Liszt: Rigoletto-Paraphrase

hallo marcus,

es erstaunt mich, dass Dir der Komponist Liszt als singuläre Erscheinung noch nicht aufgefallen ist - das erstaunt mich wirklich! Schlagworte wie Wagner-Liszt-Schule, sinfonische Dichtungen, "Programmmusik" finden sich in allen musikgeschichtlichen Büchern.
Das liegt vielleicht daran, dass ich bei Liszt Vorurteile habe/hatte. Ich glaube, die sind gar nicht mal so selten.
Welcher Klavierschüler sucht sich ein Werk von Liszt aus? Jemand, der wunderbare Musik sucht? Nach meiner Erfahrung eher die, die sagen, "ich will mal was schweres spielen". Hauptaugenmerk also auf Liszts manuelle Hürden.

Das ist meine Erfahrung. Mir ging es früher genauso. Warum habe ich mich für den Liebestraum oder La Campanella interessiert? (und sie sogar geübt :D ) Weil sie schwer sind und ich dachte, sie würden mich weiterbringen.
Rückblickend natürlich Unsinn. Und weder La Campanella, das ich schnell wieder abgebrochen habe, noch den Liebestraum, den ich von vorne bis hinten "durch" hatte, konnte ich je gut spielen.

Aber jetzt wieder back to topic :)
 
Hallo Rolf,
ich würde gern Deinen Test mitschreiben. Besonders interessiert mich die Frage, ob Verdi tatsächlich von Liszts Paraphrase Kenntnis genommen hat.
Ich habe heute mit erschrecken festgestellt, dass Verdi für sein Geburtsjahr ja ewig gelebt hat...

Ich würde Deine Liste von Liszt-Werken für mich noch um die Petrarca-Sonette, Nuages gris und eigentlich auch um die Rhapsodie espagnole ergänzen wollen. Interessanter Weise hätte ich das 1. Klavierkonzert nicht auf
der Liste.
Was hältst Du eigentlich vom Faust-Walzer nach Gounod?

Hier mit dem nahezu vergessenen Sergio Fiorentino

Und - da ich ihm viel verdanke - damit er nicht ganz in Vergessenheit gerät:
Hier noch seine Campanella

Beste Grüße
Claudius
 
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Hallo Rolf (oder jeder andere, der hierzu eine Meinung hat):

die Rigoletto-Paraphrase endet mit einem Presto - dieses mutet dem/r Spieler/in Doppeloktaven in 16teln zu. Nun, die Sprache - auch die italienische - ist eindeutig, man muss nicht mit vor Mühe rotem Kopf interpretieren: Liszt verwendet das Material von genau drei Themen in diesem nur scheinbar lärmig-glanzvollen Oktaven-Finale:
- - - der Beginn der Passage ist eine chromatisch variierenden Kontraktion des 2. Themas der betrogenen, der angelogenen und ausgenutzten Gilde: infelice core traditor
- - - das Ende das Oktavenaufstiegs zitiert das Thema des erkennenden Lachens der Maddalena: ah ah rido ben di core
- - - der donnernd-glanzvolle Schluß in Des-dur verarbeitet das Material der bella figlia des amore Melodie, also die schöne da capo Melodie, die das Lügen darstellt, kurzum das Thema des fiesen Duca. Der "Glanz" im Original entsteht ganz speziell durch das aufwärts-Schleifen des Terzschritts des-f mittels der klein gestochenen Noten de-es-f - diese werden im Andante (Hauptteil der Paraphrase) übertragen, übersetzt in eine glitzernd-glanzvolle Passage, die natürlich genau den flaschen verlogenen Glanz des Duca sinnfällig in Klavierklang umsetzt

Wenn hier also schon vom "Ende" die Rede ist: Liszt lacht am Ende alle aus, die auf die Lüge der bella figlia Melodie hereingefallen sind und er lacht alle aus, die diese Übersetzung/Übertragung des inneren künstlerischen Gehalts des genialen Quartetts aus der Oper Rigoletto lediglich für glitzernde Showklimperei halten --- und das ist genial hier: exakt dieser Einsatz der virtuosesten pianistischen Mittel - sei kehren sich nämlich gegen die Erwartungshaltung.

Man zeige mir einen Klavierkomponisten wie Liszt, der auf ebenso vielschichtige Weise die äußersten technischen Mittel des Klavierspiels einsetzt, ja sogar ironisch und lachend und durchaus auch selbstironisch in Szene setzt.

Virtuosität zur Darstellung der Intention der Vorlage (Quartett von Verdi), und das heißt hier: zur Darstellung der Lüge, der Verlogenheit!!!

