Steinway restaurieren

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klavierlehrer

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8. Dez. 2010
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Hallo!
Ich hätte eine Frage an die Spezialisten, und hoffe, dass man mir weiter hilft. Ich besitze einen Flügel S155, und bin nicht ganz zufrieden mit seinem Klang. Da ich die Saiten austauschen muss , stellt sich die Frage, ob es nicht sinnvoll wäre, in einem Arbeitsgang vorsorglich doch auch den Resonanzboden zu reparieren, der Risse aufweist, um dann für immer Ruhe zu haben. Die andere Frage ist eher theoretischer Art , da scheiden sich auch die Geister gewaltig: Womit soll man den Boden verleimen? Der Klavierbaumeister, der mich beraten hat, schwört auf Epoxidharz, alles andere wäre Unsinn, wird eh nicht halten. Stimmt das? Im voraus danke für Eure Hilfe!
Viktor
 
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Hallo Klavierlehrer,

Wenn man die Saiten erneuern muss, sollte man auf jeden Fall auch den Boden spänen, egal wie breit die Risse sind oder wie wenig. Die richtige Vorgehensweise ist, den Boden sehr sorgfältig trocknen. Dabei kann es durchaus sein, dass noch mehr Risse entstehen, welche man dann mit hergerichteten Spänen verschließt. Als Leim eignet sich Knochenleim oder Hasenleim. Beide trockenen sehr hart aus. Epoxydharz würde ich nicht nehmen. Bei der Arbeit wird auch die Bodenwölbung wieder hergestellt und der Druck gemacht. Hinterher kann man das Instrument besaiten.

LG
Michael
 
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Hallo, Michael! Danke für die klare und eindeutige Aussage. Intuitiv hätte ich auch so gedacht. Kann man so eine Arbeit vor Ort machen (vielleicht wenigstens zum teil), oder muss der Flügel unbedingt in die Werkstatt?

LG
Viktor
 
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Womit soll man den Boden verleimen? Der Klavierbaumeister, der mich beraten hat, schwört auf Epoxidharz, alles andere wäre Unsinn, wird eh nicht halten.

Also das ist eher unkonventionell. Man kann für die Holzspäne Heißleim nehmen, aber auch normaler Weißleim wird verwendet. Aber die Aussage, dass alles andere nicht halten wird, ist kompletter Unfug. War das evtl. kein Klavierbaumeister sondern ein Pfuscher? Und meinte er evtl. sogar, dass er den Boden gar nicht mit Holzspänen flicken will sondern die Risse einfach mit Epoxyd zuschmieren will? Ich kann´s mir eigentlich nicht denken, aber wer weiß, was er damit meinte....

Michael, was zum Henker ist Hasenleim :confused:
 
Hallo und danke an alle für die rasche und ausführliche Aufklärung. Sind diese 3000, - Euro nur für die Arbeit gedacht, oder beinhalten sie auch die Materialkosten? Und ist Austauschen der Wirbel immer notwendig beim Neu - Besaiten? Der Flügel ist nur 40 Jahre alt und die Wirbel (ich hoffe zumindest) sitzen noch relativ fest. Und ist die Wölbung des Resonanzbodens nach diesen Arbeiten dann wieder gewährleistet? Übrigens die Empfehlung, mit Epoxidharz zu arbeiten, wurde von einem Klavierbaumeister ausgesprochen, aber ich denke, er hat es nicht schlecht gemeint, nur anscheinend an Erfahrung gefehlt.
Gestern habe ich mir noch ein zusätzliches Problem eingebrockt: Der Tastenbelag ist stark vergilbt, der Vorbesitzer war vermutlich ein starker Raucher. Ich habe die Tasten geputzt durchs starke Reiben mit dem Haushaltsschwamm, minimal angefeuchtet mit Spülmittel. Die Tasten sehen jetzt heller und anständiger aus, verloren aber den ganzen Glanz, die Oberfläche wirkt jetzt eher etwas matt, vermutlich durch die hauchdünnen Kratzer, die mit dem Finger nicht zu spüren, und mit dem Auge kaum erkennbar sind . Anscheinend liegt es daran, dass die untere, dunklere Seite des Schwammes, mit der ich gearbeitet habe, irgendwelche Partikel enthält (Metall?) , was ich viel zu spät entdeckt habe. Besteht jetzt die Notwendigkeit, und gibt es eine Möglichkeit, die Ihr mir empfehlen könntet, die Tasten nachzupolieren? Oder ist es nur eine kosmetische Maßnahme das Elfenbein auf absolut glatte Oberfläche zu polieren, und ich kann die Tasten ohne Nachbearbeitung lassen und mich auf meinen Supereinfall mit dem Schwamm freuen?

