zu mögen meiner Meinung nach darin, vom konkreten Klang des Klaviers zu abstrahieren und nur noch z. B die Beziehungen der Stimmen untereinander,
den Verlauf einer einzelnen Stimme u.a. wahrzunehmen. Weil das vielen zu abstrakt ist, kommt das verbreitete Unverständnis für Bach. Hier findet man weitere interessante Beiträge dazu:


https://www.clavio.de/threads/was-ist-so-toll-an.19022/

https://www.clavio.de/threads/ich-mag-kein-bach-bin-ich-normal.21265/

Und Forkel schreibt über JSB: "Am liebsten spielte er auf dem Clavichord. Die sogenannten Flügel, obgleich auch auf ihnen ein gar verschiedener Vortrag statt findet, waren ihm doch zu seelenlos, und die Pianoforte waren bey seinem Leben noch zu sehr in ihrer ersten Entstehung, und noch viel zu plump, als daß sie ihm hätten Genüge thun können."
 
Einen emotionalen Zugang zu Bachs Klaviermusik bietet das Capriccio über die Abreise ...
Sehr schöne Aufnahmen mit Kempff und Gulda!
 
Mir war Bach vielleicht deswegen immer sehr nahe, weil ich vom (Chor)Gesang her komme ..................- auch sehr fröhlich, sehr tänzerisch. Wenn ich ein Thema vor mich hinsumme oder auch spiele, bewege ich mich in Gedanken oft wie in einem Tanz.

Das empfinde ich und viele Mitsänger aus dem Chor ebenso. Man möchte am liebsten tanzen wenn man seine Werke singt. Unserm Chorleiter ist das schon aufgefallen und er hat um ein wenig Ruhe in den Reihen gebeten. "Mir san doch hier ned auf der Wiesn!" (Er ist ein Franke.)

Aber wenn er uns dann aus dem W.O. " So lasset uns nun gehen gen Bethlehem" so richtig schön rockig auf dem Klavier begleitet, kann man sehen wie aktuell Bach heute immer noch ist.
 


Na. Die haben einen Spaß beim Singen. :021:

Habe im Herkulessaal in München mal das "Weihnachtsoratorium in Jazz" mit dem Klangkunst Chor Iffeldorf unter der Leitung von Andrea Fessmann angehört.
War wirklich ein vergnüglicher Abend und ich würde es wahnsinnig gerne mal unter diesen Bedingungen mitsingen.
Du bist nicht zufällig der Stefan König? :007:
 
muss ich mich jetzt dumm fühlen oder nur von Dir beleidigt?
:007:
Weder noch. Es war eine Meinungsäußerung, die keinen Anspruch auf die absolute Wahrheit hat. Falls ich deine Befindlichkeit verletzt haben sollte, tut mir das leid. Es war nicht meine Absicht.

Flachsereien sind ja nicht per se schlecht. Aber in diesem Fall störte mich die wiederholte Verballhornung eines Begriffs in einem Zusammenhang, der auf mich eine gewisse Arroganz des Nutzers dieses Begriffs erkennen ließ, der ich wiederum etwas entgegensetzte.
 
Hallo und danke für die vielen, vielen Antworten. Ich kann nicht auf alles eingehen (bin noch nicht einmal dazu gekommen alles anzuhören was gepostet wurde). Aber scheinbar ist das ja schon ein Thema, was den ein oder anderen schonmal beschäftigt hat.

Ich habe ein bisschen rumgehört und das Präludium hier


hat mir richtig gut gefallen. Ich habe darüber hinaus noch das hier gefunden:


View: https://www.youtube.com/watch?v=SUWqJqC2brU



Ich glaub die beiden hole ich mir mal als Noten (zusammen mit dem neuen Klavier in zwei Wochen :love:) und versuch mich mal daran.

Damit bin ich dem Thema Bach am Klavier schon etwas näher - danke reihum :-)
 
für „Bourée“ zeugt auch von einem unangemessenen Zugang zur Musik von Bach. Dieser infantile Humor steht auf dem gleichen intellektuellen Niveau wie die Formulierung „zum Bleistift“.

Ich würde erstmal an meiner Grundhaltung arbeiten, bevor ich hier oberschlaue, besserwisserische Sprüche ablaiche.
So ein schönes Püree kriegst du zum Bleistift gar nicht zusammen ...:-D
 

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