WOW

ist das nicht herrlich? - ein niederschmetternd virtuoses Oktavengedonner, jeder fällt drauf rein... und Liszt? der lacht!!! der lacht Heines "schönes gelles Lachen" aus dem berühmten Sonett.

das muss man wissen, bevor man sich mit dem Oktavenschluß womöglich lächerlich macht, indem man ihn wie ein endlich erreichtes und gewolltes Hurra-Finale runterdonnert.

Das ist -- wie alles andere, was Du hier zur Rigoletto-Paraphrase geschrieben hast -- hochinteressant. Nur, wie setze ich dieses Wissen in mein Spiel um? Also, bei welcher Spielweise macht man sich aus Deiner Sicht mit dem Oktavenschluss laecherlich, und bei welcher nicht? Fortissimo & presto-Doppeloktaven stecken ja doch einen recht engen interpretatorischen Rahmen. Sicher waere es leichter, die Frage am Klavier zu beantworten, aber vielleicht kann man es ja auch hier beschreiben?

P.S. Ich gehoere auch zu denen, die Rolfs fruehere Ausfuehrungen nicht gespeichert hatten und nun hier vermissen. Wenn jemand (Walter?) mir eine Kopie schicken koennte, wuerde ich mich sehr freuen (pianovirus at gmail.com).
 
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off-topic - zu Liszts Oeuvre

(1)
Besonders interessiert mich die Frage, ob Verdi tatsächlich von Liszts Paraphrase Kenntnis genommen hat.
Ich habe heute mit erschrecken festgestellt, dass Verdi für sein Geburtsjahr ja ewig gelebt hat...
(2)
Ich würde Deine Liste von Liszt-Werken für mich noch um die Petrarca-Sonette, Nuages gris und eigentlich auch um die Rhapsodie espagnole ergänzen wollen. Interessanter Weise hätte ich das 1. Klavierkonzert nicht auf
der Liste.
(3)
Was hältst Du eigentlich vom Faust-Walzer nach Gounod?

hallo Claudius,

(1)
Verdi hatte sich sehr über die Lisztschen Bearbeitungen gefreut, besonders die Rigoletto-Paraphrase hatte er geschätzt. Dass er so lange lebte, hatte für die Nachwelt so manchen vorteil, etwa in Form von Otello, Quattro Peci Sacri, Falstaf :)
(2)
meine Liste war ja extra als ohne Anspruch auf Vollständigkeit bezeichnet; natürlich auch die Petrarca-Sonette, besonders das in E-Dur (und auf einer anderen Ebene sicher auch die Valse-Caprices d´apres Schubert, also die Soirees de Vienne); Nuages gris zählt nach meiner Kenntnis schon zum Spätwerk, dasnahezu komplette Spätwerk hatte ich ja genannt.
Die Konzerte, so oft sie auch gespielt werden, haben bzgl. der Rezensionen eine Art Schattendasein: man bewundert (zu Recht!!!) den Bau der h-Moll Sonate, man vermutet (zu Unrecht) ein außermusikalisches Programm im Bau dieser Sonate - und man übersieht, dass die beiden vor der Sonate entstandenen Konzerte eine ebenfalls charakteristische, zum einsätzigen tendierende Lisztsche innovative Verarbeitung des Sonatenformkonzepts sind! Meiner Ansicht nach hebt nicht nur dieser Umstand das "Triangel-Konzert" (Eduard Hanslick in einer gehässigen Rezension) in erstaunliche Höhe (das Orchester funkelt schon fast wie in Les Preludes)

(3)
der Faust-Walzer aus der Oper "Margarethe" von Gounod steht und fällt mit der Vorlage: Gounod ist nicht Verdi... meiner Ansicht nach ist diese Bearbeitung eine zündende Zugabe, sehr spaßig (die tiefen Bassschläge), aber in der Darstellung des Bösen mit musikalischen Mitteln ist die Vorlage weder mit Liszt, noch mit Verdi oder Berlioz vergleichbar. Ein schönes, dankbares Virtuosenstück, bestens als Zugabe geeignet (und gar nicht mal so schwierig)

Da Du Fiorentini erwähnst, was Dir zu danken ist - ich füge noch, gerade als Lisztinterpret, Aldo Ciccolini an!

herzliche Grüße,
Rolf
 
...Oktaven... :)

Nur, wie setze ich dieses Wissen in mein Spiel um? Also, bei welcher Spielweise macht man sich aus Deiner Sicht mit dem Oktavenschluss laecherlich, und bei welcher nicht? Fortissimo & presto-Doppeloktaven stecken ja doch einen recht engen interpretatorischen Rahmen. Sicher waere es leichter, die Frage am Klavier zu beantworten, aber vielleicht kann man es ja auch hier beschreiben?

