Verpönte Klassische Musik

von in Nuancen unterschiedlichen Interpretationen abgesehen ist die klassische Musik ziemlich statisch. Und statische Sachen finden die meisten einfach weniger interessant, werden deshalb auch weit weniger kommerziell beworben und genutzt und sind so ganz automatisch "unterrepräsentiert".

kann man das wirklich so verallgemeinern? einerseits gibts gar nicht wenig neue und sogar in Maßen populär gewordene "E-Musik" (Glass, Pärt, Gorecki usw.) - andererseits frage ich mich, was denn dynamisches anstelle von statischem in stark frequentierten Museen aufbewahrt wird... sind Gemälde von Monet oder Renoir statisch oder dynamisch? also das Interesse an dynamischen Sachen bzw. Desinteresse an vermeintlich statischen kann ich nicht nachvollziehen.

Gruß, Rolf
 
Rolf, mir entgeht gerade die Missverständlichkeit der Studie... Geht es dir um den Ausdruck "Hochkulturschema"? Der ist dort im Verlauf der vorhergehenden theoretischen Diskussion als Fachterminus eingeführt worden...

Hebi, das hier:

Ich denke, dass etliche der heute "ältere Generation" sich als "gebildet und intellektuell" von dem "allgemeinen Volk" absetzen wollten und dazu gewisse "Standesinsignien" definierten.

mag stimme noder auch nicht, aber es betrifft jedenfalls nur die Altersdimension - die Korrelation von Bildung und Musikgeschmack, die die Studie erfasst hat, bleibt davon völlig unberührt.

Übrigens gibt es einfach so viele klassische Kompositionen, dass alleine deshalb schon wirklich jahreslanges Musikhören nötig ist, um einen Eindruck von Statik bekommen zu können... Und du glaubst doch nicht, dass ein größerer Anteil der Hörer neuer Musik diese vorzieht, weil er sie als etwas musikgeschichtlich Neues in Relation zum schon dagewesenen setzt?
 
Rolf, mir entgeht gerade die Missverständlichkeit der Studie... Geht es dir um den Ausdruck "Hochkulturschema"? Der ist dort im Verlauf der vorhergehenden theoretischen Diskussion als Fachterminus eingeführt worden...

nein, ich beziehe mich nur auf die etwas unglücklichen Formulierungen in der Ankündigung dieser Studie: "höher Gebildete" dazu "höheren Alters" usw könnte dazu verleiten, sich bewußt von solchen Exemplaren abzugrenzen a la "das war ja eh klar, dass Opern was für arrogante Großkopfete ist" etc.

wenn sich "Bildung" auf "Kultur" bezieht, wird es immer Missvertändnisse geben - wenn sich "Bildung" auf "Naturwissenschaften" bezieht, ist die Ehrfurcht groß ;)

ganz harmlos in diesem Sinne (wer erinnert sich nicht daran, dass es zu Schulzeiten die "Laberfächer" waren, welche sich mit "Kultur" befasst hatten?)

Gruß, Rolf
 
Ich würde auch nicht von "verpönter" klassischer Musik sprechen. Eher von unentdeckter, unvermittelter. Wer das Glück hatte, auf seinem Lebensweg auf Menschen zu treffen, seien es Eltern, Lehrer, Freunde, die ihm den "Zugang" zur Klassik eröffneten, der wird sein Leben lang aus dieser Quelle schöpfen können. Ich habe als Student Freunde listig beschwatzt, in Konzerte mitzukommen, die noch nie einen Konzertsaal, eine Kirche oder ein Opernhaus betreten , dafür aber um so mehr Vorurteile hatten. Einer davon ist heute Initiator des Fördervereins der Oper einer BL-Hauptstadt. Andere berichten mir heute noch von ihren aktuellen Konzert oder Opernerlebnissen. Wenn jeder Klassik-Freund nur ein oder zwei anderen helfen würde, die Hemmschwelle - meistens ist es nicht mehr- zu überwinden, hätten wir eine Verdoppelung oder Verdreifachung der Zuschauerzahlen! Das scheint mir pragmatischer als intellektuelle Debatten über "höhere Bildung" und "Hochkultur" u.ä....
 
