Tempo und Charakter bei Trauermärschen

Carnina

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Ich werf das Thema hier mal auf weil es mich einfach interessiert, auch wenn ich aktuell keinen mehr spiele.

Aber die Diskussion um das Tempo lässt mich nicht los.

Konkret gehts um den Trauermarsch von Beethoven auf den Tod eines Helden. In weiterer Folge auch um chopins marche funèbre.

Ich hab ursprünglich auch ein langsameres Tempo gewählt, weil es „Hörgewohnheiten“ waren. Dann hat man mir gesagt ich soll mich mal mit Trauermärschen auseinandersetzten und dabei fiel mir auf dass meine ursprüngliche Intention zu sehr vom Wort „Trauer“ beeinflusst war.


Bei Beethoven steht aber Trauer MARSCH auf den Tod eines HELDEN. Da sind also schon 2 Wörter drin die Anzeigen dass es nicht ein depressives hinter dem Sarg herschleichen von der Lieblingsoma ist.

Ich hab mir dann mal Trauermärsche grosser Staatsbegräbnisse rausgesucht und das ist nicht traurig, sondern pathetisch, feierlich, rhythmisch.

Also warum ist die landläufige Meinung dass ein trauermarsch ganz langsam gespielt werden soll? Vielleicht hab ich ihn wirklich zu schnell gespielt, das schließe ich nicht aus. Dass ich zu Temposchwankungen neige die da nicht sein dürfen weiß ich. Aber warum wird oft am Klavier nicht diese pathetische, feierliche Charakter angestrebt den man auf echten Märschen hört?

Was noch auffällt ist dass das bei JFK ein höheres Tempo ist, der ja unter tragischen Umständen verschieden ist. Anders als die Queen und thatcher die ein gesegnetes Alter erreichten.

Vielleicht ist die Überlegung Blödsinn. Aber irgendwie wär ich neugierig wie ihr das sehr. was spielt noch alles eine Rolle, für welches Tempo man sich entscheidet?

Ergänzung: Beim zweiten Video (Queen) vor allem ab 00:50min





 
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Vielen Dank für die Videos. Den Marsch von JFK finde ich sehr ergreifend, auch wenn die Menschen nicht im richtigen Takt marschieren, aber das kann an Verzögerungen der Übertragung liegen. Ich finde die Musik bei JFK sehr beeindruckend, fast gruselig. Der Windsormarsch berührt mich irgendwie gar nicht, vielleicht wegen der Umstände, die Amis spielen pathetischer als die Angelsachsen...
 
Vielen Dank für die Videos. Den Marsch von JFK finde ich sehr ergreifend, auch wenn die Menschen nicht im richtigen Takt marschieren, aber das kann an Verzögerungen der Übertragung liegen. Ich finde die Musik bei JFK sehr beeindruckend, fast gruselig. Der Windsormarsch berührt mich irgendwie gar nicht, vielleicht wegen der Umstände, die Amis spielen pathetischer als die Angelsachsen...
Ja ich hab ein besseres Video gesucht aber leider nicht gefunden. Zum Ende des Videos wird die Verzögerung dann noch deutlich schlimmer… 🤷🏼‍♀️
 
Interessantes Thema. Von Beethoven gibt es ja noch zwei weitere berühmte Trauermärsche: Der zweite Satz seiner 3. Sinfonie ist getragener als der zweite Satz der 7. Sinfonie, der eher etwas Federndes hat. Irgendwo habe ich mal gelesen, dass der Eroica-Trauermarsch mehr Pathos und Tragik (wohl hinsichtlich Napoleon) trägt, während der andere Trauermarsch nach Beendigung der Napoleonischen Kriege komponiert wurde und deshalb von der Hoffnung auf Frieden erfüllt ist.

Ein entscheidendes Kriterium für die Tempowahl ist auch die Einbettung in die übrigen Sätze, deren Tempo beeinflusst auch zumindest indirekt das Tempo des Trauermarsches.
 
Ein weiterer interessanter Trauermarsch für Pianisten ist das Finale der ersten Sonate von Alexander Scriabin. Und auch den sollte man nicht als Balanceübung auf jeweils einem Bein spielen!
 
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Zuschreibungen Dritter sind mit Vorsicht zu genießen - Beethoven selber schreibt nur allegretto.
Das sehe ich auch so.
...ich vermute, dass der grimme Ludwig zu fähig war zu entscheiden, was von seinen Noten er Trauermarsch betitelte und was nicht.
Das Betiteln sagt doch aber nichts über den Charakter aus. Von Chopin gibt es Preludes, die den Charakter eines Nocturnes tragen. Würden wir über die Bandbreite der Tempi von Nocturnes diskutieren, dann wäre es doch legitim, die nocturneartigen Preludes ebenso heranzuziehen, oder nicht?
 
