Zur Zeit mache ich auch nur Repertoirepflege. Manchmal spiele ich dreivier Tage nicht. Und bei Stücken, die ich echt mal länger nicht gespielt habe, über Wochen nicht, merke ich zum einen, dass es hakelt, bin aber immer extrem zuversichtlich, dass die Proggerei dieses ältesten Hirnteils, ganz hinten tief im Nacken, das Bewegungs-Gedächtnis, ich nenne es das "Krokodilshirn", gut funktioniert und das dort Abgespeicherte dann auch wieder flink flüssig wird.
Manchmal ist ein Fehler sogar freudenspendend, in der Nichtpflege schleicht sich was ein, das sich erstaunlich GUT anhört, und man will es nun immer so machen. Auch das gelingt. Daran merke ich, dass das Hirn auch dann an paar Sachen weiterarbeitet, wenn man gar nicht übte. ...
Selbst Sachen, die ich vor über 45 Jahren lernte und danach nicht mehr spielte, kommen schnell wieder zurück, und in weit weit besserer Qualität, wegen des lebenslangen Fortschritts beim Klavierspielen. Ich habe uralte Joplin-Ragtimes mitunter komplett neu entdeckt, wie fein und schön die sind, die mir damals mit meinen doppelten Wurstfingern verschlossen waren, aber das Training vom Krokodilshirn kommt dennoch zum Tragen, die vor langen Jahrzehnten erlernten Bewegungsabläufe "sitzen" noch irgendwo. Dreimal feilen, und wupp - isses wieder da. Das ist mir immer eine große Freude.
Letztlich ist es wegen der archaischen Leistungen des Bewegungsgedächtnisses so, dass du - genau besehen - gar nichts verlernst. Es ist nur ein klein wenig verschüttet, wird aber sofort wider frei.
Es ist wie Schwimmen, Skifahren, Rollschuhfahren, Fahrradfahren, das verlernt man auch nicht.
Es muss allerdings vom "Kopf" hinten in den Nacken übergegangen sein, in die Bewegungs-Automatiken. Ich merke das auch immer beim Auto- und Motorradfahren. Manche Motorräder haben die Fußschaltung nicht am linken, sondern am rechten Fuß, und oder das Schaltschema ist umgekehrt. Der Erste Gang ist da irregulär (bei alten Engländerinnen, Italienerinnen) hochzuziehen, die anderen runterzutreten... Ich muss ein Motorrad solange fahren, bis diese Abläufe ins Krokodilshirn gingen. Dann brauche ich nicht mehr nachdenken, das Programm "Fahren mit diesem Motorradtyp" sitzt dann. Es wird automatico aktiviert. Gleiches beim Autofahren.
Allerdings ist dieses Talent nicht jedem in dem Umfang und in der Geschwindigkeit gegeben. Es ist eine intrinsische, entweder vererbte, oder per Training geschärfte Eigenschaft, sich geschickt und sinnentsprechend zu bewegen. Den einen gelingt das schnell, die anderen brauchen was länger ... bis etwas automatisch "sitzt".
Und das ist - meine ich ... - nicht direkt mit Intelligenz gekoppelt, es setzt sich vom IQ etwas ab. D.h. es gibt auch Hochintelligenzler, die das nicht so gut drauf haben, und auf der anderen Seite auch "dümmere", die mit Bewegungsabläufen hervorragend klarkommen.