Meinungsfreiheit und Pianisten

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elli

Guest
Es gibt noch einen Fall Zimermann.

Der polnische Starpianist Krystian Zimerman hat am Sonntagabend bei einem klassischen Konzert in der Disney Halle in Los Angeles seine Meinung über die Obama-Politik gegenüber dem Publikum geäussert.

Er hob gegen Ende seines Konzerts seine Hände zum ersten Akkord des letzten Satzes. Da liess er sie plötzlich sinken und wandte sich an sein Publikum. Er werde künftig nicht mehr in den USA spielen, sagte er und rief wörtlich: "Hände weg von meinem Vaterland." Damit protestierte er gegen Barack Obamas Ankündigung, US-Raketen auf polnischem Boden zu installieren.

Die Reaktionen des Publikum waren geteilt: Einige applaudierten, andere riefen, er solle schweigen und spielen, dritte beschimpften ihn, ca. 30 bis 40 Personen verliessen den Saal.

"Ja, gewisse Leute marschieren sofort los, wenn sie das Wort 'Militär' nur schon hören", kommentierte Zimerman den Exodus trocken. Anschliessend spielte er Szymanowskis "Variationen über ein polnisches Volkslied" laut einem Bericht der Los Angeles Times mit solcher Leidenschaft, dass das Publikum heftigen Applaus spendete.

Zimerman, der als einer der besten Klavierspieler der Welt gilt, hat seit 2006 verschiedentlich gegen die amerikanische Politik protestiert, insbesondere kritisierte er George W. Bush und das Gefangenenlager Guantanamo Bay. Für seinen Antiamerikanismus hat er auch persönliche Gründe. Kurz nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 wurde sein wertvolles Steinway-Piano vom amerikanischen Zoll konfisziert und zerstört, weil die Zollbeamten dem Leim misstrauten.

Seither reist Zimerman nur noch mit dem mechanischen Innern seines Pianos, das er jeweils vor Ort in eine Steinway-Hülle einbaut, die dauerhaft in New York steht. Als er im Jahr 2006 einen neuen Versuch unternahm, sein eigenes Piano in die Staaten mitzunehmen, beschlagnahmte der amerikanische Zoll es prompt für fünf Tage.

Sumi Hahn, eine Journalistin aus Seattle, die Zimerman Anfang des Monats interviewt hatte sagte, sie ist nicht über seinen Ausbruch überrascht. Sie sagte, er hätte ihr erzählt, dass er "gemischte Gefühle über Amerika hätte."

"In den letzten fünf Jahren," zitierte sie ihn, "ist etwas hier passiert, was die Welt verändert hat: ein Krieg der auf Lügen beruht ... so viel Schaden wurde weltweit angerichtet und die Amerikaner haben keine Ahnung davon."
 
Oft ist es ratsam, berufliches und privates zu trennen, und das hat auch seine guten Gründe. Andererseits steht es natürlich jedem frei, und natürlich beinhaltet das auch Personen von größerer Bekanntheit, seine Meinung bzw. politischen Standpunkt kundzutun. Dass das Konsequenzen haben kann, wenn die Meinung nicht genehm ist, ist klar.
Dann gibts noch das Spannungsfeld von Kunst und Politik. Ist jede Kunst auch politisch? Inwieweit kann ein Pianist überhaupt durch die Ausübung seines Handwerks politisch sein, ausser vielleicht durch die Auswahl seiner Vortragsstücke?
 
Wenn du wissen willst, wer dich beherrscht, finde heraus, wen Du nicht kritisieren darfst. (Voltaire)

Rechte, von denen man keinen Gebrauch macht, die verliert man.
 
Zuletzt bearbeitet:
András Schiff hat sein Heimatland Ungarn seit 4 Jahren nicht mehr betreten weil er in einem offenen Brief die Frage gestellt hatte, ob Ungarn angesichts der Menschenrechtslage und der Politik der Regierung überhaupt würdig sei, die EU-Ratspräsidentschaft anzutreten und daraufhin massiv angefeindet und bedroht wurde. Letztendlich muss jeder Künstler, wie jeder andere Mensch auch, für sich entscheiden, ob und in welchem Rahmen er sich politisch äußert oder nicht. Ich glaube nicht, dass Musiker aufgrund ihrer Tätigkeit per se politischer oder unpolitischer als andere Menschen sind.
 
Es gibt noch einen Fall Zimermann.

Der polnische Starpianist Krystian Zimerman hat am Sonntagabend bei einem klassischen Konzert in der Disney Halle in Los Angeles seine Meinung über die Obama-Politik gegenüber dem Publikum geäussert.

Er hob gegen Ende seines Konzerts seine Hände zum ersten Akkord des letzten Satzes. Da liess er sie plötzlich sinken und wandte sich an sein Publikum. Er werde künftig nicht mehr in den USA spielen, sagte er und rief wörtlich: "Hände weg von meinem Vaterland." Damit protestierte er gegen Barack Obamas Ankündigung, US-Raketen auf polnischem Boden zu installieren.