LG

Viktor
 
Elfenbein gilbt, und zwar vornehmlich in Verbindung mit Handschweiß und Dunkelheit. Es gilbt also auch bei Nichtrauchern. Um es wieder aufzuhellen, muß man es bleichen, nämlich mit Wasserstoffsuperoxyd und Sonnenlicht. Mit dem Putzschwamm kannst du oberflächlichen Schmutzbelag entfernen, aber nicht den Gilb.

Hasenleim ist Hautleim gewonnen aus Hasen- oder Kaninchenhaut. Hautleime sind etwas elastischer als Knochenleime, aber im Prinzip ist alles dasselbe, nämlich Glutinleim, den man in besonders gereinigter Form "Gelatine" nennt, in appetitlich aufbereiteter, kolorierter Form "Gummibärchen". Ob man auch mit Knochenleim Süßigkeiten herstellen kann, weiß ich nicht; ob man Resonanzböden mit Gummibärchen leimen kann, auch nicht.
 
...
Bezüglich des Leimes folgende Anmerkung: Für Verleimungen am Resonazboden sind Naturleime ( Hasen-, Knochen- oder Fischleim) nach meinen Erfahrungen eher ungeeignet, da sie mit der Zeit hart und poröss (schreibt man das so??) werden und die Leimfläche zu klein ist......
Soll die Verleimung nicht hart werden um das Schwingungsverhalten des Holzes nicht zu verändern?

Mit welchem Leim hast Du bessere Erfahrungen gemacht?


Grüße
Thomas
 
Ich halte nicht viel von Kostenvoranschlägen ohne das Instrument anzusehen.... aber reden wir nicht davon - noch dazu mit 10 Jahren Garantie... Das soll vermutlich die Seriosität unterstreichen.:D

Dass ein Boden mit Naturleimen schlechter hält ist ein Märchen. Alle alten Instrumente vor 1960 wurden mit Naturleimen verleimt und sind bei guter Pflege des Instruments heute noch bestens in Schuss. Warum diese Instrumente (in vielen Ohren) besser klingen ist vorwiegend auf diese Art der Verleimung zurückzuführen. Ist etwas aufwändiger, aber wesentlich besser! Mir klingt das ganze Angebot nach Ostblockvariante. Wahrscheinlich wird dabei der Resonanzboden sogar mit 2K Lack gespritzt.:rolleyes: Und wieso soll man einen Gussrahmen zukleistern ohne gesehen zu haben, ob er nicht noch wunderschön ist?:confused:
...und warum muss man einen Boden bleichen? ...wo doch klar ist, dass die Struktur des Holzes und auch der Klang leidet? Wenn man einen weissen Boden haben möchte, soll man sich einen W&L kaufen :D Der ist wenigstens gleich schichtverleimt...

Viktor, die Tasten bekommt man mit Polierpasta wieder glänzend. Wenn sie glänzend sind erhöht sich die Lebensdauer des Belags. Er nutzt sich dann nicht so schnell ab.

LG
Michael
 
Micha, hier geht es um eine Restauration, und nicht um Neubau. Mir ist bekannt, dass seit etwa 40 Jahren der weichere Kunstharzleim verwendet wird. Er dämpft das Schwingungsverhalten! Das wissen alle, die im Restaurationsbereich arbeiten. Natürlich klingen auch neue Klaviere gut, aber sie könnten besser klingen. Sie könnten auch besser klingen, wenn man sie nicht polyestert!

Wenn man ein billiges Klavier schnell, dauerhaft und optisch repariert, dann kann ich auch mit solcher Art Arbeiten (wie im Angebot - Die Behandlung des Resonanzbodens) gut leben. Da wirst Du keine Kritik ernten...

LG
Michael
 
......Kostenpunkt ca. 3000 Euro
Reparaturzeit: je nach Trockenzeit für den Boden 6 bis 8 Wochen....

sorry Freunde, jetzt muss ich hier mal einhaken und ein wenig off topic gehen:
3000,- Euro für so viel Arbeit. Wahnsinn, da hätte ich jetzt beim Lesen zunächst mal mit mehr gerechnet. Jetzt der Grund meines Erstaunens.
Der Klavierbauer meines Vertraunes meinte neulich, mein Flügel sei soweit o.k., lediglich neue Hammerköpfe könne er vertragen, Würde aber nur so 2500,- Euro kosten. Irgendwie fehlt mir da die Relation. Oder bin ich handwerklich so unbegabt, dass ich es nicht sehe?