Eigentlich wurde ja die Frage nach dem Tempo gestellt, die ist ja bisher nicht beantwortet (und ich habe sowieso keine Antwort darauf). Möchte aber mal die Frage in den Raum stellen, ob die verschiedenen Tempi der oben verlinkten Militärorchester überhaupt irgendeine Relevanz für die Frage haben, in welchem Tempo man den Marsch auf dem Klavier spielt. Ob Chopin seinen Marsch wirklich pathetisch, feierlich und rhythmisch gespielt hat. Ob er gewollt hat, dass man daraus eine pompöse Version für Staatsbegräbnisse macht. Verbürgt ist wohl, dass er jedenfalls an Berlioz' Grande symphonie funèbre et triomphale für Militärband, die zur gleichen Zeit wie Chopins Sonate veröffentlich wurde, kein gutes Haar ließ.
 
Wie man den 2. Satz der 7. Sinfonie mit einem Trauermarsch verwechseln kann, erschließt sich mir nicht. Vielleicht, weil der Rhythmus an Schuberts „Der Tod und das Mädchen“ erinnert - aber das hatte Beethoven ganz sicher nicht im Sinn, denn das Lied entstand erst 5 Jahre später.
 
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überhaupt irgendeine Relevanz für die Frage haben, in welchem Tempo man den Marsch auf dem Klavier spielt. Ob Chopin seinen Marsch wirklich pathetisch, feierlich und rhythmisch gespielt hat.
Meine (laienhafte) Meinung dazu ist, wenn der Komponist von der Norm abweicht und klare Assoziationen auslöst, muss das einen Grund haben…. Er hätte auch nur „Trauermarsch“ sagen können. Warum weist er explizit auf den Tod des Helden hin? Und wie man weiß war Beethoven sehr genau in seinen Angaben. Leichtfertig wird es nicht gewesen sein.

Wenn man sich die Frage nicht stellt, ignoriert man dann nicht sogar eine Intention?
 
Man kann natürlich auch die Henne oder Ei Frage stellen.

orientiert man eine Interpretation an einem 150 Jahre späteren Ereignis?

Oder müsste das Ereignis sich an der 150 Jahre alten Musik orientieren.


Aber in dem Fall weist die Angabe auf ein reales Ereignis hin. Ist dann nicht die Empfindung des Ereignisses (egal ob heute oder später) die Leitlinie? Also wie immer man den Tod eines Held behandeln würde, die Situation bedingt die Auffassung. Eigentlich etwas sehr zeitloses und frei in der Wandelbarkeit.
 
Mein Beitrag bezogen sich ausschließlich auf Chopin, nicht auf Beethoven. Chopin hast du zwar sozusagen nur in zweiter Reihe erwähnt, aber die Beispiele der Militärbands beziehen sich direkt nur auf ihn.
 
Mein Beitrag bezogen sich ausschließlich auf Chopin, nicht auf Beethoven. Chopin hast du zwar sozusagen nur in zweiter Reihe erwähnt, aber die Beispiele der Militärbands beziehen sich direkt nur auf ihn.
Ja stimmt. Bei ihm steht nix von Held. Auch wenn es ja angelehnt ist sagt das nichts dass es übernommen wurde. Aber in Bezug auf Beethoven ist doch die Assoziation mit einem in dieser Form ablaufenden Trauermarsch nicht abwegig.

Da verstehe ich nicht warum man so viele das pathetische als zu vermeiden ansehen, das feierliche ablehnen. Dabei ist in dem Satz nicht viel drin würde man es langsam und zertragen spielen. Eigentlich würde der Satz sogar unerträglich werden…..
 
Meine (laienhafte) Meinung dazu ist, wenn der Komponist von der Norm abweicht und klare Assoziationen auslöst, muss das einen Grund haben…. Er hätte auch nur „Trauermarsch“ sagen können.
Bei Chopin ist es sogar so, dass er in späteren Ausgaben der Sonate darauf bestand, den dritten Satz nur noch mit "Marche" zu benennen, "funèbre" wurde gestrichen. Auch das hat sicher eine Intention, aber darüber gibt es wohl nur Spekulationen. Mit Beethoven hat das erst mal gar nichts zu tun. Sorry, ich wollte deinen Beitrag da sicher nicht kapern, aber mich hätte die gleiche Frage bzgl Chopins Marsch interessiert, den du ja auch angesprochen hast.
 

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