Lieber Wippen als so wie Lang Lang spielen ?
...naja, ich würde zwar gern so wie Lang Lang spielen können, aber echt nicht so dabei aussehen wollen) . Trotzdem kann man sich wohl auch so wie er bewegen - und da scheint bei Ihm ja nicht allzuviel Energie verloren zu gehen.
Witzig ist auch die Vorstellung, ein unbekannter Glenn Gould würde sich bei 100 KL vorstellen - sicher würden 99 davon ihm klarmachen wollen, dass er sich mit seiner Haltung am Klavier seine ganze pianistische Zukunft verbaut, und er sich das aber soooofort abgewöhnen müsste)
Insofern gebe ich allen hier im Faden recht, die eher der Meinung sind, man darf seinen bewussten oder unbewussten Emotionen ruhig freien Lauf lassen - und dies auf sehr individuelle Art und Weise ausdrücken - sozusagen es körperlich einfach geschehen lassen.
Wenn Glenn Gould - aus welchem Grund auch immer - lieber an einem Klavier spielt, dessen Tastatur in einer gefühlten Höhe von 1.10 m liegt, scheint er persönlich eben genau in dieser Situation körperlich und geistig verbunden zu sein. Wenn dann noch hinzu kommt, dass man dies auch selbstbewusst und ohne Hemmungen vor anderen Zuhöreren und Zuschauern machen kann, und sich körperlich nicht mehr auf irgendeine Weise kontrollieren muss - ja dann sind die Voraussetzungen recht gut, die maximale Energie, oder den Flow (wie auch immer man dies nennt) in die Musik zu bekommen.
Man fühlt sich dann einfach sauwohl , und geht auf in der Musik, die man macht.
Thema Tanzen: Wenn ich Mucke höre, kommt die Musik von aussen - und löst in meinem Körper die Bewegung aus, versetzt mich in Schwingung, und ich könnte ja 100% in Bewegung umsetzen. Beim aktiven musizieren ist es aber umgekehrt - ich möchte meine Energien bündeln, und möglichst viel in die Musik hineinbringen die ich ja nach aussen bringen möchte. Da wäre es es eher schlecht , wenn ich 100% Bewegung mache.
Deshalb fand ich alle Antworten auch richtig, welche die Hemmung oder Einschränkung des Energieflusses durch zuviel Bewegung angesprochen haben. Es könnten auch technische Fehler ein Grund sein, bestimmte Bewegungsmuster zu vermeiden.
Ich bin z.B. fasziniert von Horowitz - er hockt am Flügel wie so ein Techniker, fast analytisch und bewegt seinen Oberkörper nur sehr wenig. Wenn man mal den Ton abdreht , hat man das Gefühl, er langweilt sich gerade) Aber umgekehrt - mal das Bild abschalten und nur hören was er spielt - da kann man kaum glauben, dass dies die gleiche Person ist - so intensiv ist das was er spielt.
So gibt es also schon mal mindestens 2 Sichtweisen zu diesem Thema die ja beide richtig sind - weil man an den Beispielen sieht, dass sie funktionieren können.
So hat Guendola (wie meistens
) eigentlich am meisten Recht,wenn sie schreibt, die Menschen sind unterschiedlich und können daher auch mit unterschiedlichsten Mitteln ans Ziel kommen.
Dieser Grundgedanke beinhaltet aber nun einen sehr wichtigen Aspekt: Nämlich die Möglichkeit, seinen eigenen gefundenen Weg durch weitere Mittel zu erweitern, oder sogar zu verlassen. Man braucht aber dafür die Energie und den Mut, seine liebgewonnenen Gewohnheiten zu überprüfen. Das muss man natürlich nicht machen - aber man kann es machen.
Ich denke , es ist so: Man spielt Klavier, und versucht seine inneren Energien freizubekommen, den Ausdruck im Spiel in Einklang zu bringen , mit dem was man selber bei der Musik fühlt, oder man ist halt einfach ganz hingerissen von dem Stück. Auf eben sehr unterschiedliche Weisen gelingt das dem Klavierspieler. Nun merkt er, dass er gelöst und freier spielen kann, wenn er sich nicht mehr auf seine Bewegungen konzentrieren muss - er hat sich eben seine ureigene Spielweise angewöhnt, und damit fühlt er sich wohl.
Dies hat eine Zeit gedauert und man ist jetzt zufrieden.
Manche sind aber eben nicht zufrieden, weil sie zwar jetzt schön frei und gelöst spielen können, aber wegen anderer Gründe ihre Gewohnheit wieder ändern wollen. Das kann - wie bei Guendola - aus optischen Gründen sein, oder wie bei mir, weil ich schlichtweg weiss, dass es bei mir eine blöde Angewohnheit ist. Ich hab halt schon als Kind gern geschaukelt) - auf´m Stuhl...., so individuell die Menschen sind, soviele Gründe gibt es auch ,warum jemand wieder etwas ändern will.
Wir wissen jetzt ja auch - zumindest hoff ich , dass ihr es mir abnehmt - dass man mit unterschiedlichen Mitteln und Wegen ans Ziel kommen kann.
Also kann ich durchaus mit einer anderen Haltung am Klavier , oder anderen Bewegungen (z.B. bei mir eher nach der Musik bewegen so wie Yann Tiersen , anstatt so mechanisch vor-und zurückzuwippen), oder eben dem schlichten Vermeiden von störenden Bewegungen üben, und ich müsste nach einer Weile mit dem neuen Weg wieder zurückfinden in meine freie und gelöste Spielweise.
Das ist aber ein Aufwand, bei dem man am Anfang das Gefühl hat, man spielt viel schlechter als vorher. Das ist dann auch der häufigste Grund, warum viele an ihren Gewohnheiten festhalten.
Für mich würde es sich lohnen - so glaube ich - mir dieses Wippen abzugewöhnen. Es ist so ein Automatismus, der jetzt nicht wirklich was mit der Musik an sich zu tun hat. Trotzdem bringt mich aber diese Bewegung so in Einklang mit der Musik und ich fühle mich wohl - weil ich es mir halt angewöhnt habe. Ich kann aber gleichzeitig fast schon fühlen, dass mich diese Bewegung davon abhält, mich stärker auf meine Hände und das eigentliche Spiel zu konzentrieren. Dieser Fluss von Konzentration auf das Spielen selber fehlt mir. Dadurch lerne ich ein Stück, bei dem ich an bestimmten Stellen Schwierigkeiten habe - und diese Stellen werden nicht besser. Ich kann den selben Fehler nach ner Weile nur immer noch ein bischen schneller spielen:)))
Also - ich hoffe beide Fraktionen sind zufrieden und fühlen sich bestätigt - die Wahrheit liegt wie so oft irgendwo ausserhalb genau in der Mitte))
Schönes Üben ,
Robert