So wie ich die Sache einschätze geht es in erster Linie darum, die Kopplung von Saite und Steg, sowie die Begrenzung der Saite am Steg zu verbessern.
In der Tat, darum geht es bestimmt. Aber es ist schon eine Frage, wie und mit welcher Logik, incl. der des gesunden Menschenverstands, da ein richtig gutes Ergebnis zu erzielen ist.
Es ist ein altes Problem, daß sich die Saiten in den Holzsteg eindrücken und die genaue Längendefinition verloren geht, bzw. 'verwaschen' wird. - Mein Klavierbauer nannte diese Stelle mal den 'Absprung' - Durch die etwas undefinierte Länge verliert der Klang an Obertönen und Ausschwingzeit.
Durch bestimmte Eigenschaften am Steg wird in der Tat das Verhalten von Ausschwingzeit und Obertonspektrum maßgeblich beeinflusst. Dabei dürfte die genaue Längendefinition aber eine geringere Rolle spielen als die präzise und möglichst verlustfreie Übertragung. In diesem Sinne ist das Eindrücken der Saiten in den Steg weitgehend unproblematisch. Im Gegenteil: Wenn die Saiten (sichtbar) engen Andruck am Steg haben, ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass sie am "Absprung", wie du sagst, wirklich den größten Teil ihrer Schwingungsenergie an den Steg weitergeben. Ich gebrauche hier gern den Vergleich mit einem Plattenspieler. Den Steg sehe ich analog zum Tonabnahmesystem, die Saite analog zur Abtastnadel. Und nur eine Abtastnadel, die optimalen Kontakt zum Tonabnahmesystem hat, überträgt ihre Schwingungen verlustfrei.
Da mich dieses Thema schon einige Zeit umtreibt...
Mich auch, seit Anfang/Mitte der 1980er Jahre ;)
... habe ich hierzu einen Versuch gemacht ... An einem alten Grotrian-Flügel habe ich die Saiten des a' gelockert, direkt hinter die vorderen Stegstifte ein 13er (0,775mm) Drahtstückchen unter die Saiten gelegt und den Ton wieder gestimmt.
Das Ergebnis war: Längere Ausschwingzeit und viel mehr Obertöne...
Das ist mir bestens bekannt, Toni, gehört zu meinen allerfrühesten Entdeckungen, bzw. "Erfindungen" auf der Suche nach Alternativen zu Duplex-Skalen oder Aliquot-Saiten oder anderen Tricks, den Klang des gespielten Teils der Saiten durch ungespielte Mitschwingfunktionen aufzubrezeln. Ich habe großen Respekt vorden Duplex-Skalen, nachdem diese sich allenthalben überall durchsetzen. Dennoch bin seit jeher und nach wie vor der Meinung, dass der Klang möglichst dort optimiert werden sollte, wo er entsteht. Und er entsteht halt im gespielten Saitenabschnitt. Mein Gedanke war damals, ca. 1983: Mittels des Drahtstückchens hinter den Stiften auf dem Steg kriegt die Saite zum einen eine scharfe Klangbegrenzung; zum zweiten wird sie, da sie bis zum zweiten Stift über Luft läuft, weniger durch Biegebelastung am Schwingen gehindert. Und zum dritten, ähnlich wie bei den Duplex-Skalen, bewirkt dieser kurze ungespielte, aber mitbewegte Saitenabschnitt zwischen den Stiften eine gewisse Prononcierung hoher Obertöne. Im Klangergebnis fühlte ich mich bestätigt. In meinem eigenen Klavier sind diese Mini-Drahtstückchen immer noch drin. Obwohl ich das heute nicht mehr mache und der Logik nur noch bestenfalls eingeschränkt folge.
Übrigens habe ich, wegen des erwähnten dritten Punktes, von Anfang an dieses Querdraht-Pushing nur im oberen Diskant eingesetzt. Denn ich musste natürlich davon ausgehen, dass die so prononcierten Oberton-Anteile, je niedriger die Grundtöne sind, hörbar werden, und dies nicht unbedingt vorteilhaft, sondern - je tiefer der Grundton - desto mehr als unerwünschtes metallisches Zirpen. Dies fand ich allemal bestätigt und habe, wo ich nach diesem Prinzip arbeitete, die Drähtchen ggf. bis zu der Höhe, wo ich noch Zirpen vernahm, wieder herausgenommen.
Daraus folgere ich, daß die Intonation eines Flügels oder Klaviers eigentlich am schon Steg beginnt!
Sie beginnt dort nicht, sondern ist dort bereits voll im Gange... :cool:
Gruß
Martin
PianoCandle
... und aus Krach wird Klang