Sammelthema: Gleiche/sehr ähnliche Motive in verschiedenen Werken

A

ad lib.

Dabei seit
22. Feb. 2017
Beiträge
111
Reaktionen
238
Wie ich schon in einem anderen Thema schrieb, hatte ich gestern beim Hören von Chopins 2. Klavierkonzert f-Moll immer wieder das Gefühl, einige Passagen und Motive zu kennen; und auch schon selbst gespielt zu haben. Mir kam dann heute plötzlich das Nocturne cis-Moll Op. posth. in den Sinn - dieses Stück ist es, das so viele Motive aus dem 2. Klavierkonzert enthält! Sicherlich gibt es noch weitere Werke, in denen Chopin seine Ideen wieder aufgegriffen und nur minimal oder gar nicht verändert hat.

Welche Werke mit gleichen oder nur gering abgewandelten Motiven fallen Euch spontan ein? Vielleicht sogar von unterschiedlichen Komponisten? :-)
Und: gibt es offizielle Aussagen vom Komponisten dazu, oder wurden die Ähnlichkeiten erst durch die Rezipienten entdeckt? Weiß jemand, ob sich Chopin zur Verarbeitung des Motivs aus dem 2. Klavierkonzert in seinem cis-Moll-Nocturne Op. posth. geäußert hat?
 
Weiß jemand, ob sich Chopin zur Verarbeitung des Motivs aus dem 2. Klavierkonzert in seinem cis-Moll-Nocturne Op. posth. geäußert hat?

Dieses Thema hatten wir hier schon einmal, glaube ich. Oder habe ich die Information von meiner KL?:denken:

Zumindest deckt sich meine Erinnerung mit der Aussage dieser Quelle, die Wikipedia in ihrem Artikel nennt:

http://en.chopin.nifc.pl/chopin/composition/detail/id/52

Demnach hat Chopin das Nocturne seiner Schwester Ludwika zur Vorbereitung des 2. Klavierkonzertes gewidmet.
 
Zuletzt bearbeitet:
Die Etude-Tableaux op. 33 Nr. 3 von Rachmaninoff klingt sehr ähnlich wie eine Passage im zweiten Satz seines 4. Klavierkonzert. Dies ist vermutlich der Grund, warum die Etüde zu seinen Lebzeiten nie veröffentlicht wurde. (Schade eigentlich, die Etüde ist nämlich sehr schön ;))
 
Eigentlich müsste man die Frage andersherum stellen: Welche Werke fallen euch ein, die nicht auf bereits bekannte Motive zurückgreifen? Das sind nämlich - wenn überhaupt - nur sehr wenige. ;-)
@rolf hat mit der Sekundbewegung aufwärts allerdings auch ein ausgesprochen weit verbreitetes Strukturmerkmal erwischt, das von der Frührenaissance bis zur Gegenwart überall anzutreffen ist. Das wäre wie der Vergleich unterschiedlicher Automarken miteinander unter dem Aspekt, dass überall unten vier Räder dran sind.

Welche Werke greifen nicht auf bereits bekannte Motive zurück? Alle reihentechnisch organisierten Stücke seit Schönberg & Co. - da ist die Assoziationsfreiheit Teil des kompositorischen Konzepts.

LG von Rheinkultur
 
Alle Werke, die ein aus der Abfolge bestimmter Noten gewonnenes Material thematisieren. Das berühmteste Beispiel dürfte B-A-C-H sein. Mit den darauf bezogenen Werken allein könnte man einen kompletten Faden problemlos füllen. Andere Kombinationen sind nicht ganz so populär geworden.

Vor allem in der zweiten Hälfte des vergangenen Jahrhunderts entstanden Werke unter Verwendung von Collagetechniken, in denen durch das Zitieren ganz bewusst Bezüge hergestellt werden:



In diesem Falle vor allem zu Gustav Mahler und Maurice Ravel... .

LG von Rheinkultur
 
@rolf hat mit der Sekundbewegung aufwärts allerdings auch ein ausgesprochen weit verbreitetes Strukturmerkmal erwischt, das von der Frührenaissance bis zur Gegenwart überall anzutreffen ist.
@Rheinkultur
...vier Halbtonschritte aufwärts mit dem Rhythmus lang-kurz-(nicht ganz so)lang-kurz sind nun nicht soooo häufig (denn wo ohne charakteristischen Rhythmus und ohne "sehnsüchtige" Vorhalte vier aufwärts-Halbtöne einfach so herumlungern, da erkennt oder wiedererkennt niemand ein typisches Motiv) ;-)
 

Hi all,

ja, bei Chopin wird man wohl fündig, aber auch bei anderen, früher hatte ich mal das hier erwähnt:

upload_2017-7-16_1-2-53.png
Oberhalb des grünen Striches: La Gallina, L. Moreau Gottschalk ( 1829-1869 ), op. 53 ( ca. 1859 ), unterhalb des grünen Striches: Scott Joplin (1867/68-1917), Peacherine Rag, ( 1901 ).
___________________________________

Doch zurück zu Chopin:



Es sind meines Erachtens viele kleinteilige „Zellen“ auch bei ihm ( genau wie bei Gottschalk ), die man als ähnlich oder gar gleich einstufen könnte, allerdings möchte ich mich hier auf seine EIGENEN Werke beschränken, der Thread ließe ja weiteren Platz für komponistenübergreifende Betrachtungen, wie sie @rolf bereits angesetzt hatte.

Es sind aber nicht nur – so finde ich zumindest – diese „kleinteiligen“ Dinge, sondern auch prinzipiell ähnliche, die wir bei Chopin in mehreren Werken vorfinden, „prinzipiell“ : damit meine ich, dass sich die Noten selbst zwar nicht 100% gleichen müssen, aber die Idee ähnlich ist!