Die Reaktionen des Publikum waren geteilt: Einige applaudierten, andere riefen, er solle schweigen und spielen, dritte beschimpften ihn, ca. 30 bis 40 Personen verliessen den Saal.

"Ja, gewisse Leute marschieren sofort los, wenn sie das Wort 'Militär' nur schon hören", kommentierte Zimerman den Exodus trocken. Anschliessend spielte er Szymanowskis "Variationen über ein polnisches Volkslied" laut einem Bericht der Los Angeles Times mit solcher Leidenschaft, dass das Publikum heftigen Applaus spendete.

Zimerman, der als einer der besten Klavierspieler der Welt gilt, hat seit 2006 verschiedentlich gegen die amerikanische Politik protestiert, insbesondere kritisierte er George W. Bush und das Gefangenenlager Guantanamo Bay. Für seinen Antiamerikanismus hat er auch persönliche Gründe. Kurz nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 wurde sein wertvolles Steinway-Piano vom amerikanischen Zoll konfisziert und zerstört, weil die Zollbeamten dem Leim misstrauten.

Seither reist Zimerman nur noch mit dem mechanischen Innern seines Pianos, das er jeweils vor Ort in eine Steinway-Hülle einbaut, die dauerhaft in New York steht. Als er im Jahr 2006 einen neuen Versuch unternahm, sein eigenes Piano in die Staaten mitzunehmen, beschlagnahmte der amerikanische Zoll es prompt für fünf Tage.

Sumi Hahn, eine Journalistin aus Seattle, die Zimerman Anfang des Monats interviewt hatte sagte, sie ist nicht über seinen Ausbruch überrascht. Sie sagte, er hätte ihr erzählt, dass er "gemischte Gefühle über Amerika hätte."

"In den letzten fünf Jahren," zitierte sie ihn, "ist etwas hier passiert, was die Welt verändert hat: ein Krieg der auf Lügen beruht ... so viel Schaden wurde weltweit angerichtet und die Amerikaner haben keine Ahnung davon."
Der Zimmermann ist ja cool, finde ich gut wie er sich einsetzt. Ob er Recht hat weiss ich nicht, ist auch egal, es ist seine Meinung. Vielleicht brauchen aber die Polen auch dringend die Raketen, wer weiss das schon. Pianisten müssen soviel üben, da können sie nicht nebenbei noch nuklearstrategische Studien machen, oder ?

Besser jedenfalls als Grölemeier, der gnadenlos auf der Flüchtlingswelle reitet und mit Benefizkonzerten Selbstmarketing betreibt, dabei aber schön bequem in England wohnt, wo in seiner Gated Community sicher nie ein Syrer ankommt.
 
Politische Statements von Musikern gab es auch schon früher: Artur Rubinstein weigerte sich nach dem Krieg, in der Bundesrepublik aufzutreten. (Er gab aber gerne Konzerte in grenznahen Städten, wobei ein Großteil der Kartenkontingente nach Deutschland wanderte - ein Schelm, wer Böses dabei denkt). Rudolf Firkusny weigerte sich, in seinem sozialistisch regierten Heimatland CSSR aufzutreten. Maurizio Pollini verlas in den 60er Jahren vor seinen Konzertauftritten Resolutionen gegen den Vietnamkrieg.
 
Politische Statements von Musikern gab es auch schon früher: Artur Rubinstein weigerte sich nach dem Krieg, in der Bundesrepublik aufzutreten. (Er gab aber gerne Konzerte in grenznahen Städten, wobei ein Großteil der Kartenkontingente nach Deutschland wanderte - ein Schelm, wer Böses dabei denkt)
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der Schelm war nicht Rubinstein, sondern sein Agent Piu Chesini Au concert AG Basel, liegt auch schon bald seit über 25 Jahre unter dem Boden
Er war es, der ein Teil der Kartenkontigente nach Lörrach und Freiburg brachte, Rubinstein wusste davon nichts. Chesini war es wichtig die Säle zu füllen, damit er richtig profitieren konnte und die Rechnung ging bei ihm immer auf.
Chesini war vor Jahrzehnten der Agent in der Schweiz, der bald alle grosse Pianisten, wie Richter, Gilels, Serkin, Michelangeli, Pollini, Radu Lupu usw. unter seinen Fittichen hatte.
Er war der Impresario welcher sich um die Musiker hervorragend gekümmert hat, da stimmte alles.
Den heutigen Veranstaltern fehlt es häufig an Anstand, nachdem Konzert, gibt es keine Einladung zum Essen mehr.
"Der Mohr hat seine Schuldigkeit getan der Mohr kann gehen"
Dazu könnte auch Sokolov einiges sagen, was er schon alles erleben musste, sehr traurig!
 
Der Zimmermann ist ja cool, finde ich gut wie er sich einsetzt.