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Ich denke, es gibt sicher niemanden, der Klassik grundsätzlich ablehnt. Das wäre so als würde man sagen "mir schmeckt Essen nicht". Will heißen: Klassik ist, musikalisch gesehen, die wohl vielseitigste Musik und bietet im Grunde für jeden Geschmack etwas. Das Problem ist nur, sie lässt sich nicht so leicht "konsumieren", wie die nach Massenkompatibilität durchgenormte Popmusik. Außerdem fehlt ihr vergleichsweise klangliche Vielfalt und natürlich der tanzbare Rhythmus.
Will man mit Klassik ein breites Publikum erreichen, muss man sie in ein entsprechendes Format bringen, sprich: Andre Rieu, Best of Mozart als Weihnachtsgeschenkbox oder Pseudoklassik a la Rondo Veneziano. Und will man mit Klassik sogar cool sein, muss man sie mit einem Beat unterlegen und dazu rappen, wie Cypress Hill u.a..
 
Meine Erfahrung ist, daß viele nicht geübt sind im Zuhören, d.h. wenn man ihnen mal ein klassisches Stück vorspielt, dann beginnen sie sich zu langweilen, sind abgelenkt und in Gedanken schon ganz woanders, bevor das Stück richtig begonnen hat.

Das habe ich schon beobachtet, bevor ich mit dem Klavierspielen begonnen habe.

Diese Unkonzentriertheit (latente Hibbeligkeit?) zeigt sich selbst beim (von mir so gehaßten) Fernsehen: viele Fernsehkonsumenten sind schon lange keine Zuschauer mehr, weil sie kaum noch richtig hinsehen. In unserer multimedialen Umgebung wird nebenbei gechattet, gesimst, gesurft.

Fairerweise muß ich aber zugeben, daß sich auch bei mir eine Tendenz entwickelt hat, Kinofilme auf DVD zu lang zu finden. Manchmal wünsche ich mir, daß die Filmemacher eine Obergrenze für die Länge einhalten müssen :D
 
Was haltet ihr denn nun von einer solchen Umfrage?

Ich dachte an einen Stil in der Form folgender (und noch mehr) Fragen:

- Was verbindest du mit dem Begriff "Klassische Musik"
- Wo, wann, wie oft kamst du mit KM in Berührung?
- Gefiel dir die Musik gut / schlecht (warum?)
- Wenn sie dir gefiel, warum hast du dich nicht weiter damit befasst?
- Falls du noch nie aktiv mit der Musik in Berührung kamst, warum beschäftigst du dich nicht mal damit
usw. usf.
Dann könnte man der Person zum Beispiel irgendein klassisches Stück präsentieren und weiter fragen, wie das auf die Person wirkt, welche Assotiationen und Menschen sie damit verbindet, ob sich die Wahrnehmung verändert, wenn das Stück einmal, zweimal, fünfmal gehört wird, ob sie sich weiter damit beschäftigen würde, ......

Ich fände das echt spannend!


Ich finde es nicht spannend... ich frage mich, was man da finden will!?

DAS fände ich spannend. Liebe Stilblüte, was genau willst Du da für Dich klären?

Halten wir fest:

1. Es gibt klassische Musik
2. Es gibt viele andere Arten von Musik
3. Es gibt keine "schlechte" oder "gute" Musik (oder Musik, die "dumm" macht, die gibt es nicht)
4. Jede Musik hat ihre Hörerschaft, ihre Fans. Einige Personen werden krank, wenn sie klassische Musik hören, bei WDR4 geht ihnen das Herz auf. Das kann man nicht kritisieren, nur feststellen.
5. Der erste Hörer einer bestimmten Musik ist ihr Erzeuger. Manchmal ist es auch der einzige Hörer.

usw.

Der Punkte gäbe es noch viele.