Hier sind so welche:

Zunächst eine Sequenz aus der cis-Moll-Polonaise:

upload_2017-7-16_1-4-50.png

...und hier eine aus dem f-Moll-Konzert:

upload_2017-7-16_1-5-44.png

Diese ist ebenfalls aus dem f-Moll-Konzert:

upload_2017-7-16_1-6-20.png
_____________________________________________

Dann gibt es noch viele Werke Chopins, in denen diese „eingeschobenen „Ländler“-Teile vorkommen, wie etwa:

Ges-Dur-Walzer, op. 70

upload_2017-7-16_1-7-9.png

und hier im Des-Dur-Walzer, op. 70:

upload_2017-7-16_1-9-58.png

_______________________________________

Wie gesagt: Die NOTEN sind natürlich nicht gleich, aber das Prinzip. DENNOCH – oder gerade deswegen: Ein unbedarfter Zuhörer, der schonmal ein paar Chopin-Stücke gehört hat, über kein absolutes Gehör der optimalsten Stufe verfügt, und diese beiden Stücke erst EINMAL hört, dann nach einiger Zeit wieder eines der beiden ( zwischendurch hat er evtl. andere Stücke gehört ), der wird Probleme beim Zuordnen haben, und diese „Ländler“-Dinger gibt’s nicht nur bei den Walzern.-

Zum Schluss hab ich hier noch ein komplettes Beispiel, wobei ich nicht genau weiß, vielleicht ist das Rossini-Ding ja die Grundlage für BEIDE Variations-Stücke gewesen? Jedenfalls:

...Chopin: viele viele Teile aus diesen Variationen für Klavier

http://imslp.org/wiki/Variations_sur_un_air_national_allemand%2C_B.14_(Chopin%2C_Fr%C3%A9d%C3%A9ric)

und diesen Variationen für Querflöte und Klavier:

http://imslp.org/wiki/Variations_for_Flute_and_Piano_in_E_major,_B.9_(Chopin,_Frédéric)

letztere haben eine Mitschülerin (Flöte) und ich (Klavier) früher mal auf einem Schulkonzert gespielt. ( Klavier = einfach, aber wehe wenn man nicht aufpasst. :-) )

LG, -Rev.-!
 
So einen Faden gab es schon mal, ich glaube sogar von mir. @Rheinkultur wird ihn bestimmt bis vorgestern gefunden haben :-D Übrigens gibt es das auch in der Malerei. Im MOMA hängen Bilder von Picasso und einem anderen nebeneinander, die auf den ersten Blick wie eine zusammengehörende Serie aussehen. Bestimmt weiß auch jemand, wer der andere Maler ist. Ich habs nicht so mit Namen, wisst ihr ja :dizzy:
 
Bestimmt weiß auch jemand, wer der andere Maler ist. Ich habs nicht so mit Namen, wisst ihr ja

Ich weiß es nicht, habe aber einen Verdacht. In diesem Fall scheint aber niemand den anderen kopiert zu haben, zumindest anfangs nicht. Georges Braque und Picasso bildeten 1908 eine intensive Arbeitsgemeinschaft, nachdem sie festgestellt hatten, dass sich ihre Bilder stark ähnelten. Ich vermute, dass das MOMA die Bilder dieser ersten "Kubisten" nebeneinander gehängt hat.
 
Guten Morgen, @all,

mein Auge und Ohr hat rückblickend noch eins erspäht, ähnliche Folgen kommen zigfach bei Chopin vor:

Hier aus einem seiner berühmtesten Stücke:

upload_2017-7-16_11-18-37.png

und hier aus dem H-Dur-Nocturne:

upload_2017-7-16_11-20-37.png

LG, -Rev.-
 
Ich weiß es nicht, habe aber einen Verdacht. In diesem Fall scheint aber niemand den anderen kopiert zu haben, zumindest anfangs nicht. Georges Braque und Picasso bildeten 1908 eine intensive Arbeitsgemeinschaft, nachdem sie festgestellt hatten, dass sich ihre Bilder stark ähnelten. Ich vermute, dass das MOMA die Bilder dieser ersten "Kubisten" nebeneinander gehängt hat.
Bingo! Ich meinte auch nicht unbedingt, dass kopiert wurde, das wäre hier nämlich viel zu auffällig geworden. Sondern ich glaube, dass in allen Sparten der Kunst ab und zu unabhängig voneinander ähnliche Ideen aufgegriffen werden. Es gibt auch ein Prélude (bzw. zwei) von zwei Russen, das fast gleich klingt. Wenn ich mir nur die Namen immer merken könnte :konfus:Ich werde demnächst nochmal das wandelnde Lexikon fragen, von dem ich das habe.
Und in der Literatur gibt es das sicher auch, das hab ich schon am eigenen Leib erfahren, als ich ganz privat etwas geschrieben und jemandem zum lesen gegeben habe - und er mir darauf hin "Der Tunnel" von Dürrenmatt empfohlen hat :angst:
 
[BLOEDEL="albern"]Massierten Motivklau gibt es in gleich vier Opern desselben Komponisten, das muss man sich mal vorstellen! Dreist. Der Mann hat einfach sich selbst zitiert, manchmal mit einigen Modulationen, aber gut wiederzuerkennen.

Rheingold, Walküre, Siegfried, Götterdämmerung... überall kommt immer wieder das gleiche Material vor! :dizzy:

[/BLOEDEL]


:lol:
 
Moin!

Das erinnert mich an:





Gibt halt verdammt viele, aber nur endlich viele musikalsiche Themen vorgegebener Länge.

Grüße
Häretiker
 

Zurück
Top Bottom