Neue Orgellehrerin, Stimmenverteilung beim Choralspiel

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verschiedene Muster die bei Melodiebewegung X immer wieder vorkommen
Im Prinzip müßte man also zuerst eine Sammlung von Melodiebewegungen anlegen und dann die Harmonisierungen dazu. Dann hätte man vielleicht irgendwann einen Baukasten, aus dem sich alle Lieder zusammensetzen lassen, und muß nur noch wiedererkennen und abrufen.
Allerdings muß man doch irgendwie immer den Kontext beachten, wie es dahinter weitergeht und ob es in eine neue Tonart führt oder nicht, denke ich.
Wie viele Töne (ca.) würdest Du als Melodiebewegungseinheit betrachten? Jedenfalls kürzer als eine Choralzeile, nehme ich an.
Wahrscheinlich gibt es auch Tonfolgen, die spezifisch für bestimmte Lieder sind und sonst nirgendwo vorkommen. Aber man könnte sich ja zuerst um die häufigen kümmern. Hast Du vielleicht schon die "Top 10" (oder so) der Melodiebewegungen ermittelt, die in fast jedem Lied oder jedenfalls sehr häufig vorkommen?
 
Zu den Mustern hat dir @Axel eigentlich das Wichtigste gesagt. Schreib dir einfach ein paar mal die Funktionen drüber und du erkennst verschiedene Bewegungen wieder. Am Schluss steht meist die Kadenz, meist geht es mit der Tonika los usw... Je mehr du dich mit den Funktionstheorien wirklich selber beschäftigst, umso schneller kannst du diese Infos auch verinnerlichen - daher ist es denke nicht schlau, wenn ich dir die Top10 präsentiere. Beim Spielen auf Anhieb erkennen geht sowieso nur, durch stetes Üben.
 
Ich würde da nicht so verkopft herangehen und einfach machen. Ich glaube, so ein Katalog blockiert einfach das Denken und dann dauert es wieder zu lange. Das muss einfach in time funktionieren, die Gemeinde muss singen können. Ich befürchte fast, Du stehst Dir selbst etwas im Weg, weil Du alles ganz kompliziert haben willst.

Naja, nehmen wir mal an, der erste Schritt eines Chorals führt von der 1. zur 2. Tonleiterstufe, wie bei "Tut mir auf die schöne Pforte". Auf dem 1. Akkord muss T stehen, der zweite könnte D sein oder S hoch 6 (sorry, offenbar kann die Software das nicht mit hochgestellten Buchstaben). Das war es dann doch, wenn man nicht a la Reger harmonisieren will, was vielleicht für den Anfang nicht so einfach ist.

Wenn wir 5 zu 1 haben, wie bei "Was Gott tut, das ist wohlgetan": D zu T tief 3, D zu T scheidet aus wg. Parallelen, 2x T geht auch, ist aber schwach, möglich wäre noch T zu Tp. Auch für so einen öfter vorkommenden Anfang sind die orthodoxen Möglichkeiten irgendwann erschöpft.

Unter dem Gesichtspunkt, dass häufig Tonleiterbewegungen vorkommen, ist die Übung mit den Tonleitern durch alle Tonarten nicht so schlecht. Das muss mit einem gewissen Automatismus in die Flossen. Wenn man das oft genug macht (jeden Tag 2 Werktagsmessen) wird das. Die satztechnischen Sachen kann man sich auch anüben. Ich habe die Hausaufgaben meiner Tonsatzschüler immer am Klavier kontrolliert. Wenn meine Hände das nicht spielen wollen, ist irgendwo ein Fehler. Das geht für mich schneller als auf dem Papier zu kontrollieren.
 
Warum so umständlich?
Wenn ein 4-stimmiger Satz dort steht, einfach vom Blatt spielen.
Was soll das denn werden, wenn Literatur gespielt wird.

Grüße altermann
 
@BachKoralle

ich bin nebenberuflicher Organist und habe auch noch Unterricht bei einem A-Kirchenmusiker. Wenn ich deinen Beitrag so lese, kommen mir Zweifel an der Qualifikation deiner Lehrerin.
Es klingt so, als wolle sie dich gezielt zu "ihrer" Technik überreden um von der Tatsache abzulenken, dass sie weder obligat spielen, noch harmonisieren kann.

Nachdem wir uns mit Literatur beschäftigt haben, legt mir mein Lehrer immer das Gesangbuch auf das Notenpult und animiert mich, etwas aus der Choralmelodie zu "machen". Das kann dann ein kleines Vorspiel, ein einfacher vierstimmiger Satz, wenn ich es hinbekomme :-) auch mit hervorgehobenem Cantus firmus sein oder z.B. mit einem vorangestellten improvisiertem Präludium.
Das hängt immer ein wenig von meiner Tagesform und meinem Können auf dem Instrument ab. Manchmal bringe ich auch nichts gescheites zustande und es kommt nur "Organistenzwirn" heraus.