Ich halte niemandem seinen Musikgeschmack vor und halte meinen Musikgeschmack auch nicht für "besser", "gebildeter", "höherwertig". Das schafft nur Gefälle zwischen den Menschen. Wozu?! Meine Mutter mag die Musik nicht, die ich komponiere, sie hört lieber Romantik und nicht moderne klassische Musik. Als studierte Geigerin musste sie sich seinerzeit auch mit der Modernen auseinandersetzen. Das lag ihr überhaupt nicht. Wozu die Leute herabsetzen, die es nicht schaffen, sich mit der Klassik oder Modernen anzufreunden? Wer der hier schreibenden Mitglieder ist so begeistert von der Modernen, dass er außschließlich nur Moderne Musik hört, spielt und vertritt? Hier herrscht doch einvernehmlicher Stilmix und das ist gut so!

Musik IST.

Und: Mitte November kommt Fame ins Kino!

Trailer gibt es hier:
http://www.youtube.com/watch?v=uFOy16aGff4
(schönes neues Arrangement, mit Hip-Hop Elementen, war dür mich etwas gewöhnungsbedürftig!)

Und wenn ich Euch was verraten darf (aber bitte nicht weitersagen): Mutti geht rein und s(w)ingt natürlich alle Songs mit. Die meisten SchülerInnen kommen mit und dann wird es lustig!!

Die Noten habe ich natürlich schon seit 1980...

und DAS hier mache ich, wenn ich selbst Musik komponiere:
http://www.youtube.com/ViolaKramer


Mit offenem Herzen und Geist sind verschiedene musikalische Welten kein Widerspruch sondern EINE Welt. Die musikalischen Codes sind überall die gleichen. Es gilt einfach nur zu akzeptieren, was IST. Die einen beschäftigen sich mit Klassik, die anderen im Moment nicht (kann sich auch ändern). Warum das so ist ist meistens Zufall. Ein schöner Kinofilm - und plötzlich wollen alle Schumann spielen... oder Alban Berg vielleicht, wenn mal darüber ein Film käme...

DAS hier haben seinerzeit meine Schüler gespielt...
http://www.youtube.com/watch?v=4r9W-FjyYss&feature=related



Alles Liebe

Viola
 
Der Zugang zur klassischen Musik ist wirklich schwer. Obwohl in dieser Musik auch viel nach Schema komponiert wurde (Sonatenhauptsatzform, Fugenregeln etc), ist es schwerer diese Schemata zu erkennen, als das typische Pop-Schema: Intro-Strophe-Refrain-Strophe-Refrain etc Die meisten Leute wissen ja nichtmals, dass die meisten klassischen Stücke in Sätze unterteilt sind.

Wenn man sich dann mal entschließt offener zu sein, dann steht man vor einem enormen Problem. Man muss erstmal verstehen, dass es nicht DIE EINE CD zur Pathetique gibt, sondern tausende von Einspielungen mir unterschiedlicher Tonqualität und unterschiedlichen Interpretationen. Das heißt, wenn man nicht einen Haufen Fehlkäufe machen will, muss man sich erstmal informieren, welche Einspielungen für Anfänger geeignet sind. Dann gibt es da millionen von Namen bzgl der Orchester, Dirigenten, Solisten, Komponisten usw.

Man könnte sagen, dass man als Klassikhörer auch eine Art Sportler ist :D
Man muss halt quasi gewisse Hürden überwinden, persönliche Rekorde aufstellen. Man kann mir erzählen, was man will, aber Kammermusik ist sicher ungeeignet für Anfänger. Erst wenn man ein paar Fortschritte gemacht hat, ein paar Symphonien und Klavierkonzerte und Messen kennt, dann kann man sich mal an ein Streicherquartett wagen - ein persönlicher Rekord sozusagen :)
 
Ich finde es nicht spannend... ich frage mich, was man da finden will!?
DAS fände ich spannend. Liebe Stilblüte, was genau willst Du da für Dich klären?
Ich möchte gar nichts für mich klären, ich möchte herausfinden, warum sich die Geschmäcker bzw. der "Mainstream" so entwickelt, wie er es tut.
Ich möchte nicht behaupten, dass klassische Musik nur für eine (gebildete oder nicht) Randgruppe der Gesellschaft gedacht oder geeignet ist.
Ich schiele in den Asiatischen Raum und stelle fest, dass Lang Lang dort gefeiert wird wie ein Superstar und meine gehört zu haben, dass 80 Millionen Chinesen Klavierspielen lernen wollen...?
Also ist die klassische Musik überhaupt nicht zu kompliziert.
Es muss wohl doch am Image liegen.
 
