So, nun will ich doch nochmal was schreiben.
Ich habe nun nochmal in die Aufnahmen reingehört - ich kann gut nachvollziehen, dass die mangelnde Dynamikbandbreite bemängelt wird. Alles, was hörbar ist, bewegt sich zwischen p und mf. Das ist mehr als dürftig und ist nicht so beabsichtigt.
Ob ihrs glaubt oder nicht, aber ich bin mal so frei, das zum allergrößten Teil dem Flügel und der Aufnahmetechnik zuzuschreiben. Ich bin nämlich durchaus gewillt, die krassen Unterschiede zu zeigen und auch mal richtig reinzulangen und tue das auch.
Am Samstag und Donnerstag nächste Woche kann ich, wenns klappt, nochmal aufnehmen (evtl. mit Bild), und das Aufnahmegerät zumindest am Donnerstag näher am Flügel positionieren. Wenns dann immernoch so klingt, nehm ich alles zurück :p
Vom 2. Satz hab ich nur die ersten Takte angehört, klingt nicht sehr spannend. Ich nehme ihn nun ein Tickchen schneller, und wenn man den Ton auch noch verklingen hört und er nicht sofort weg ist, bekommt das ganze auch noch gesanglichere Qualität.
Ich habe mich jetzt mit der Pathétique gutgestellt, ich glaube, ich musste nur erst das Gefühl kennenlernen, das sie erzeugt, denn das war irgendwie neu für mich, nicht zu vergleichen mit noch so wildem Chopin aus Etüden und Balladen oder Sonstigem.
Ich denke, es ist einfach das, was es ist, und das ist jetzt gut so.
Im Sommer hab ich Vordiplom und kann mir gut vorstellen, die Sonate da zu spielen. Hätte ich vor einem halben Jahr mir nie träumen lassen.
Auf jeden Fall finde ich es sehr überraschend, wie unterschiedlich hier die Assoziationen und Ideen zu den Sätzen ausfallen!
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Zu deinen Denkanstößen, Chiarina:
Ich muss sagen, dass ich viele deiner Ideen nicht teile. Ich kann zwar nachvollziehen, was du sagst, empfinde aber anders.
Dass der 2. Satz Ruhe ausstrahlt, empfinde ich ebenso. Im 3. höre ich aber nicht so viel Witz und Lächeln, wie du vermutlich; für mich ist er kein krasser Gegensatz zum 1. Satz, eher eine Fortführung. Vielleicht ist man nur schon ein paar Schritte weiter. Natürlich ist er leichter, beschwingter, weniger festgefahren und auch seichter. Ich kann das nicht so gut beschreiben, aber witzig finde ich den nicht.
Es sind nach meinem Verständnis zwei Perspektiven, die die Grave- und Allegro-Teile des 1. Satzes charakterisieren. Der Allergro di molto e con brio-Teil ist der Kampf, dort bist du mitten drin. Der Grave-Teil ist anders: mir kommt es manchmal so vor, als sei dies ein Rückblick, in dem vor allem das Tragische, Resignation, Schmerz und Verzweiflung vorherrschen, die immer wieder von Auflehnung, dem verbindenen Element zum Allegro-Teil, durchbrochen werden, aber auch von lichtdurchfluteten Augenblicken der Hoffnung und Zuversicht.
Ich sehe den Grave-Teil nicht als Rückblick, sondern er führt zum Allegro hin, baut unglaubliche Spannung und "Druck" auf, zeigt die Stimmung. Zuversicht, Hoffnung, gar Licht kann ich keines finden.
Im Allegro-Teil wird die Leidenschaft, der Kampf, das innere Feuer u.a. auch von den Synkopen und den sforzati dargestellt. Die müssten nach meinem Empfinden viel stärker herausgearbeitet werden. Die Synkopen gehen ja ganz gegen das Metrum und m.E. kann man sich da einen Akzent drüber vorstellen. Da sie keinen stacc.-Punkt haben, kann man sie länger halten und das Pedal entsprechend verwenden. Vielleicht hilft es auch hier, das Thema mal sehr leise und akzentuiert zu sprechen.
Welche Synkopen genau meinst du? Takt 13? Nun die stelle ich extra nicht heraus, weil Beethoven das für die Reprise aufgehoben hat. Und: Es ist kein Akzent drüber, vorstellen kann man sich viel, aber Beethoven hat so genau seine rf und sf gesetzt, dass er auch dort was notiert hätte. Im Übrigen steht in T.11 ein p, das bis 15 nicht mal angetastet wird.
Dieses cresc. hat in der Tat kein Ende, aber da ich in T.19 keine Fortführung, sondern einen Neubeginn sehe, fange ich dort wieder leise an. Ich sehe T.11 - 26 wie eine 16-taktige Periode. Die übrigens im p endet, nicht im f.
Es folgen zwei rf - ich habe überlegt, was wohl der Unterschied zum sf ist und weiß es nicht sicher. Meine Lehrerin sagte, rf wäre punktueller, es wird danach schneller wieder leise, während ein sf auch danach laut bleiben kann möglicherweise.
Zudem ist dort das erste Legato notiert, was auch auf größere Lautstärke hindeutet.
Sorry, aber das verstehe ich nun gar nicht... Seit wann ist Legato ein Hinweis auf Crescendo? Genau genommen kann ich auch kein Legato entdecken, nur taktübergreifende Tonhaltebögen. g fis a - Folgeakkord ist nicht durch Legatobögen verbunden, hat nur lediglich keine Staccatopunkte.
Dann bedeuten bei Beethoven mehrere sf hintereinander immer ein crescendo
Auch das verstehe ich nicht - schau doch mal, was das mit dem Seitenthema anstellen würde!
- also ist bis zum 2. Thema absolut eine auch dynamische Steigerung komponiert.
Das widerum kann ich nachvollziehen - ab Takt 35. Dort steht crescendo und dort beginnt duch das sequenzartige Wiederholen der Doppelgriff-Motive für mich die Steigerung.
Ich hatte diese erste Seite anfangs auch lauter, aber nur Crescendo wirkt leicht überladen und nur noch laut und breiig. Hier findet ja kein Ausbruch statt, sondern ein dauerndes Schwelen und Brodeln mit kurzen heißen Spritzern. Das zumindest lese ich aus den Tremoli, dem piano und den sf / rf heraus. Lautstärke erzeugt Dichte, aber Dichte ist hier bereits extrem Vorhanden.
Das 2. Thema muss einem dann nämlich wie eine Erlösung vorkommen! :p Als völliger Kontrast zum 1. Thema, als freundlich, lächelnd, gesanglich, witzig. Bei dir wirkt das 2. Thema fast wie das erste. :)
Darüber habe ich ja schonwas geschrieben - das Seitenthema klingt für mich nicht im geringsten lächelnd. Es ist ein etwas gerichteteres Gefühl, das 1. Thema kann sich gerade noch so im Zaum halten, ohne zur Explosion zu kommen, etwas chaotisch, hektisch, irritiert oder verwirrt. Das 2. Thema ist verzweifelt, flehend, jemand hat seine Notlage kapiert und blickt sich jetzt hilfesuchend nach allen Seiten um, bis die Panik wieder ausbricht.
Ich erinnere mich übrigens durchaus an meine Pubertät, Sturm und Drang war bei mir allerdings eher zwischen 3 und 12 angesagt als zwischen 12 und 18. :D
So, das war die ausführliche Version.
Gruß
Stilblüte