Huhu,
vier Gedanken hierzu:
1.) Für mich besteht die Lösung nicht darin, dass ich die Nervosität wegbekommen möchte, sondern dass ich lerne mit ihr umzugehen, bzw. verstehe wie ich genau in einer solchen Situation funktioniere und reagiere. Hilfreich sind für sowas SEHR viele und regelmäßige "Aufnahmesessions" (oder im Fall der Bühnennervosität Konzerte, interne Klassenvorspiele, Vorspiele vor Freunden, etc.). Mit der Zeit lernt man sich dann in der "Ausnahmesituation" der Aufnahme/Bühne kennen, und weiß wie man funktioniert. Die Nervosität verschwindet dann zwar nicht, aber man lernt trotz der Nervosität handlungsfähig zu bleiben und sich zu vertrauen. Hier kann auch eine lange Aufnahmesession hilfreich sein, in der du das selbe Stück 4-8 mal hintereinander aufnimmst. Da kannst du jedes mal eine andere Einstellung ausprobieren und merken, wie du dich am wohlsten fühlst.
2.) Es gibt hilfreiche "Rituale", die einem helfen können in einer solchen Situation wieder "zu sich zu kommen". Mir hilft es hier mich auf die Wand hinter dem Flügel zu konzentrieren oder (wenn das Pult ausgebaut ist) den Hämmern beim Spiel zuzusehen. Auch "Alexandertechnik" kann hier helfen: Sich einfach mal auf bestimmte Körperbereiche konzentrieren (z.B. die Atmung, die Anspannung im Arm, etc.) kann Wunder wirken.
3.) Die Nervosität hat eigentlich immer einen zugrundeliegenden, "tiefenpsychologischen Grund". Wenn die Nervosität bei Aufnahmen eher auftritt als vor Publikum, dann liegt das denn Schluss nahe, dass man vielleicht einen zu großen Perfektionsdrang in der Aufnahme-/Bühnensituation hat, oder der eigene Richter "zu streng ist". Hier ist es extrem hilfreich sich intensiv mit sich selbst auseinanderzusetzen und genau zu verstehen, was die Ursachen für die Nervosität sind. Also welche evtl. unausformulierten Ängste, Maxime, Anforderungen an sich selbst, etc. zu der Nervosität führen. Diese kann man dann, wenn man die Kraft dazu hat, behandeln. Mir hilft es hier z.B. meinen Perfektionsanspruch auf das Üben zu beschränken ("so gut wie möglich üben") und beim (Vor-)spielen die Musikalität in den Vordergrund zu stellen ("so Ausdrucksstark wie möglich spielen") und die Perfektion weniger wichtig werden zu lassen.
4.) Und zuletzt hilft Erfahrung: Mit der Zeit bekommt man eine "Spieleinstellung" von der man weiß, dass sie in fast allen Situationen gut funktioniert, oder andersherum aufgezogen: Der eigene Erfahrungsraum ist groß genug, um der eigenen Herangehensweise in allen Situationen vertrauen zu können. Bis dahin ist es ein wetier Weg, und so weit bin ich leider auch bei weitem noch nicht. Es dauert einfach lange, und bis es so weit ist, bleibt es einfach hart!
Liebe Grüße
Daniel