Ich möchte nur EINEN Punkt herausgreifen: Die Schule :evil:. Zu "meinen Zeiten" habe ich bis zum Abitur einen guten Überblick über die wesentlichen Epochen/Stile der Musik vom Barock bis in die Gegenwart systematisch, mit vielen Hörbeispielen, "Hörhilfen", Analysen.... von engagierten Musiklehrern vermittelt bekommen. Da, wo ich die heutigen Lehrinhalte überblicke, sehe ich lustlose Musiklehrer, die die Stunden vertrödeln, unslngbare Lieder einstudieren, mit Klassik selbst wenig bis nichts "am Hut" haben.... Von einer systematischen Vermittlung im o.g. Sinne ist keine Rede.... Beispiel: Heute wollen wir uns mal eine Fuge anhören. Es wird euch sowieso nicht gefallen. Aber ihr habt mal eine gehört..:rolleyes:. Thema zu Ende. Es ist hoffentlich nicht überall so. Doch habe ich da keine großen Illusionen. So lange Kunst und Kultur in der Schulbildung ein Schattendasein führen bzw. mit unsinnigen Inhalten überfrachtet sind, wird sich auch nichts ändern, eher schlimmer werden.
 
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Also ist die klassische Musik überhaupt nicht zu kompliziert.
Es muss wohl doch am Image liegen.

Image, genau, aber das ist eben wie es ist. Hier in Europa wartet die Eso-Szene mit klassischer Japanischer oder Chinesischer Musik auf. Ich denke, es sind einfach Moden, und genau DAS finde ich gut so. Das mit dem "guten" oder "schlechten" Musikgeschmack oder der Verdummung kam nicht von Dir, liebe Stilblüte sondern habe ich dem Gesamtfaden entnommen. Sorry, wenn das bei Dir falsch ankam. Klassische Musik ist wirklich nicht so kompliziert und man kann nicht den Formen der Musik zB der Sonatenhauptsatzform irgend eine Schuld geben, dass die klassische Musik nicht verstanden wird. Mir fällt es nicht mehr ein, aber es gibt auch Pop-Musik in Rondoform... ich suche noch mal.

Moden entstehen so:
(Original O-Ton!):
Fürstin x sagt zu y: "Oh, mein Herr Haydn hat da aber ein furchtbares Stück komponiert, das hat mich fast vom Stuhl gehauen, so habe ich mich erschrocken. Böse, böse, der Herr Haydn!" Woraufhin Gräfin Y sagt: "Echt, voll krass, Du Ärmste, Du bist wirklich geschlagen mit diesem Mann! Lass mir mal die Noten kopieren, ich will wissen, worunter Du so leidest!"

Damals hatte diese Art der Klassik eher den Status der heutigen Pop-Musik: unterhaltend, provozierend, revoluzionierend, die Geister spaltend...:
"mein Komponist ist aber viel besser als Deiner!" Heute spalten sich die Kiddys in pro HSM oder contra HSM...

Bei mir spielen alle alles. Nur ein Genre kann ich nicht bedienen und will ich auch nicht: Roy Black und Konsorten. Da kenne ich mich null aus und - ehrlich gesagt - will ich das auch gar nicht mehr wissen, was da abgeht. Allerdings sind die Lieder von diesem unsäglichen Rolf Schundkowsky aus der gleichen Szenerie ohne sein furchtbares Arrangement völlig nett und brauchbar. Da mache ich dann eine Ausnahme. Schließlich wird sein Geburtstagssong mittlerweile in allen Kindergärten und Altenheimen mitgesungen.

PS: Ja Gubu, in den Schulen sollte es eine umfangreiche Übersicht über viele Musikstile und Epochen geben, auch Rock und Pop. Leider scheitert das oft an der musikalischen Vorliebe des betreffenen Musiklehrers, der andere Musikstile "ablehnt", nicht versteht, oder einen Brechreiz davon bekommt. Wie kann man den Schülern Sting nahebringen, wenn man ihn für einen schlechten Popmusiker hält?!