In der Praxis ist es (für mich) natürlich einfacher, nicht obligat zu spielen.

Vielleicht kannst du ja mal eine Probestunde mit einem anderen Lehrer vereinbaren?

Ich wünsche Dir jedenfalls weiterhin viel Erfolg und alles Gute!

Sebastian
 
Ich befürchte fast, Du stehst Dir selbst etwas im Weg, weil Du alles ganz kompliziert haben willst.

Den Eindruck habe ich auch...

@BachKoralle
Die Tonart eines Chorals ist bekannt. Damit auch die dazugehörigen Harmonien. Zur Choralbegleitung braucht die Gemeinde einen sicheren Cantus firmus. Der sollte nicht in zu barocker "Kunst" untergehen. Den harmonisierst Du also strikt homophon mit einer vierstimmigen Begleitung, notierst diese mittels Akkordsymbolen in Dein Gebrauchsgesangbuch (die organistische Lebensversicherung, die Du hüten solltest wie Deinen Augapfel ;-)) und registrierst entsprechend dem Strophentext.

Wenn der Choral (garantiert) irgendwann wieder aufgerufen ist, hast Du ihn bereits bearbeitet vorliegen und musst gar nix mehr machen.

Wenn man Muße und Lust hat, kann man die selbstgestrickte Harmonisierung jederzeit noch verfeinern.

Arbeit, Mühe und durchaus auch Knowhow fordern nicht Choräle oder Liturgie, sondern all das, was man in die schweigende Gemeinde hineinmusiziert. Vorspiel, evtl. Nachspiel (manche Gemeinden bleiben dazu sitzen, andere rennen raus – bei letzteren geht das Nachspiel sowieso unter) und evtl. eine ruhige Untermalung beim Abendmahl.



P. S. Hast Du Dich je mit dem Quintenzirkel beschäftigt? Ich glaube fast, dass nicht... Choräle sind vergleichsweise schlichte Melodien. Überspitzt gesagt: Mehr als T, S, D und D7 braucht man eigentlich nicht. Du musst da keinen Neapolitaner und keine Sixte ajoutée einbauen oder so was. :zunge:
 
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Den Eindruck habe ich auch...


P. S. Hast Du Dich je mit dem Quintenzirkel beschäftigt? Ich glaube fast, dass nicht... Choräle sind vergleichsweise schlichte Melodien. Überspitzt gesagt: Mehr als T, S, D und D7 braucht man eigentlich nicht. Du musst da keinen Neapolitaner und keine Sixte ajoutée einbauen oder so was. :zunge:

Naja, sixte ajoutée kommt nun recht häufig in Kadenzen vor. Neapolitaner nicht so oft, aber das kann natürlich auch ganz nett sein, wenn nicht alle Strophen gleich sind.
 
legt mir mein Lehrer immer das Gesangbuch auf das Notenpult und animiert mich
Ja, genau, sowas fänd ich gut im Unterricht. Heißt für den Lehrer, daß er auch selber kreativ ist und spontan auf das Gespielte des Schülers eingehen und Hinweise geben kann. Ich bin nach weiteren Erfahrungen nun sicher, daß es mit der Lehrerin und mir keine Zukunft hat. Ich hoffe, ich finde noch wen anders. Danke für die guten Wünsche!

Hast Du Dich je mit dem Quintenzirkel beschäftigt?
Ja. Problem ist die Stimmführung, nicht die Harmonik.
 
Ja, genau, sowas fänd ich gut im Unterricht.
Das sollte jeder A-Kirchenmusikant/Student können. Wenn du mal gezielt danach suchst...?

Naja, sixte ajoutée kommt nun recht häufig in Kadenzen vor.
Gerade in Chorälen. Das Problem ist, daß Riemann den harmlosen Quintsextakkord überhaupt nicht verstanden und ihm in seiner Unkenntnis den Begriff von Ramau übergestülpt hat, nicht ahnend, daß der damit etwas ganz anderes meinte. Und seitdem werden die Studenten (vornehmlich nur in DE und Umgebung) damit verwirrt. Sie denken, dieser Akkord sei ein highend-spezial-geheim-Klang nur für Eingeweihte.
 
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Das sollte jeder A-Kirchenmusikant/Student können. Wenn du mal gezielt danach suchst...?


Gerade in Chorälen. Das Problem ist, daß Riemann den harmlosen Quintsextakkord überhaupt nicht verstanden und ihm in seiner Unkenntnis den Begriff von Ramau übergestülpt hat, nicht ahnend, daß der damit etwas ganz anderes meinte. Und seitdem werden die Studenten (vornehmlich nur in DE und Umgebung) damit verwirrt. Sie denken, dieser Akkord sei ein highend-spezial-geheim-Klang nur für Eingeweihte.

