Hmmm… Ich habe ja zuerst bei „Trauermarschsonate“ an eine andere Sonate gedacht…:)
Der vierte Satz war stets der faszinierendste für mich. Es gibt wohl nicht viele Stücke die „unisono“ eine solche Komplexität bis hin zur Vierstimmigkeit erreichen. Zielt die gesamte Sonate auf den letzten Satz hin?
Das ist sicher nicht leicht zu sagen. Bei Skrjabins Gegenbeispiel wäre die Frage einfacher zu beantworten, da alle Sätze durch ein gemeinsames Basismotiv miteinander verbunden sind und letztendlich aus diesem Motiv der finale Trauermarsch entsteht. Diese Errungenschaft des umklammernden Basismotivs kann bereits auf Brahms Sonaten zurückgeführt werden und selbst Chopin hat das gemacht, allerdings erst in der h-Moll-Sonate. Was haben nun die Sätze der B-Moll Sonate gemeinsam? Alle haben eine Moll-Tonika, was zu dieser Zeit absolut unüblich war. Dass der erste Satz auf Dur schließt, ist ja erst mal nichts Ungewöhnliches. Konzertante Enden des Kopfsatzes waren recht üblich und der Abschluss in Dur könnte ja auf einen folgenden Dur-Satz schließen lassen, wie dies in der dritten Sonate geschieht, man erwartet es sogar. Stattdessen wird man von einem brutalen Scherzo weggefegt und hat das erst realisiert, nachdem es schon zu spät ist. Dass das Scherzo in Dur schließt könnte man wieder leicht akzeptieren, wenn nun endlich der versöhnende, langsame Dur-Satz folgen würde, stattdessen folgt der Trauermarsch. Es ist fast so, als wollte diese Sonate ins Licht streben und wird doch immer wieder in die Dunkelheit gerissen. Als ich den dritten Satz gelernt habe, hatte ich keine Pedalanweisungen und habe demzufolge zu jedem Viertel das Pedal gewechselt. Erst später habe ich in einer Ausgabe die Anweisung gesehen, nur zu jeder Takt-Hälfte zu wechseln, dadurch entsteht ein ziemlich cooler Effekt. Sehr ausgeprägt ist der Mittelteil des Satzes und durch die Wiederholungen nimmt dieser auch zeitlich einen großen Platz ein. Ich habe den A-Teil des Satzes stets als Darstellung der Hinterbliebenen und den B-Teil als Darstellung der erlösten Seele gesehen. Frei nach Brahms… Die Hinterbliebenen und nicht die Verstorbenen sind die Trauernden, die Trost benötigen, die Verstorbenen haben ihren Frieden gefunden. Für mich ist dieser Trauermarsch der Höhepunkt der Sonate. Was kann man so einem Satz nun folgen lassen? Skrjabin macht es anders und stellt den Trauermarsch gleich an das Ende der Sonate. Vielleicht wollte er damit sagen, dass er Chopins Sonate ähnlich interpretiert.
Vielleicht ist der vierte Satz absichtlich so gestaltet, dass er dem Trauermarsch nicht die Kraft nimmt und Chopin dennoch der „Pflicht“ eines finalen schnellen Satzes nachkommt. Vielleicht ist es wirklich ein musikalischer Scherz, nichts weiter als ein Säuseln der Blätter im Wind. Ein Streben der gesamten Sonate auf diesen finalen Satz hin, kann ich nicht erkennen.
Soweit ein paar schnelle, nächtliche Gedanken von mir…
Viele Grüße!