Alles Liebe

Viola
 
Identifikation

Hallo, ich habe zwar nicht alle Eure Beiträge komplett gelesen, meine aber, dass bis jetzt ein Aspekt ganz fehlt.

Fast die ganze Pop-usw.-Szene lebt von der menschlichen Stimme und vom Schlagzeug. Reine Instrumentalmusik ist eher selten.

Die Fans wollen sich identifizieren können - meist mit dem Sänger oder der Sängerin. Ein bisschen singen kann jeder, aber so ...... oooh! Wie toll der (oder die) singen kann!

Begleitung und vor allem Schlagzeug dazu, dann weiß der Fuß, wann er wippen muss, oder der ganze Fan, wie der Rhythmus geht. Im Volltakt oder off-beat, wenn es hoch kommt.

Eine schmachtende Stimme (oder anders, je nach Stil) und viel Drum-Drum, einfache Harmonien, dann war das mega-geil! Man kann mitsingen oder mitgrölen, je nachdem.

Gassenhauer und Ohrwürmer waren immer schon einfach gestrickt, Beethovens Ode an die Freude spielt ja fast auch nur im 5-Tonraum.

Die Identifikation mit einem Solo-Instumentalisten ist da schon schwieriger. Dieses Fingergetue geht nicht so nahe wie Gesang. Ist es dann noch rhythmisch anspruchsvoll, weiß der Fuß nicht mehr so recht, wie gewippt wird, ja was ist dann? - Das ist halt nicht mehr so geil.

Blasintrumente sind da ein bisschen besser dran, sie haben den menschlichen Atem, mit dem man sich identifizieren kann. Bsonders die Stimmlagen der menschlichen Stimme - ein Saxofon, richtig erotisch!

Wenn anspruchsvolle Klavierfigurationen einen Harmonieteppich bilden ist das für einen Hörer "von draußen" nichts Besonderes, er ist ja eh einen Klangbrei gewohnt. Ein Nicht-Klavierkenner kann da nichts einschätzen, er bewundert höchstens die Fingertätigkeit, die er beobachten kann. - Aber das ist gar nichts gegen einen Gesangsvortrag mit mega viel Gefühl, oder mit Rockstimme gegrölt oder ....

Wir haben in unserer Klavierliteratur durchaus Paradepferde, die auch Außenstehende ansprechen, die Leute müßten einfach diese Stücke mal hören und life gespielt sehen.
Liszts Ungarische Rhapsodien, Albeniz´ Iberia, Gottschalks Sachen usw. Unser Konzertbetrieb hat viele dieser Sachen aber mangels Tiefgang ausgeblendet bzw. totgeschwiegen und schaufelt sich im elitären Wahn sein eigenes Grab.

Bach, Mozart, Beethoven in der 1263sten Ausdeutung, der Interpret der 1264ten Aufführung meint dann, die richtige Version gefunden zu haben. Währenddessen werden die Konzertsäle immer leerer.

Versucht wieder, Stücke vorzutragen, in denen der Bär tanzt. Die gibt es auch im klassichen Repertoire, auch auf einfacherer Ebene!

Euer am Nischendasein der Klassik mitleidender

Walter
 
Ich finde, es gibt schon einen Unterschied zwischen damaliger provokativer Haydn-Spaß-Musik und heutiger Popmusik.

Die Pop-Musik wird irgendwie "vermasst" - der Schwerpunkt liegt ganz woanders.
Jeder Mensch kann singen, und wenn man es denn mal praktizieren würde, kann im Prinzip auch jeder mensch gut singen.
Ich bin mir nicht sicher - gib es mehr Sänger oder mehr Solo-Instrumentalisten? Ein neues Sternchen in der Popmusik erscheint mir unter den vielen nicht mehr als so etwas besonderes; es kommt weniger auf die herausragende, unverwechselbare Stimme an, sondern eher auf das Aussehen, die Coolness, wie man sich vor Publikum charakterlich präsentiert und wie die Medien das vermarkten.
Zwar ist die Medienpräsenz auch für Klassik-Musiker wichtig, aber es kommen nicht dauernd Meldungen über geschiedene Ehen und Drogen-Exzesse in der Klatschpresse.
Es kommt bei den Pop-Titanen darauf an, eigene, neue, möglichst ohrwurmige Lieder in möglichst kurzer Zeit auf den Markt zu bringen, während in der Klassik der Interpret selbst im Hintergrund steht und "alte" Musik im Mittelpunkt. Der konzertierende gibt "nur" seine Interpretation dazu.