??? Mir ist schon klar, dass Rameau hier eine Unterscheidung zwischen dem Septakkord der 2. Stufe und der sixte ajoutée trifft. Die Frage ist halt, ob das - bei allem Respekt vor der bahnbrechenden Leistung Rameaus - in allen Fällen sinnvoll ist. Ebenso gebrauchen wir den Begriff Dominante nicht mehr so wie er. Was schadet es? Wo da eine Verwirrung auftritt, verstehe ich nicht ganz. Verwirrend ist eher seine originale Nomenklatur.
 
Bei Rameau tritt die Verwirrung nicht auf, sondern bei Riemann (Funktionstheorie). Die behauptet bis heute - und wirklich fast alle Studenten in DE lernen es so - die "hinzugefügte Sext" sei die Dissonanz. Aufgelöst wird aber die Quint bei Fortschreitung zur Dominante (nämlich die eigentliche Akkordseptim). Bzw. sie wird ja oft in die Vorhaltsquart übergebunden.
 

Das mag ja sein. Rameau hätte in den meisten Fällen allerdings von Dominanten gesprochen und das macht die Situation nicht einfacher, weil das nach heutiger Auffassung keine Dominanten sind.

Wer will, kann das ganz leicht nachlesen: http://www.musikanalyse.net/tutorials/sixte-ajoutee/

Die Frage ist doch: Gewinnen wir etwas mit Rameau? Wird es dadurch besser, wenn wir mit seinen Nomenklaturen arbeiten? Hilft das jetzt bei der Begleitung eines Chorals? Musiktheoretisch interessant ist sicher auch die Harmonielehre Karg-Elerts. Da kann man sich auch mit befassen. Tut aber kaum jemand. Das ist interessant, hat sich aber im praktischen Gebrauch doch nicht durchgesetzt.
 
Die Frage ist doch: Gewinnen wir etwas mit Rameau?
Um den ging es mir gar nicht. Ich wollte nur darauf hinweisen, daß der meist fälschlich so genannte "sixte ajoutée" nicht so kompliziert ist, wie barrat angedeutet hat. Und die Missverständnisse um diesen Akkord rühren halt daher, daß Riemann hier einen Begriff sinnentstellend verwurstet hat.

Das ist wie mit der Begriffsverwurstung der Modi im Jazz. Du kannst regelmäßig in Foren Neulinge fragen lesen, was das Geheimnis von dorisch, phrygisch etc. sei und wie man diesen besonderen Klang denn nun herbeizaubert. Dabei behauptet ein Jazzer schlicht, er spiele "dorisch", wenn er in einer C-Dur Kadenz über den d-moll Akkord C-Dur spielt. Daran ist gar nix dorisch. Aber es hält sich hartnäckig der Glaube, das habe was mit modaler dorischer Musik zu tun. Zwei verschiedene Sachverhalte, ein Wort. So mancher Obdachlose hat sich vielleicht schon gewundert, daß er nicht bei der Dresdner Bank pennen darf, wo er doch sonst auch immer auf der Bank schläft...
 
Ok, dann hatte ich das nicht verstanden, weil ich den Akkord überhaupt nicht kompliziert finde.
 
Ich wollte nur darauf hinweisen, daß der meist fälschlich so genannte "sixte ajoutée" nicht so kompliziert ist, wie barrat angedeutet hat.
Ok, dann hatte ich das nicht verstanden, weil ich den Akkord überhaupt nicht kompliziert finde.

Ich auch nicht.

Es geht hier um Choralbegleitung, und es wird sowieso schon auf blockierene Weise kompliziert gedacht.

Wenn jemand sich an eine Aufgabe herantastet, sollte er das Pragmatisch-Schlichte zuerst lernen, ehe man zum Ausgefeilteren fortschreitet.
 
"Tu mir auf" kann man doch durchaus auch mal mit Tp beginnen.. Außerdem. eignet er sich sehr gut für einen Bass-cf. Wenn man das öfter macht, geht das auch schnell in die Finger und man ist flexibler. Und zu den Choralsätzen: meines Erachtens wurden die über die Jahrzehnte größtenteils immer flacher. Die liebsten (für Älteres) sind mir meist immer noch die aus dem alten "Württembergischen Choralbuch" von 1960 oder so (hab ich mal gebraucht gekauft) , Stichwort Kirchentonarten etc. Ich habe mir übrigens angewöhnt, diese alle wenn irgend möglich (geht doch auch in 90 Prozent det Fälle) "obligat" zu fingern, nicht unbedingt zu spielen, aber man könnte so eben..
 

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