Und gleichzeitig macht er sich durch den Umstand, dass er seinen Flügel - in meinen Augen - unnötigerweise durch die Weltgeschichte fliegen lässt, bei mir unsympathisch. Heutzutage gibt es doch sicherlich auch in den USA und anderen Ländern sehr gute Konzertflügel. Glücklicherweise nimmt er heute ja nur noch die Mechanik mit.
 

Gabriela montero verkündete vor einigen Monaten auf Facebook, dass man sie wegen ihrer anhaltenden Kritik am Regime in Venezuela von einem Konzert ausgeladen habe...
 
Und gleichzeitig macht er sich durch den Umstand, dass er seinen Flügel - in meinen Augen - unnötigerweise durch die Weltgeschichte fliegen lässt, bei mir unsympathisch. Heutzutage gibt es doch sicherlich auch in den USA und anderen Ländern sehr gute Konzertflügel. Glücklicherweise nimmt er heute ja nur noch die Mechanik mit.

Mein Klavierstimmer hat schon oft für zimerman gearbeitet. Er musste den Flügel morgens stimmen, dann habe zimerman ein Zelt darüber aufgebaut und keiner habe zuschauen dürfen wie er den Flügel vorbereitet habe.

Übrigens, die new Yorker Steinway sind qualitativ den Hamburgern unterlegen, das ist ein offenes Geheimnis. Beginne wohl schon mit dem Lack... New York matt, Hamburg Hochglanz, große Auswirkungen auf den Klang...
 
Na ja, jedem das Seine. Wenigstens verpestet er damit nicht die Luft.
Diesen Hype um seinen Flügel finde ich persönlich doch ganz schön übertrieben.

Wer weiß das schon. Es gibt schlimmeres Hypes.
Die Verrücktheiten vom amerikanischen Zoll hat sich ja zumindest nicht Zimerman ausgedacht.

Verdächtiger Leim im Flügel? Von einem Weltstar? Echt jetzt? Wie bekloppt muss man sein...Paranoia kennt zwar keine Grenzen, aber so viel Dummheit kann nur Absicht sein.

Und ich höre seine Aufnahmen am Liebsten, sogar die heimlichen Mitschnitte klingen oft großartig, nicht nur weil er toll spielt, sondern weil der Flügel ansich bei seinen Auftritten einfach immer toll klingt.
Mag sein, seine Flügelmarotte ist wie wenn sich Tennisstars 10 bei jedem Satz die Schuhe neu binden oder sowas...eine Art Konzentrationsritual. Oder er macht halt wirklich irgendwas Besonders...letztlich zählt, was hinten rauskommt, (c) Kohl.
 
Und gleichzeitig macht er sich durch den Umstand, dass er seinen Flügel - in meinen Augen - unnötigerweise durch die Weltgeschichte fliegen lässt, bei mir unsympathisch. Heutzutage gibt es doch sicherlich auch in den USA und anderen Ländern sehr gute Konzertflügel. Glücklicherweise nimmt er heute ja nur noch die Mechanik mit.
Meinst du wegen dem CO2 Ausstoss? Der ist nicht so schlimm, andere Leute fliegen ja zum Konzert, das ist schlimmer. Und die Pflanzen freuen sich, die brauchen ja das CO2 für die Photosynthese. Das wird leider in den Klimadiskussionen immer vergessen. Ohne Flugverkehr geht das Waldsterben vielleicht erst rivhtig los. Aber das tun viele gleich wieder als Verschwörungstheorie ab. Und das zeigt, wie sehr Greenpeace und die Ökoindustrie schon das Denken unterwandert haben.
 
Das eine vorweg: als Person ist mir Richard Wagner überhaupt nicht sympathisch. Aber was kann er dafür, wenn er 50 Jahre nach seinem Tod von den Nationalsozialisten vereinnahmt wird. Und wenn man Wagners Antisemitismus ins Feld führt, dann bleiben auch viele andere abendländische Geistesgrößen nicht unbefleckt: ich erinnere nur an Luthers antisemitische Ausfälle, an Karl Marx oder Heinrich Heine (aber wie sagte schon Robert Gernhard: "Die Kritiker der Elche waren früher selber welche.").
 
Das eine vorweg: als Person ist mir Richard Wagner überhaupt nicht sympathisch. Aber was kann er dafür, wenn er 50 Jahre nach seinem Tod von den Nationalsozialisten vereinnahmt wird. Und wenn man Wagners Antisemitismus ins Feld führt, dann bleiben auch viele andere abendländische Geistesgrößen nicht unbefleckt: ich erinnere nur an Luthers antisemitische Ausfälle, an Karl Marx oder Heinrich Heine (aber wie sagte schon Robert Gernhard: "Die Kritiker der Elche waren früher selber welche.").

Erstmal danke, für das Zitat, müsste es nachschauen, weil ich noch nicht gehört hatte.
http://m.welt.de/?homescreen&wtmc=bookmark.safari.tablet.ios..bookmark_safari_ipad

Ich habe noch nicht verstanden, wen du jetzt als Kritiker betrachtest.

Viele Grüße
Marion
 

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