Vielleicht liegt es auch daran - die Klassik ist ein bisschen stehen geblieben. Es wird zwar wohl Neues komponiert, aber das ist in den Köpfen längst nicht so präsent wie "Mozart und Bach", man spielt wieder und wieder die alten Sachen, und es gibt kaum lebende, komponierende, praktizierende klassische Musiker, die in den Köpfen der Leute präsent sind.
Der letzte, der mir auf Anhieb einfällt, wäre Messiaen, was die Klaviermusik zumindest angeht; und die Musik ist wohl für den Durchschnittsmenschen noch viel weniger bekömmlich als romantische Musik.
Man versucht ständig, Neues zu schaffen, aber vielleicht gelingt das in der modernen E-Musik nicht immer auf eine Weise, die die Leute ansprechen kann.
Stattdessen hat sich die U-Musik etabliert und produziert laufend neue Musik, wer braucht da noch merkwürdig anmutende E-Musik oder alte Sachen von früher?
 
Paganini hatte seinerzeit einfach einen Kult-Status so wie heute mancher Popstar. Ich sehe da null Unterschied. Clara Schumann im übrigen auch. Die haben genau wie heute Business gemacht. Leopold war da auch ganz clever drin, Durchhänger gab es auch bei Michael Jackson, Pleiten bei Händel wie bei André Rieu, also ich sehe da weder im Produkt noch im Lebenswandel irgend einen Unterschied.

Auch Mozart musste Masse machen, produzierte eigene, neue, möglichst ohrwurmige Lieder in möglichst kurzer Zeit um sie auf den Markt zu bringen, Wagner hat bestimmt nicht nur aus humanitären Gründen sein Haus gebaut und da einen riesigen Betrieb installiert. Oder musste er irgendwie Sponsorengelder verbraten? Nö, noch heute strömen dort die Massen hin, das Haus ist auf Jahre hin ausverkauft. Also wenn das nicht Pop-Status hat, dann weiß ich es nicht.

Was unterscheidet einen Menschen von einem anderen, wenn beide verschiedene Musik hören! Nichts. Es ist und bleibt einfach MUSIK, der gelauscht wird.

Liebe Stilblüte,
es ist gängige Auffassung, dass die Komposition nur die Grundlage für eine Interpretation sein kann. Ein Interpret lässt eine Komposition erst erblühen - oder sterben. Was sich der Komponist dabei gedacht haben könnte.. das ist absolut zweitrangig, auch wenn viele Kollegen ihre Zuckungen kriegen, weil ihre Kompositionen verhunzt werden und sie sich das völlig anders gedacht haben. Für das Publikum ist nur wichtig, was der Interpret aus einer Komposition macht, in dem Moment, im JETZT. Eine schlechte Komposition ist gut performt ein Ohrenschmaus, eine gute Komposition kann ein Einfaltspinsel am Instrument völlig versauen. Die unkaputtbare Komposition Marke "Für Elise" gibt es eher selten. Kein guter Interpret stellt sich in den Hintergrund so wie Du das beschreibt sondern er benützt seine musikalische Persönlichkeit um der Komposition Ausdruck zu verleihen und ist damit auch der Sache dienlich. An diesem Punkt sind wir uns einig.

AL

V.
 
andere Seite

Meinem vorstehenden Beitrag muss ich noch ergänzen. - Wir schreiben hier nur vom hören, konsumieren, im Konzert erleben. Musik zum Tanzen?

Seit über 100 Jahren (wieviel genau?) ist Tanzmusik keine klassische Musik in unserem Sinn. Da war die leichte Muse, Schlager, usw.
Auch die "klassischen Tänze" werden nicht auf klassische Musik getanzt.

