Hallo violapiano,
Dein Thema hab ich mal in einem meiner Newsletter behandelt und es "Jeu perlé" genannt. Ich kopiere mal das Zitat rein, vielleicht kannst Du (und andere Interessiert) was damit anfangen. Spreche meine Newsletter-EmpfängerInnen mit Sie an, also nicht wundern!
LG Joachim
Das "perlende Spiel" oder "Jeu perlé" bezieht sich auf einen besonderen klanglichen Effekt, der in "Lauf-"Passagen sowohl virtuos als auch gesanglich wirkt.
Der Effekt entsteht unter anderem durch die genaue Ablösung der Einzeltöne, d.h. die einzelnen Tönen reihen sich wie Perlen einer Kette lückenlos aneinander. Anders als bei einer Gliederkette überlappen sich die Töne nicht. Auch entstehen keine Lücken wie beim non-legato. ("legato" = gebunden)
Viele Klavierspieler achten vor allem auf ihren Anschlag: Zeitpunkt, Anschlagsstärke und vielleicht Klangfarbe.
Weniger bewusst ist die Tatsache, dass auch die Art der Verbindung und Trennung der Töne über das klangliche Ergebnis entscheidet. Ein virtuoser Lauf, der mit unkontrollierten Tonüberlappungen gespielt wird, klingt entsprechend "matschig", während zu starke Lücken zwischen den Tönen auf unseren modernen Instrumenten* oftmals etwas spröde und "meckernd" erscheinen.
Wenn Sie also ein Musikstück mit Laufpassagen sowohl brillant als auch kantabel (gesanglich) spielen wollen, sollten Sie das Jeu perlé berherrschen.
Die gute Nachricht: Sie können das schon als Einsteiger lernen!
Sie wissen ja, dass das Klavierspielen viel zu komplex ist, um es alleine dem Bewusstsein zu überlassen. Deshalb müssen Sie für wirklich gute Resultate zunächst mit Ihrem Bewusstsein "bedingte Reflexe" einüben, auf die Ihr Unterbewusstsein in Form von Spiel- und Bewegungsmustern blitzschnell zugreifen kann.
Den "Jeu-perlé-Reflex" trainieren Sie ganz einfach, indem Sie ZWEI Bewegungen miteinander "verschalten": den Anschlagsimpuls und den "Fingerlift-" oder "Hochgeh-" Impuls!
Das heißt, Sie kombinieren den schnellen Fingerimpuls "nach unten" in die Taste mit einem genauso schnellen Fingerimpuls des vorhergehend angeschlagenen Fingers "nach oben". Hierbei ist wichtig, dass Sie anfangs wirklich schnelle, "knackige" Fingerbewegungen ausführen - bei langsamem Spieltempo!
Es gibt hierbei - grob gesprochen - 2 Varianten:
1. Finger aus der Luft anschlagen und beim Ablösen in die Luft "zurückschmeißen" (und sofort wieder locker auf die Tasten fallen lassen!)
2. alles in Tastenkontakt ausführen.
Besonders 2. unterstützt den kantablen Klang, weil die Nebengeräusche beim Aufprall der Finger auf die Tasten wegfallen. 1. ergibt einen kraftvolleren Anschlag, dessen Training nicht übertrieben werden sollte, da man leicht bei nicht gelöster Ausführung einen verkrampften Unterarm als Quittung erhält.
Sie können für Ihr Training beliebige einstimmige Laufpassagen aus Musikwerken, Etüdensammlungen oder Fingerübungen verwenden. Fingerübungen und Etüden haben den Vorteil, dass Sie ganz gezielt und systematisch Ihre "Schwachstellen" bearbeiten können, Musikstücke die Ihnen gefallen motivieren Sie natürlich mehr. Tipp: erfinden Sie Ihre eigene, "bedarfsorientierte" Fingerübung!
Bitte zunächst nur einzelhändig arbeiten!
Absolut entscheidend für eine saubere Ausführung ist es, dass Sie Ihre Ohren einschalten und genau das klangliche Ergebnis überprüfen! Sonst wird aus diesem an sich wertvollen Tipp sehr bald eine roboterhafte, rein mechanische Fingerübung, die Sie letztendlich unbefriedigt lässt.
Für diejenigen unter Ihnen, die schon "weiter" sind sie hier noch abschließend erwähnt, dass eine musikalische KlangVORstellung für die Gestaltung des melodiösen Verlaufes einer Laufpassage (bzw. das Einüben einer solchen Vorstellung) im Verein mit einem sauberen Jeu perlé ein berückendes Klangerlebnis bieten kann! Das können Sie gerade im langsamen Tempo besonders intensiv einüben.