Marlene
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Vielen lieben Dank für Deine Beschreibung, Marlene!
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Vielen lieben Dank für Deine Beschreibung, Marlene!
Und das macht sie schlechter?
die einen wollen Ruhe, um sich ganz auf die Musik einlassen zu können
Ich habe mal ein Konzert von Piotr Anderszewski besucht. Veranstalter war die Bach-Gesellschaft und so wurden Stücke von Bach und selten gespielte Stücke von Schumann gespielt (z.B. eine Bearbeitung der 6 Studien für den Pedalflügel). Das Publikum bestand offenbar zu weiten Teilen aus Mitgliedern der Bach-Gesellschaft und war ein im Hören erprobtes und fachkundiges Publikum.
Anderszewski hat so hervorragend gespielt, dass das Publikum sich die gesamte Zeit nicht rührte. Er tauchte in das musikalische Material ein, es ging überhaupt nicht mehr um Leistung und irgendwelche äußeren Faktoren. Er hörte der Musik so intensiv zu, dass sich diese Konzentration auf das Publikum übertrug. Es war wirklich ein einzigartiger Klavierabend.
Viele Menschen heute sind nicht mehr geübt darin, zu lauschen und gleichzeitig körperlich passiv zu bleiben. Lässt man sich drauf ein, ist im Innern bei solch einem Konzert aber jede Menge los. Meine persönliche Theorie ist, dass die Huster deshalb zustande kommen, weil sich innere Zustände und Gefühle, ausgelöst durch das Hören der Musik, durch irgendeine körperliche Aktion einen Weg nach außen bahnen müssen. :p
Es ist nicht einfach: viele Menschen stoßen die Rahmenbedingungen eines regulären Klavierabends ab (schicke Kleidung, Publikum eher im höheren Alter, kein Wort wird geredet, bestimmte Benimm- und Klatschregeln) - sie werden mit Spießigkeit, Snobismus etc. gleichgestellt. Zuhörer haben unterschiedliche Bedürfnisse: die einen wollen Ruhe, um sich ganz auf die Musik einlassen zu können, den anderen kommt das zu zwanghaft vor und sie möchten mehr Natürlichkeit im Umgang mit dieser Situation. Andererseits ermöglicht diese Stille und wesentliche Konzentration auf das Hören der Musik Erlebnisse, die weitab vom Alltag liegen und ganz außerordentlich sein können. Nur so kann man die Musik mit allen Facetten wahrnehmen - nicht selten schließen Zuhörer im Konzert auch komplett die Augen.
Liebe Grüße
chiarina
habe ich kurz gestutzt: Ist das wirklich so und wenn ja, wann (früher) war es anders und warum - oder ist es nur eine Variation von "früher war alles besser" ? Vielleicht liegt es ja auch daran, daß heute in vergleichsweise mehr Konzerten ein breiteres und eben nicht (wie in Deinem Beispiel) "im Hören erprobtes und fachkundiges" Publikum angesprochen wird ?Viele Menschen heute sind nicht mehr geübt darin, zu lauschen und gleichzeitig körperlich passiv zu bleiben.
Vielen lieben Dank für Deine Beschreibung, Marlene!
Kommt natürlich auf die Veranstaltung an - manchmal schon, aber nicht allzu oft. Ist mal ganz nett, aber nicht überwältigend. Ich wusste nur nicht, ob das bei klassischen Konzerten vielleicht nochmal was ganz anderes ist.
Als ich die Karte kaufte bekam ich eine CD und eine DVD vom Konzert in London. Neben mir meinte jemand, die Tonträger wären ja schon mehr wert als der Eintritt in das Konzert.
Nur bei habe ich kurz gestutzt: Ist das wirklich so und wenn ja, wann (früher) war es anders und warum - oder ist es nur eine Variation von "früher war alles besser" ? Vielleicht liegt es ja auch daran, daß heute in vergleichsweise mehr Konzerten ein breiteres und eben nicht (wie in Deinem Beispiel) "im Hören erprobtes und fachkundiges" Publikum angesprochen wird ?
Lieber Rubato,
ehrlich gesagt weiß ich es nicht. Es ist nur eine Vermutung meinerseits, dass heute weniger Ruhe herrscht als früher. Die Geschwindigkeiten von allem nehmen immer mehr zu und das macht es nicht leicht, manchmal inne zu halten. Nicht umsonst sind Entspannungstechniken etc. en vogue. Vielleicht liege ich auch falsch.
