Von Yann Tiersen bis zur Weltrevolution - zur neueren Problemgeschichte des Abendlan

Ich würde übrigens sagen, daß die Projektion, der Adorno erliegt, sogar noch weiter geht.

Er bezeichnet die Jazzband als "Männerbund, der das Geheimnis der Impotenz mit dir teilt".

Genau dies aber trifft auf den "Männerbund" zu, dem Adorno angehört.

Eintrittskarte zu diesem Männerbund ist, unverständlich-aufgeblasen zu formulieren und dadurch zu signalisieren, daß man "wissenschaftlich" oder "tiefsinnig" ist. Dadurch wird die in Wahrheit häufig vorhandene wissenschaftliche Impotenz (die keinesfalls rauskommen darf, da dann der Sinn des Männerbundes in Frage stünde) verschleiert.

LG,
Hasenbein
 
Eintrittskarte zu diesem Männerbund ist, unverständlich-aufgeblasen zu formulieren und dadurch zu signalisieren, daß man "wissenschaftlich" oder "tiefsinnig" ist.

bestimmt sind Männerbünde, egal ob dieser oder andere, auch Teil der großen Verschwörung :D

ich hätte gerne ein Foto von Liszt, wie er gerade auf dem Topf sitzt... ;) :rolleyes: - - - dann würd ich seine Sonate vehement geißeln :D
 
Warum sollte ich, pppetc? Ich bin auch kein Musterbeispiel "potenter Männlichkeit", aber ich sage ja auch nicht solche Sachen wie Adorno.

LG,
Hasenbein
 
Habermas und Adorno auf eine Stufe zu stellen, geht für mich aber doch ein Stückchen zu weit. Auch Habermasens Ausdrucksweise ist deutlich vom Ideal analytischer Exaktheit (und damit offengelegter Wahrheitsbedingungen) entfernt, aber wenigstens manche seiner Schriften (Diskursethik und Sprechakttheorie) sind doch einer rationalen Rekonstruktion wesentlich besser zugänglich als Adorno.
 
Seitenhieb? Ich dachte, er wollte dir ein Kompliment machen!

:rolleyes:
 
Ich war davon ausgegangen, daß pppetc's Satz ein Danaergeschenk war - mit der versteckten Bedeutung: "Das hast Du schon gut erkannt, daß Deine Texte von Adornos weit entfernt sind..." (von der Qualität her).

Naja, wenn dem nicht so ist, auch o.k. :cool:

LG,
Hasenbein
 
Guten Abend!

Leider konnte ich heute mittag nicht mehr reagieren.
Ich gehöre zum arbeitenden Teil der Bevölkerung -
und bin zwischendurch unabkömmlich.

Revenons à nos moutons - Du, Hasenbein, schreibst:

Adornos Denken war weit weniger abgrundtief als Du gerne glauben möchtest, Gomez.

Was ich gern oder ungern glaube oder auch glauben möchte, entzieht sich Deiner Kenntnis.
Dein Eingeständnis, Adorno nicht gewachsen zu sein, indem Du Dich
von vornherein auf Sprachkritik verlegst, ist wenigstens ehrlich - desgleichen,
daß Du auch diesen Akt nicht bewältigst, sondern Popper zu Hilfe rufen mußt
(der allerdings ein miserabler Helfer ist).

Nochmal zurück zum Beginn unseres Gesprächs - ohne jede Polemik:
Adorno hatte vom echten Jazz keine Kenntnis. Um seine Äußerungen zu verstehen,
muß man wissen, was ihm in den Ohren klingelte, wenn er von Jazz sprach.
Es war das, was ihm - dem Emigranten in den USA der 40er Jahre -
aus dem Radio entgegenquoll: Paul Whiteman, Glenn Miller, Woody Herman.
Was immer er glaubte, an Einsichten über den Jazz zu gewinnen,
bezog sich auf dieses Hörerlebnis: fett orchestrierte weiße Unterhaltungsmusik
für die weiße Mittelschicht - gehört mit den Ohren eines Alban Berg-Schülers.
Dadurch bleibt seine Fehleinschätzung fehlerhaft, aber sie erscheint in einem anderen Licht.

