Gerade ist er abgefahren...
Endlich habe auch ich es geschafft, den Michael an meine Instrumente zu bekommen. Der Flügel (Bj. 1933) bedurfte dringend einer Intensivbehandlung, das Klavier (1925) ebenso. Vor Ort wurde mir bei den halbjährlichen Stimmterminen immer erklärt, alles sei bestens reguliert und intoniert. Meinem Empfinden entsprach das jedoch nicht - aber man ist ja auch nur Laie...Der Ton war recht schön, aber sehr unvermittelt, laut und wenig beeinflussbar, im Bass eigentlich zu dünn.
Michael richtete sich häuslich ein und blieb zwei Nächte in der niederrheinischen Provinz. Am ersten Abend wurde der Flügel erst einmal ausprobiert und durchgestimmt und wir verbrachten den gesamten Abend bis in die Nacht im Musikzimmer mit äußerst kurzweiligen Gesprächen und einem eindrucksvollen Privatkonzert für meine Frau und mich.
Am folgenden Tag zerlegte Michael den Flügel, zog die Hammerköpfe ab, Reinigung, Regulation und Intonation. Nebenbei wurde ein beschädigter Tastenbelag ersetzt. Immer wieder habe ich den Flügel zwischendurch ausprobiert und mit Begeisterung die Entwicklung hin zu meinen Klang- und Spielvorstellungen bemerkt. Dann musste ich leider arbeiten und kam erst in der Nacht zurück.
Alle schliefen und ich habe mich an den Flügel gesetzt und ihn vorsichtig angespielt...
GENAUSO habe ich ihn mir immer gewünscht!! Ich war ziemlich gerührt, aber zum Glück war es ja recht dunkel und ich war alleine...Endlich dieser singende, formbare Ton, überall gleich und reproduzierbar, weich und trotzdem klar, endlich schönes, sicheres Pianissimo, riesige Dynamik im Vergleich zu vorher. Man muss sich etwas daran gewöhnen, was nun alles möglich ist und entdeckt den Flügel neu, obwohl ich ihn seit 35 Jahren spiele.
Für das Klavier blieb nach der Intensivkur für den Flügel nur noch Zeit für eine Stimmung.
Beim nächsten Mal ist das Klavier im Fokus und der Flügel bekommt ggf. einen neuen Bassbezug.
Das heutige Ergebnis ist beeindruckend und ob es nun Zauberei, Klavierflüstern, Esoterik oder einfach nur höchste Handwerkskunst, Leidenschaft und Musikalität ist, ist mir völlig egal.
Darüberhinaus ist Michael für meine Frau, meine Kinder und natürlich auch mich ein jederzeit gerne gesehener Gast, denn auch die Zeit, die er nicht unmittelbar an den Instrumenten oder deren Einzelteilen verbrachte, war sehr schön!
Ich entschuldige mich bei den restlichen Instrumentenbesitzern auf seiner Tour, die wegen des etwas verlängerten Aufenthaltes hier ggf. noch etwas warten mussten. Inzwischen kann ich verstehen, wieso alle immer so drängeln....
Hoppla.......jetzt habe ich ihn gar nicht gefragt, ob mein Flügel eine Fälschung ist...er hat aber auch nix gesagt...
Danke Michael!
LG
Bechsteinfreund
@klaviermacher , die Sonate, die ich gespielt habe, ist Mozarts KV 296