Cheers,

Wolf
 

Hallo Pille,

Das Angebot der neuen Hammerköpfe finde ich jetzt nicht unverschämt. Ein original Steinway-Satz Hämmer (vorintoniert) direkt ab Werk für den Handwerker ist um einiges teurer...

LG
Michael
 
Hallo Pille,

Das Angebot der neuen Hammerköpfe finde ich jetzt nicht unverschämt. Ein original Steinway-Satz Hämmer (vorintoniert) direkt ab Werk für den Handwerker ist um einiges teurer...

LG
Michael

Ah, o.k., das wars was ich wissen wollte.
Es geht zwar nicht um steinway, aber ich denke, dass diese Größenordnung dann woanders auc so seine gültigkeit haben wird. Wußte nicht, dass die so teuer sind.

Danke,

Wolf


Danke!
 
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Hallo allerseits! Ich bin sehr froh, dass Ihr euch Zeit nehmt, meine Fragen so ausführlich zu beantworten, und danke allen dafür.

LG

Viktor
 
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Michael, ich muss mich auch über die Agressivität und den Inhalt Deines Beitrages wundern. Was ist los mit Dir?


Ich halte nicht viel von Kostenvoranschlägen ohne das Instrument anzusehen.


Kostenvoranschläge von Kollegen "zerreist" Du hier aber schon ganz gerne, ohne die Instrumente gesehen zu haben.


Wahrscheinlich wird dabei der Resonanzboden sogar mit 2K Lack gespritzt.

Der org. Steinway-Resolack IST ein 2k-Lack.


Und wieso soll man einen Gussrahmen zukleistern ohne gesehen zu haben, ob er nicht noch wunderschön ist?
Deshalb schrieb 90JKb auch "optional".


3000,- Euro zzgl. Transporte schaffe ich auch in der eigenen Werkstatt, nix Osteuropa.

Wenn der Kunde es wünscht, selbstverständlich den Boden mit org. Steinway 2k-Lack lackiert , je nach Alter des Instrumentes auf Wunsch auch mit Spirituslack.
Bassbezug nach Wahl Heller oder org. Steinway, Blankbezug Röslau.

Die Materialkosten liegen komplett bei etwa 1000,- Euro somit bleiben noch 2000,- Euro für die Arbeitszeit.

Forss nennt als Zeitvorgabe für:
"Ein Instrument auseinandernehmen, Resonanzboden reparieren, diesen lackieren, Bass- und Diskant mit neuen Stimmnägeln beziehen, zwicken": "
max 16.00 Stunden"

Die 16h reichen mir auch bei weitem nicht, aber selbst mit dem doppelten und einem ordentlichen Stundensatz gerechnet ist ein Saitenwechsel inkl. Resonanzbodenreparatur beim S für ca. 3000-4000,- Euro LEICHT in höchster Qualität zu schaffen, wenn die Platte und die Stege original bleiben.
 
Sorry, nochmal leicht off-topic, aber das interessiert mich jetzt:

mein Flügel sei soweit o.k., lediglich neue Hammerköpfe könne er vertragen, Würde aber nur so 2500,- Euro kosten

Lt. Klaviermacher kosten allein die Steinway-Hammerköpfe ohne Arbeitsstunden schon mehr. Für mein Klavier wurde mir einmal ein Angebot von 800€ für die Erneuerung der Köpfe gemacht (das ist aber auch kein Steinway). Sicherlich kommt es auf die Qualität des Materials an.

Frage: Was kostet ein neuer Satz Hammerköpfe inkl. Einbau und Neu-Intonation für einen durchschnittlichen (Nicht-Steinway-) Flügel ? Oder ist das je nach Hersteller kompeltt unterschiedlich ?

Gruß
Rubato
 
Lt. Klaviermacher kosten allein die Steinway-Hammerköpfe ohne Arbeitsstunden schon mehr.

Michael meint vermutlich die komplette Einheit fertig verleimt zum Einschrauben: Hammerköpfe-Hammerstiele-Hammernussröllchen-Hammernuskapsel, und das dann vorintoniert.
Damit fällte später nur noch wenig Arbeit an.
Die Köpfe alleine gibt es offiziell nicht vorintoniert.