Auf Parties hört man die Klänge der aktuellen Charts als Hintergrundsmusik. Unsere Klassik mit ihrer dynamischen Spannweite wäre als Hintergrundsmusik ziemlich ungeeignet, obwohl sie im Barock bei höfischen Festen immer Hintergrundsmusik spielen musste. Wäre mal interessant, wie die damals die leisen Stellen während des Volksgemurmels gespielt haben. Mit dem heutigen pp müssten leise Stellen immer untergegangen sein.

Die Leute hören heute eben die Musik der Discos und der Parties nebenher zur Berieselung und haben keinen höheren Anspruch.

So ganz nebenbei: der erste, der meines Wissens ausgesprochene Weghörmusik geschrieben hat, war Eric Satie. Welches Klavierstück sollte wie oft wiederholt werden .... ? Er hat wohl geahnt, wohin die Reise gehen wird.

Walter
 
Hey Walter,
ist Wiener Walzer keine Klassik?! Also reine Popmusik der Herren Strauß und Co! Man lernt nicht aus. Und die Ballettmusiken von Stravinsky und Consorten sind ebenfalls keine Tanzmusik! Ich denke, das siehst Du vielleicht ein wenig eng, wenn ich das mal so als Eindruck wiedergeben darf.
Telemann hat im übrigen sehr viel Hintergrundmusik komponiert, nur mal so nebenbei. Bei meinem Zahnarzt letztens lief zur Beruhigung Vivaldi! Vivaldi senkt das Schmerzempfinden nachweislich um fast 30% und läßt die holländischen Tomaten besser wachsen. Kein Scherz!

Hier in Aachen hat das Sinfonierorchester klassische Kompositionen Open Air gespielt und dazu liefen Pferde diverse Dressurkunststücke. Why not, ich habe da nichts dagegen. Das ist eben Business...

Ich kenne im übrigen einige DJ, die eine sehr profunde Kennerschaft aller Musikrichtungen haben und benutzen. Papa Stockhausen ist dort ein ganz großer in der Szene, als Inspirator und Vordenker. Und diese DJ machen bestimmt eines nicht: Weghörmusik. Klar, es gibt Menschen, denen das nicht gefällt und die müssen dann eben: weghören...

Also was ich grundsätzlich sagen will ist, dass es hier in diesem Faden sehr viel um Klischees geht, die sich hier manifestieren.

Nun ja.

Auch das ist in Ordnung.

Viel Spaß noch beim Klischeesammeln.

;)
 
