Hallo Hasenbein,
danke für deine Einschätzung. Ich würde gern genauer herausfinden, was du meinst, warum du es meinst, wo, mit welchem Hintergrund usw., deshalb erkläre ich, warum ich so spiele, wie ich spiele, und würde mich freuen, wenn du dann erklärst, was du daran verändern würdest. Wie gesagt überlege ich nach wie vor, wie die Charaktere der Sätze jeweils am ehesten gemeint sind.
1. Satz: Ich gehe davon aus, dass du mit "lahm" nicht unbedingt das absolute Tempo meinst, sonern eher den Charakter. Nundenn - das einzige, was wirklich notiert steht, ist "Grave". Trotzdem sehe ich es auch so, dass im Graveteil eine große Dramatik steckt, die allerdings nicht so eng und dicht ist wie später, sondern weiter und größer. Ich bedenke weiterhin, dass am Anfang "nur" fp, kein ffp oder ffpp oder sffz sp oder sonst was steht.
Ich habe den Graveteil mal so gespielt, dass meine Lehrerin ihn zu hart fand, deshalb habe ich ihn nun eher "mürrisch abgedämpft" - vielleicht zuviel des Guten?
Wie gesagt hatte das Instrument auch leider keine echte klangliche Spitze zu bieten, was die Sache für mich noch etwas erschwert hat.
---- Der Rest ist zu nett dahingespielt --- vielleicht kannst du das "nett" noch ein bisschen auf musikalische Parameter konkretisieren, wenn ich doch auch zu wissen glaube, welchen Eindruck du meinst. Dazu sei von meiner Seite gesagt: Ich überlege dauernd, welchen Charakter das Allegro di molto e con brio hat. Meine Momentane Idee, die sich nach Unterricht, Überlegung, Notenlesen und anderen zuhören gebildet hat, ist die eines dauernden unterschwelligen Brodelns, welches kurz vor dem totalen Ausbruch steht, was aber nie wirklich passiert, sondern immer nur kurz "schnappt". Das Brodeln wird heftiger und das Schnappen wird stärker gegen Ende des Stückes (z.B. nach dem Grave in der Durchführung, Schluss).
Was dabei zu bedenken ist und ich lange Zeit erfolgreich ignoriert habe, ist, dass fast das ganze Stück im piano steht, welches dafür aber oft durch rf, sf usw. unterbrochen wird. Aber: Hauptthema ist im p (mit Crescendo in der Weiterführung), Seitenthema ist im p (mit einigen sf), erst in der Schlussgruppe landet man (nur) beim f.
Also, wie dann den Charakter erzeugen - durch sehr scharfe (genaue) Artikulation (was mir nur zum Teil gelungen ist, ich weiß es selbst...), ein gutes Verhältnis der Tonlautstärken in den Doppelgriffen, gute Phrasenführung und --- natürlich --- Tempo.
Mit dem Tempo bin ich eigentlich immer noch nicht da, wo ich gerne wäre, obwohl ich mich schon sehr gesteigert habe. Es dürfte aber sicher nicht das einzige Kriterium sein.
Außerdem steht dort nicht Presto, sondern Allegro, was schnell aber nicht ultraschnell bedeutet und auch in einem sinnvollen Verhältnis zum Grave sein sollte.
Soviel mal in Kurzfassung eben von mir.
Was den 2. Satz angeht - ich hatte ihn ganz am Anfang recht schnell und dynamisch, diese Idee wurde über den Haufen geworfen und ich hab ihn erst mal einige Zeit lang völlig beiseite gelassen, weil ich mich erst mit dem komplett anderen Ansatz vertraut machen musste.
Inzwischen finde ich im 2. Satz einen sehr krassen Gegensatz zum 1., ein völliges zur Ruhe kommen, welches mich im Mittelteil in as-moll immer an Schubert erinnert.
Im 3. Satz bin ich mir nach wie vor über den Charakter unschlüssig, auch mit dem Hintergrund des 3. Satzes als 3. Satzes. Wenn ich nur das Rondo-Thema betrachte, würde ich gerne deutlich schneller spielen, aber das ist im Verlauf des Stückes nicht so sinnvoll (ich bringe es nicht über mich, T.44 ff m.A. so durchzupeitschen). Also ist die Frage - wie leicht, wie leise, wie dramatisch, wie alarmiert oder betrachtend? Ich finde da nicht so leicht gute Worte.
Eben weil diese Fragen alle so schwer zu beantworten sind, spiele ich ungern Beethoven, weil es mir nicht gefällt, keine Antworten zu finden, mit denen ich zufrieden bin.
Das erschließt sich mir bisher bei allen anderen Komponisten deutlicher.