Für mein Klavier wurde mir einmal ein Angebot von 800€ für die Erneuerung der Köpfe gemacht

Beim Klavier sind um die 1000,- Euro für ordentliche Abel/Renner-Köpfe inkl. Einbau und Intonation durchaus angemessen.

Frage: Was kostet ein neuer Satz Hammerköpfe inkl. Einbau und Neu-Intonation für einen durchschnittlichen (Nicht-Steinway-) Flügel ?

Da würde ich Abel empfehlen, auch komplett mit Stielen Kapseln, Röllchen.
ca. 2500,- Euro, zzgl. Regulierung und ggfl. Auswiegen der Klaviatur.
 
1. Das "weichere" Leime das Schwinungsverhalten verändern bzw. verschlechtern ist ebenso ein Märchen, wie die Aussage, dass das Bleichen den Boden schlechter macht - durch nichts bewiesen, durch gar nichts.
Im Gegenteil: Naturleime sind härter als das Holz, außerdem geht die Verleimung leichter wieder auf, da die Spannungen an der Leimfuge zu groß werden können.Zudem möchte ich sehen, wie deine Naturleime sich in anderen klimatischen Verhätnissen verhält: Als ich den Auftrag bekam einen Bechstein B von 1919 für Kenia zu überholen, war klar, das er viel Feuchtigkeit aushalten muß, hätte ich ihn mit Naturleimen bearbeitet, würde das Instrument wahrscheilich auseinanderfallen - weil der Naturleim dem ständigen Wechsel von Feuchtigkeit und Trockenheit nicht aushält. Wir haben in Rosenheim, später bei Bechstein und auch anderswo immer Weissleime bei der Reparatur verwendet - aber ich weiß wir sind ja blöd......

2. Polyester ist jetzt auch nicht unbedingt meine erste Wahl, da ich selber Schellack poliere, kostet halt mehr, aber das Instrumente dadurch besser klingen ist ebenfalls quatsch. Fakt ist, das Polyester eben ein Kunstoffüberzug ist und dieser dicker als der dünne Schellack ist und dadurch ein Instrument mit Polyester - wenn es geschlossen ist - etwas leiser wird als Instrument mit Schellack....

Deine Art der Überholung hat für mich was von sturem festhalten an alten Arbeitsweisen zu tun und ist mit nichts den Bedürfnissen der Instrumete angepasst (die Videodokumentation des Ehrbars ist der beste Beweis). Außerdem hast du in deiner kleinen Kellerwerkstatt wahrscheinlich auch nicht genug Möglichkeiten.
Mag sein das ein Laie davon beeindruckt ist und zugegebener Maßen kannst du dich gut verkaufen.........

Obgleich ich - wie hier sicher bekannt - kein Freund der "Techniken" von Klaviermacher bin , möchte ich betr. Boden und Verleimung meine Ansicht kundtun :
Ob Bleichen schadet kann ich nicht beurteilen , nur sehe ich keinen Sinn darin, ausser man arbeitet so wie die "berühmten" Polen , aussen hui - innen pfui , alles sieht "schöner" als neu aus , nur klingt es nicht mehr oder kaum !
Weissleime haben bewiesenermassen eine geringere Scherfestigkeit als Knochenleim ( Warmleim ) oder Fischleim . Als Folge dessen kann sich der Boden am Auflager "bewegen" , der Boden will quasi aus dem " Korsett" ausweichen , was dies für Wölbung und Druck bedeutet , sollte jedem Klaviermacher klar sein .
Hochklassige Klaviere werden auch heute entweder mit Fischleim oder , soferne es künstliche Leime mit derartig oder zumindest ähnlich guten Eigenschaften gibt , verleimt . ( Boden , Rippen , Bodenlager ) .
In die Tropen liefern kann man Klaviere natürlich nur mit Spezial -wasserresistenten Leimen - Titebond aus USA - ist z.B. so ein Leim .
Wenn man den Resonanzboden RICHTIG ausspant braucht man fast überhaupt keinen Leim -- Boden runtertrocknen auf ca.6% - Boden wird "klein"
Risse werden grösser - keilförmige Späne einsetzen - Boden bearbeiten - Boden bekommt wieder normale Luftfeuchtigkeit , Wölbung , Späne sitzen auch mit rel.wenig Leim ganz fest .
Wenn hier jemand behauptet dies alles samt Neubezug wäre in 16 h zu machen , dann ist dies blanker Unfug !
 

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