Liebe Viola,

ich muss dir leider mitteilen, dass du nicht im entferntesten verstanden hast, was ich gemeint habe.
Woran das nun liegen mag, will ich nicht weiter erörtern, möglicherweise hab ich mich auch völlig unverständlich ausgedrückt; jedenfalls wirkt deine Antwort auf mich so, als würdest du mir die Worte im Mund herumdrehen und Dinge berichtigen, was ich nie behauptet habe.
Ich möchte das kurz berichtigen:
es ist gängige Auffassung, dass die Komposition nur die Grundlage für eine Interpretation sein kann.
"nur die Grundlage" ist meiner Meinung nach hier er falsche Ausdruck. Das ist, wie wenn man sagt, dass Tiramisu eben nur die Bezeichnung für einen Nachtisch ist, und man damit anstellen kann, was man will. Dabei ist es gerade dieses charakterliche bzw. materielle, namentlich gekennzeichnete Sein, welches ein Musikstück oder ein Tiramisu ausmacht, und ob man jetzt Malaga oder Amaretto nimmt, so oder anders interpretiert - es bleib doch dasselbe Ding, und genau das ist auch das tolle an dem Ding. Natürlich geht das leckerer oder weniger lecker, und man kanns auch völlig verhuntzen, wenn der Käse verdorben ist...
Was sich der Komponist dabei gedacht haben könnte.. das ist absolut zweitrangig
Ich hoffe inständig, dass du mir nicht unterstellst, sowas zu denken; falls nein, wessen Ansicht soll das dann sein? Kein ernstzunehmender Musiker wird sowas behaupten!!! Falls ja - wie kommst du darauf?
Kein guter Interpret stellt sich in den Hintergrund so wie Du das beschreibt sondern er benützt seine musikalische Persönlichkeit um der Komposition Ausdruck zu verleihen
Bitteschön, was soll das heißen? Ich zitiere mich selbst:
Es kommt bei den Pop-Titanen darauf an, eigene, neue, möglichst ohrwurmige Lieder in möglichst kurzer Zeit auf den Markt zu bringen, während in der Klassik der Interpret selbst im Hintergrund steht und "alte" Musik im Mittelpunkt. Der Konzertierende gibt "nur" seine Interpretation dazu.
Ist das wirklich so missverständlich ausgedrückt? Hier steht doch ausdrücklich, dass der Konzertierende (= Interpret) seine Interpretation dazugibt. Er tut nicht mehr und nicht weniger - das Stück existiert bereits, und er nimmt sich dessen an. Unter Interpretation verstehe ich sämtliche Dinge, die ein Pianist zu tun hat, inklusive der Beschäftigung mit den möglichen Absichten des Komponisten.
Im Hintergrund steht der Interpret deshalb, weil es nicht auf ihn selbst ankommt, wenn er auf der Bühne ist. Ich gehe nicht ins Konzert, weil ich Lang Lang herumhampeln sehen will, nicht weil ich seine Komposition hören will, nicht weil ich seine tollen Klamotten und das Bühnenbild sehen will (all das trifft doch auf Pop-Sänger zu, auch wenn die teilweise nicht mal selbst komponieren...). Der klassische Interpret steht im Hintergrund, weil es um die Musik eines anderen geht, und sein Beitrag dazu ist seine pesönliche Interpretation. Selbstverständlich ist mir nicht egal, ob vorne Lang Lang oder Kissin spielt. Aber ein guter Pianist muss nichts beweisen, er muss nur authentisch sein und spielen. Wenn der Musiker gut ist, vergisst man, dass er da ist.

Ich hoffe, ich habe mich nun deutlicher ausgedrückt...:confused:
Ich glaub, die Diskussion hier kann mir nicht viel Antwort auf meine Überlegungen geben.

etwas frustriert,
Stilblüte
 
Liebe Stilblüte, nun fühle Dich mal nicht unverstanden :). Ich glaube, ich verstehe Dein Anliegen, Deine Fragen gut. Allerdings muss ich zugeben, dass ICH sie mir seit 20-30 Jahren nicht mehr stelle.;) Du hast in #1 eigentlich in Deinen Fragen die Antworten schon weitgehend mitgeliefert. Ich meine, eine Umfrage, so wie Du es vorschlägst, würde wenig ergiebig sein....
Der "Geschmack" der Menschen ist nun mal verschieden. Warum er mal so und mal so ist, hängt von sooo vielen Prägungen ab.... Einige sind ja hier angesprochen worden. Viel wichtiger scheint MIR, es nicht aufzugeben, für klassische Musik bei jeder sich bietenden Gelegenheit geschickt zu agitieren, denn wer soll es tun, wenn nicht die "Verrückten" :D?
Liebe Grüße, gubu
 
Liebe Stilblüte.

Sorry, wenn mein Schreiben bei Dir zum Frust führt, das ist nicht meine Absicht. Was meinst Du, was ich nicht verstehe?

Ich verstehe, dass Du eine Umfrage machen möchtest, eine Umfrage, warum sich nicht "mehr" Leute für klassische Musik interessieren. Das möchtest Du machen, um zu verstehen, wie man mehr Leute für klassische Musik begeistern kann.

Ich verstehe, dass Du sehr begeisterter Musikfan bist. Aber eben ein Fan klassischer Musik und Du findest es scheinbar schade, dass nicht mehr Leute Deine Vorliebe teilen. Und nun willst Du wissen, wie man das verbessern kann?

Habe ich Dich jetzt "richtig" verstanden? Oder klemmt es da irgendwo bei mir?

Alles Liebe

Viola

PS: vielleicht ist es wirklich eine Frage des Alters... wie gubu schon anmerkte. Wenn man von einer Sache begeistert ist, dann kann man auch andere begeistern! So kannst Du viel für die Musikrichtung tun, der Du persönlich anhängig bist!
 

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