Waldstein Erinnerungen an früher
Hallo Flip,
Danke für Deine Einspielung.
Vor nunmehr 50 Jahren, als ich 17 war, habe ich diese Sonate während meines Unterrichts so intensiv mit KL bearbeitet, daß ich sie jahrelang auswendig konnte, besonders den 1. Satz.
Wenn ich sie heute spiele, gelingt es mir nur, sie einigermaßen hinzubekommen, wenn ich im Spielen drin bin und die schwierigen Passagen im richtigen Tempo und ohne auf die Noten zu schauen dann auch spiele. Leider habe ich die alte Bearbeitung mit den auf meine relativ kleinen Hände angepassten Notensätzen nicht immer griffbereit und das flüssige Spielen läßt zu wünschen übrig, weil ein anderer Fingersatz eben sich eingeprägt hatte.
Was ich damit sagen möchte ist: So flüssig wie Dein Spiel bekomme ich es heute nicht mehr hin, sonst hätte ich vieleicht auch einmal gewagt, sie aufzunehmen. Aber dafür übe ich eben zu wenig.
Zu Deinem Spiel darf ich aber dennoch bei aller Hochachtung bemerken, daß ich sie fast in Deinem Tempo ebenfalls spielte, eine Kleinigkeit schneller. Die Prägnanz macher Phrasen empfinde ich jedoch bei Deinem Spiel zu undeutlich, machmal auch über Takte hinweg leicht verschwommen im Klang, was zu lange Pedalbenutzung sein könnte. Ich versuche die unterschiedliche Dramatik der Sonate im 1. Satz stärker hervorzuheben und betone auf Takthauptzeiten dann etwas mehr auch trotz der schnellen Läufe. Beileibe nicht bei allen Läufen aber an besonderen Stellen doch. Bei Deinem Spiel kommt es mir etwas darüber hinweggleitend vor, was aber bitte nicht als zu starke Kritik empfunden werden sollte. Es soll nur meine Vorstellung beschreiben.
Dabei fallen mir aus der Vergangenheit gerade zur Waldsteinsonate, die ja über Jahre meine Lieblingssonate der Beethoven-Werke war, 2 Annekdoten ein.
Beim Üben damals, als im Elternhaus eine Putzfrau ihr Kind mithatte, lief dieses Kind laut schreiend aus dem Raum:
Tante Kluge, Tante Kluge, der Hartwig macht das Klavier kaputt!!
Und die 2. ist eine liebe Erinnerung an meine leider schon verstorbene Mutter, die einmal den Raum betrat, als ich übte, und sie dann bemerkte, daß ich erstmalig das Stück auswendig weiterspielte, und sie dann sagt: "Jung, Du mußt doch umblättern, Du bist doch viel weiter!"
Diese 2 Annekdoten wollte ich loswerden, um aufzeigen zu können, wie lieb ich diese Sonate gewonnen habe. Ich denke, Du wirst sie auch noch oft spielen, und auch auswendig können.
Hat mir aber doch gefallen, Deine Einspielung!
Gruß Hartwig