Liebe Grüße
chiarina
Viele Menschen heute sind nicht mehr geübt darin, zu lauschen und gleichzeitig körperlich passiv zu bleiben. Lässt man sich drauf ein, ist im Innern bei solch einem Konzert aber jede Menge los. Meine persönliche Theorie ist, dass die Huster deshalb zustande kommen, weil sich innere Zustände und Gefühle, ausgelöst durch das Hören der Musik, durch irgendeine körperliche Aktion einen Weg nach außen bahnen müssen.
Ist das wirklich so und wenn ja, wann (früher) war es anders und warum - oder ist es nur eine Variation von "früher war alles besser" ? Vielleicht liegt es ja auch daran, daß heute in vergleichsweise mehr Konzerten ein breiteres und eben nicht (wie in Deinem Beispiel) "im Hören erprobtes und fachkundiges" Publikum angesprochen wird ?
Ich glaube, dass ihr hier einer "Früher-war-alles-besser"-Illusion aufsitzt. (...)
Darüber hinaus ist es aus meiner Sicht nicht angebracht, Ferndiagnosen abzugeben à la "die können sich nicht auf die Musik einlassen". Das könnt ihr einfach nicht wissen.
In Chiarinas Beispiel des Konzerts, bei dem das Publikum so ruhig saß, würde ich z.B. wetten, dass ein signifikanter Prozentsatz der Leute sich trotz Rücken-, Knie- oder sonstigen Schmerzen einfach nicht getraut hat, sich zu bewegen, weil sie in dieser Stille keine giftigen Blicke auf sich ziehen wollten. Wie groß deren Musikgenuss dann noch war, kann man ja nachfühlen.
Es gibt allerdings mehrere Motivation, ein Konzert zu besuchen, z.B. weil es zu einem bestimmten Gesellschaftsbild dazugehört. Das ist keine Vermutung! Es werden manchmal von Firmen Kontingente an Plätzen aufgekauft, zu denen dann die höher gestellten Kunden eingeladen werden. Dann anschließendes Dinner oder - noch besser - in der Pause im gemieteten Salon nebenan Häppchen und Sekt .... .
Das nun ist aber auch eine Vermutung! Das kannst du nicht wissen! :p
Sviatoslav Richter über das Publikum:
...
Ehrlich gesagt, ist mir das Publikum gleichgültig."
:p
Jeder, der den Künstler auf der Bühne erlebt hat, weiß um seine Empfindlichkeit einem sich räuspernden Publikum gegenüber. Sein "Ich kann Sie hören, aber Sie mich nicht", mit dem er einst einem hustenden Auditorium in Chicago begegnete, verrät ebenso Brendels Augenzwinkern wie seine Anregung: "Wenn Sie schon husten müssen, dann tun Sie dies bitte an den leisen Stellen oder in Generalpausen. Die Huste-Nur-Medaille ist Ihnen sicher. PS: Bei komischen Stücken darf gelacht werden."
Auch wenn man hohe Eintrittspreise zahlt – es gibt eine stille Vereinbarung, wie man sich zu verhalten hat, wie man Husten unterdrücken oder wenigsten hinter einem Tuch pianisieren kann. Diesen ästhetischen, diesen ungeschriebenen Teil des konzertanten Knigges verdanken wir nicht zuletzt den Anstrengungen Alfred Brendels und kennen somit einen wichtigen Aspekt seiner Berufung zum Mediator des Schönen, Wahren, Guten und des Geflissentlichen.
Aber wie ich gerade gesehen habe gab es das Thema hier schon:
https://www.clavio.de/forum/sonstiges/14368-dem-publikum-husten.html
In Köln waren es Husten, ein klingelndes Handy und eine knallende Tür die Herrn Schiff nachvollziehbar erbost haben.
Dazu ein passender Pressebericht: Schluss mit dem Theater ums Handyklingeln - Welt - TagesspiegelJa, die Mobiltelefone...
Bevor András Schiff vor einigen Monaten in der Beethovenhalle gespielt hat wurde eine nette Durchsage zu Gehör gebracht:
„Und bitte vergessen Sie nicht nach dem Ende des Konzerts Ihrer Handys wieder einzuschalten!“.
Vor einigen Monaten gab es in der Philharmonie die absolute „Krönung“: Ein Handy hat geklingelt und – man mag es kaum glauben – der Besitzer hat das Gespräch angenommen und das mitten im Konzert. Die Missbilligung anderer Zuhörer hat wohl dafür gesorgt, dass er nach der Pause nicht mehr erschienen ist.