Ich will Adornos Fehlurteile nicht gesundbeten. Für mich ist noch viel empörender,
was er über Strawinsky oder Sibelius schreibt, zumal er letzteren sogar unter
Faschismus-Verdacht stellt. Aber auch aus seinen Fehlurteilen kann man lernen,
als Rezeptionsphänomen, das in einem präzisen gedanklichen Zusammenhang steht.

Wer sich so wie Du, Hasenbein, an Adorno abarbeitet, erwartet insgeheim von ihm Unfehlbarkeit.
Ich wünsche Dir etwas mehr Gelassenheit - die Fähigkeit, zwischen Kröpfchen und Töpfchen zu unterscheiden.
Auch bei der ihm zugeschriebenen "Mindfuckisierung der Neuen Musik" (ein seltsamer Begriff)
übertreibst Du schamlos. Seinen Einfluß auf die zeitgenössischen Komponisten überschätzt Du.
Er wird zurückdatiert auf das Jahr 1949, dem Erscheinungsjahr der "Philosophie der Neuen Musik",
die angeblich dem Neoklassizismus den Todesstoß versetzt und der Reihentechnik zum Sieg verholfen haben soll -
ein klassisches Beispiel für Auswahl- bzw. Fehlrezeption, denn es scheint kaum jemandem aufgefallen zu sein,
daß Adorno darin auch der Reihentechnik den Todesstoß versetzt hatte.

Kann es sein, daß Du Adorno für den adornesken Tonfall in der westdeutschen Musikpublizistik
haftbar machst - den Tonfall seiner Adepten, die vom "neuesten Materialstand" bramarbasierten,
vor dem "Rückfall in die Barbarei" warnten und so wunderschön das Reflexivum nachstellen konnten,
wie es für brave Adepten sich gehörte? In der Ablehnung dieser Musikpublizistik hättest Du mich an Deiner Seite -
nicht jedoch darin, die Imitatoren als Beleg gegen den ins Feld zu führen, den sie so unbeholfen imitiert haben.

Gruß, Gomez

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Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:

Dein Eingeständnis, Adorno nicht gewachsen zu sein, indem Du Dich
von vornherein auf Sprachkritik verlegst, ist wenigstens ehrlich

Dieser Satz impliziert etwas, das so nicht akzeptierbar ist, nämlich dass Sprachkritik etwas insubstanzielles sei. Ganz das Gegenteil ist jedoch der Fall! Denn wer will schon sinnlose Sätze gesagt haben?
 
Es bleibt offen, ob die Menschheit am Verblöden ist.

Ich meine jedoch, dass in unserem Zeitalter alles schnell gehen muss, das ist wie bei fast-food schnell rein- kurzer genuss und vermeindliche Befriedigung. Das ist mit der Musik auch so. Die Menschen haben's hastig. Wenn ich mir "New Age Piano" wie Yiruma oder Yann Tiersen (Oder was weiss ich) anhöre, geht es vor allen Dingen um das schnelle Auslösen von Emotionen. Diese Musik mag womöglich "schön" sein, hat jedoch keinen Tiefsinn. An den heranzukommen kostet einen einige Anstrengung und aufmerksames Hineinhorchen - Das bedeutet vielen jedoch viel zu viel Mühe. Alles muss auf "zack" gehen. Alles muss schnell gehen ...wenn man überlegt:
Früher musste man einen weiten Weg hinter sich lassen, um einen Freund zu besuchen. Heute geht man in Facebook und man hat alle seine +200 "Freunde" auf einem Schlag aufgelistet. Man chattet, statt sich zu treffen...das ist zeitsparend und schnell!... Um jemanden eine Nachricht zu schicken müssen wir nicht erst Briefpapier kaufen, alles sorgfälltig aufschreiben und zur Post rennen. Wir öffnen einfach unser Handy und schreiben eine schnelle sms oder eine mail... So werden wir immer ungeduldiger und verlieren womölich die Gabe hineinzuhorchen, aufmerksam zu sein und bewusst zu leben. Dieses Verhalten überträgt sich vielleicht auf die Musik :)
 

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