Mehreres gleichzeitig; Stücke, Stile

leider wird uns Spätanfängern diese Fähigkeiten verwehrt bleiben

Welche Fähigkeit genau meinst du jetzt?

Die Theorie zu lernen erfordert Zeit, aber machbar ist es auch für uns Späteinsteiger. Ein Instrument ohne Musiktheorie und Harmonielehre habe ich einmal in jungen Jahren versucht. Das wird sich diesmal nicht wiederholen. Und wenn ich was nicht kapiert habe frage ich meinen KL oder hier.
 
Aber, allein die Grundlagen der Musik brauchen schon Jahre...um es zu verstehen.

Eben. Es reicht nämlich nicht, ein oder zwei Bücher (oder 10) zu lesen. Man braucht auch die erlebte Erfahrung beim Musizieren, man muss den Klang kennen, der sich hinter den Definitionen verbirgt, und eine (ebenfalls durch praktische Erfahrung und Talent) nach und nach etablierte Vorstellung, "wie Musik funktioniert".

Der Vergleich mit Sprache (einem Geflecht aus Grammatik, Semantik und Lexik) drängt sich auf. Durchschnittliche Sprecher können sich artikulieren, obwohl sie nicht jederzeit "theoretisch" Rechenschaft ablegen können, warum sie so formulieren. Sie benutzen z. B. einen Akkusativ, ohne je gelernt zu haben, dass das Ding so heißt, und was es mit der Transitivität von Verben auf sich hat. Es bringt ihnen wenig bis gar nichts, ein Buch mit den grammatischen Regeln durchzulesen (denn auch dieses Buch bedient sich eines Begriffskanons, dessen Bedeutung sie nicht kennen).

Normalerweise versteht man zumindest im Groben, welcher Sprache sie sich bedienen und was in etwa sie ausdrücken wollen, auch wenn sie falsche Endungen benutzen und "irgendwie unpassende" Vokabeln.

Musik ist ein ebensolches Geflecht. Tonalität könnte man z. B. als grammatische Struktur begreifen, Diatonik als Semantik, als Lexik könnte man die Harmonielehre auffassen. Durchschnittliche Hörer können intuitiv aufgrund ihrer abendländischen Hörgewohnheiten sagen, dass "es gut klingt", aber sie können nicht sagen warum. Ist fürs Überleben auch unerheblich.


... bitte folgendes Experiment durchdenken:

Zwei Deutsche von gleicher Intelligenz und Sprachkompetenz bekommen jeweils einen Text in einer ihnen absolut fremden, "unverständlichen" Sprache und sollen in xy Stunden so viel wie möglich davon kapieren. Die eine Person bekommt einen Text in Tschechisch, die andere einen in Koreanisch. Beide Testpersonen verstehen zunächst nur Bahnhof :009: knien sich aber mit Akribie rein.

Wer von beiden kommt mit seinem zugeteilten Text besser klar?

Banale Prognose: Die Person mit dem tschechischen Text. Letzterer ist nicht nur in der in Mitteleuropa gebräuchlichen lateinischen Schrift geschrieben, sondern das Tschechische folgt auch der grammatischen Grundstruktur indoeuropäischer Sprachen, wenn auch einer slawischen Sprache, die einen größeren linguistischen Abstand vom Deutschen hat als z. B. Holländisch, Dänisch, Englisch, Schwedisch. Man erkennt, wo die Verben stehen, dass sie verschiedene Endungen haben, man erkennt das Subjekt und die Objekte. Auch wenn die Person keine Ahnung hat, was die Wörter bedeuten: Sie erkennt die Struktur. Am Ende der xy Stunden braucht sie nur noch ein Wörterbuch und hat den Text geknackt.

Derjenige mit dem koreanischen Text tut sich bedeutend schwerer, jede Wette. Er hat es nicht nur mit einem völlig fremden Schriftsystem, sondern auch mit einem fremden Grammatiksystem zu tun.

Das Gemeine: Auch wenn die Person mit dem tschechischen Text gute Chancen hat, seinen Sinn halbwegs zu durchschauen, kann sie deshalb noch lange keinen tschechischen Text formulieren.

Diesen immensen Unterschied zwischen passiver und aktiver Sprachkompetenz gibt es leider auch in der Musik. Ein Musikstück zu analysieren, ist mit etwas Kenntnis und Übung auch für Anfänger durchaus drin. Ein gleichwertiges Musikstück zu komponieren hingegen ... :019:dafür muss man erheblich mehr auf dem Kasten haben.
 
Zuletzt bearbeitet:
Synthese ist meist viel schwieriger als Analyse.

Grüße
Häretiker
 
Synthese ist meist viel schwieriger als Analyse.

Grüße
Häretiker
Als Synthese bezeichnet man die Vereinigung von zwei oder mehr Elementen zu einer neuen Einheit.
Bei der Analyse wird eine bestehende Verbindung in seine Elemente zerlegt.
Na ja, ein Stück zerlegen um daraus etwas neues zu schaffen ???? Würde meine Fähigkeiten bei weitem übersteigen......
 

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