Übertragen von weißer Mensuralnotation, Proportionen

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pjheinrich

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Hallo liebe Forianer,

für ein Konzert bin ich gerade dabei ein paar Madrigali (Cipriano de rore, Padovano, ...) in 'moderne' Noten zu übertragen. Der Zeit entsprechend sind die Originalnoten in weißer Mensuralnotation geschrieben. Nun ist es schon ewig her, dass ich das letzte mal eine derartige Übertragung vorgenommen habe, und ich kann mich beim besten Willen nicht mehr - auch nach dem Lesen einiger Unterlagen - wie die Proportionen korrekterweise übertragen werden müssen. Ich habe eine Seite des Erstdrucks angehängt und die entsprechende Stelle rot markiert, um mein Problem etwas zu verdeutlichen.

wiedas.PNG


Um ein 'vernünftigeres' Notenbild zu erhalten, habe ich generell bei der Übetragung die Notenwerte halbiert. D.h. für mich gilt:

Brevis = Ganze
Semibrevis = Halbe
Minima = Viertel ... etc.

So funktioniert das eigentlich ganz gut. Problematisch wirds halt ab dem "3er" in den Noten. Soweit ich weiß, bedeutet das ja, dass alle Noten nun auf 1/3 ihres Wertes reduziert werden; so steht das auch in https://en.wikipedia.org/wiki/Mensural_notation. ... Aber gemeinsam mit der neuen "Taktangabe" (tempus perfectum prolatio minor diminutem), bin ich nun überfordert, und schaffe es nicht wirklich, die markierten Noten zu übertragen.
(Allein wenn dann diese schwarzen Kolorierungen dazukommen - was entspricht welchem Notenwert?)

Vielleicht kann mir jemand von euch ein bisschen auf die Sprünge helfen, ich bin momentan leider etwas ratlos.

Liebe Grüße aus Graz,
pjheinrich
 
Wahrscheinlich ist das Thema nicht mehr aktuell, bzw das Problem schon erledigt worden @pjheinrich. Aber hier trotzdem meine Interpretation:

Um die Tempoproportionen festzustellen, kann man die neue "Taktangabe" zuerst ignorieren. Wenn da die Angabe "3" nicht wäre, würde das einfach heißen Minima=Minima. Hier haben wir also Minima=3 Minima.

Die "Taktangabe" brauchen wir jetzt, um zu wissen wie viele Minimen die jeweiligen Töne enthalten. Tempus perfectum prolatio minor bedeutet: Brevis = 6 Minimen, Semibrevis = 2 Minimen. (Die Diminution spielt dafür streng genommen keine Rolle, allerdings war schon ab ca 1550 die Notation in dieser Hinsicht manchmal ein Durcheinander.)

Bei der ersten Brevis nach dem "Taktwechsel" handelt es sich um eine Imperfektion durch die darauffolgende Pause.

Schwarze Coloratio = das was perfekt war, ist jetzt imperfekt. Also: Schwarze Brevis = 4 Minimen während "normale" Brevis = 6 Minimen. Bei Semibreves (=2 Minimen) gibt es keinen Unterschied.

Das heißt, für Deine Übertragung, dass die "weißen" Semibreves Vierteltriolen sind, und die schwarzen Breves Halbetriolen.
 
Hallo @kitium ,

danke für Deine Antwort. - Ich habe mir einstweilen anders beholfen und das als Hemiole interpretiert, was mich letztlich auf folgende Übertragung geführt hat:

oderdochso.png


... also ich hab' den "Takt" dann gewechselt in einen 3er. Ich verstehe deine Interpretation aber auch; in wie weit ist denn meine Möglich bzw. "zulässig"? Oder sehe ich das viel zu streng? ... den Satz, den ich so erhalte, scheint mir zumindest plausibel.

Liebe Grüße aus Graz,
pjheinrich

PS: Entschuldige die späte Antwort, aber ich bin momentan etwas sehr eingedeckt aufgrund meines eigentlichen Berufes ;)
 
Liebe Kollegen, bin neu in diesem Forum und nicht sich ob ich hier reinschreiben darf, oder ein neues Thema eröffnen kann /darf. Möchte auf jeden Fall niemand verärgern. Ich suche jemanden, der eine sehr kurze Passage in Mensuralnotation (etwa 10 Noten), die auf unserem Altar (1482) zu sehen ist, in moderne Notation übertragen kann. Im Anhang ist ein Foto von jeweils zwei Engeln, die aus einem Notenblatt singen. Nicht alle Notenzeilen sind deutlich sichtbar, aber vielleicht gelingt es euch doch das Nötige herauszulesen. Es ist mein Herzenswunsch diese Melodie zu hören. Ich wäre für eure Hilfe sehr dankbar. LG Simon
 

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  • Pacher Altar Engel.pdf
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Es könnte sein, dass im Lauf der Jahrhunderte mal ein anderer Maler "nachgebessert" hat und dabei die Notenlinien nur halb nachgezogen und aufs Geratewohl irgendwelche Noten nach dem Muster der noch vorhandenen hingepinselt hat. Das Notenblatt auf dem rechten Bild lässt sich kaum noch sinnvoll übertragen. Den Text würde ich als "Gaudeant angeli" mehr raten als lesen. Der auf dem linken Bild ist unleserlich. Einen Notenschlüssel kann ich nicht erkennen, da könnte ich auch bestenfalls raten.
 
Vielen Dank für eure Kommentare. Ja, genau Pacher Altar in St. Wolfgang. Lässt sich eure Meinung nach zumindest ein Teil übertragen, auch wenn der Rhythmus nicht klar ist. Bitte um Rückmeldung - es ist mir viel wert.
Alles Gute Simon
 
Hallo Maestro, vielen, vielen Dank für deine Mühe. Schade, dass kein Schlüssel bzw. Vorzeichen zu sehen sind. Da kann man nur annehmen, dass es sich um C Dur handelt, oder?
 

Hallo Maestro, vielen, vielen Dank für deine Mühe. Schade, dass kein Schlüssel bzw. Vorzeichen zu sehen sind. Da kann man nur annehmen, dass es sich um C Dur handelt, oder?

Das glaube ich kaum. Das Dur-Moll-System gab es damals noch nicht.
Der erste Ton könnte ein C, D, E, F, G oder A sein.

Falls der Maler überhaupt eine Melodie als Vorlage hatte. Vielleicht hat er auch nur irgendwelche Noten gepinselt, ohne dabei an eine Melodie zu denken.
 
Sehr interessant danke. Das bedeutet also, dass man wirklich nur raten kann, wo die Halbtonschritte gewesen sein könnten. Grüße aus LA - die Stadt der Angels.
 

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