... bitte folgendes Experiment durchdenken:
Zwei Deutsche von gleicher Intelligenz und Sprachkompetenz bekommen jeweils einen Text in einer ihnen absolut fremden, "unverständlichen" Sprache und sollen in xy Stunden so viel wie möglich davon kapieren. Die eine Person bekommt einen Text in Tschechisch, die andere einen in Koreanisch. Beide Testpersonen verstehen zunächst nur Bahnhof
knien sich aber mit Akribie rein.
Wer von beiden kommt mit seinem zugeteilten Text besser klar?
Banale Prognose: Die Person mit dem tschechischen Text. Letzterer ist nicht nur in der in Mitteleuropa gebräuchlichen lateinischen Schrift geschrieben, sondern das Tschechische folgt auch der grammatischen Grundstruktur indoeuropäischer Sprachen, wenn auch einer slawischen Sprache, die einen größeren linguistischen Abstand vom Deutschen hat als z. B. Holländisch, Dänisch, Englisch, Schwedisch. Man erkennt, wo die Verben stehen, dass sie verschiedene Endungen haben, man erkennt das Subjekt und die Objekte. Auch wenn die Person keine Ahnung hat, was die Wörter bedeuten: Sie erkennt die Struktur. Am Ende der xy Stunden braucht sie nur noch ein Wörterbuch und hat den Text geknackt.
Derjenige mit dem koreanischen Text tut sich bedeutend schwerer, jede Wette. Er hat es nicht nur mit einem völlig fremden Schriftsystem, sondern auch mit einem fremden Grammatiksystem zu tun.
Das Gemeine: Auch wenn die Person mit dem tschechischen Text gute Chancen hat, seinen Sinn halbwegs zu durchschauen, kann sie deshalb noch lange keinen tschechischen Text formulieren.
Diesen immensen Unterschied zwischen passiver und aktiver Sprachkompetenz gibt es leider auch in der Musik. Ein Musikstück zu analysieren, ist mit etwas Kenntnis und Übung auch für Anfänger durchaus drin. Ein gleichwertiges Musikstück zu komponieren hingegen ...
dafür muss man erheblich mehr auf dem Kasten haben.