hallo pianovirus,

genau darum geht es: eine Idee, einen Ansatz zu finden - und das einzig aus der Musik, nicht aus irgendwelchen Vorstellungen wie diese oder jene "Technik" vermeintlich sein sollte! Deswegen habe ich ja als Wegweiser erklärt, was in diesem Oktavenpresto steckt :)

Übrigens irrst Du Dich mit dem vermeintlich engen interpretatorischen Rahmen bei den wirklich guten Doppeloktavstellen der Klaviermusik - aber das hebe ich noch für später auf (wird noch eine Weile dauern).

liebe Grüße, Rolf

demnächst wieder was zum Thema :)
 
Übrigens irrst Du Dich mit dem vermeintlich engen interpretatorischen Rahmen bei den wirklich guten Doppeloktavstellen der Klaviermusik - aber das hebe ich noch für später auf (wird noch eine Weile dauern).

Keine Eile & danke schon mal für die Antwort!

P.S. Ja sag' mal, hat noch keiner an Deinem Quiz "gearbeitet"? Dann fang ich mal an...
d) (und das habe ich erst aus Deinen Beiträgen erfahren): statt der fallenden Quinte Es-As Es-As setzt er den Tritonus Es-A Es-A (weiss gerade nicht auswendig, ob er es auch als A notiert); wie Du (überzeugend) argumentierst, als "Kommentar" zur Verlogenheit des Duca.

Siehste, wir haben aufgepasst, was der Rolf so erzählt... ;)
 
rolf,
hat eigentlich Listz selber etwas zu seinen Kompositionen gesagt? Gibt es Analysen oder Kommentare von ihm selber?

fragt neugierig (und zu träge um im Internet zu suchen :D)
netti
 
programmatische Überlegung


was hiermit geschieht -aber leider könnte es als unerfreulich aufgefasst werden.

Ich möchte es ganz direkt und unverblümt sagen: gut 90% aller Klavierspieler werden mit dieser Paraphrase nicht glücklich werden, sofern sie versuchen, sie zu spielen oder womöglich vorzuspielen.

Woran liegt das? Sie setzt a priori musikalisch und technisch auf höchstem Niveau ein, zwar nicht permanent (Klaviermusik ist ja nicht notwendig eine tour de force), aber dennoch hat Liszt einen ziemlich unpassierbaren Drahtverhau an Schwierigkeiten um diese herrliche Paraphrase angelegt - manchmal neige ich dazu zu glauben, dass er das vielleicht auch als eine Art Abwehr meint... (ich weiß es nicht, ich glaube das manchmal)

Und damit stellt sich die Frage der Nutzanwendung:
einerseits läßt sich an dieser Paraphrase sehr deutlich klarmachen, was Musik verstehen bedeutet - andererseits ist diese Paraphrase nun mal verdammt schwierig, sodass man ziemliche Probleme haben wird, das Verstehen in die Praxis umzusetzen - - - hierzu hat pianovirus ja schon völlig berechtigt die Frage gestellt, wie es um die Doppeloktaven des Presto-Finales bestellt ist.

Natürlich muss ich, nach Hintergrund, Einleitung und mit der Einleitung verschränktem Presto-Schluß, noch erklären, was der Hauptteil (der Mittelteil, das Andante) bedeutet und bietet.

aber danach wird es prekär, denn danach geht es an die manuelle Umsetzung, oder besser gesagt: danach wird es um Ideen gehen, wie man das Erkannte praktisch umsetzt - - und ich sage gleich: ich werde nicht erklären, wie man Sexten, Terzen oder Oktaven üben soll - ich werde erklären, mit welchem Hintergrund man hier an Sexten, Terzen, Oktaven und anderen technischen Fiesheiten ( :) ) herangehen kann (und soll).

Ich werde mich freuen, wenn sich beim Überdenken zur Praxis Fachleute konstruktiv einschalten!

Und ich bin auch gerne bereit, einen adäquaten Faden über irgendein vermeintlich "leichtes" oder "unaufwändiges" Klavierstück zu eröffnen bzw. mich ausführlich zu beteiligen - ich kann sogar jetzt schon prophezeien, dass mir zu Schumanns "Träumerei" nicht weniger einfällt als zur Rigoletto-Paraphrase.

Also:
die meisten werden die Rigoletto-Paraphrase nicht spielen. Sollen wir sie, wozu ich gerne bereit bin, dennoch als ein exemplarisches Klavierstück durchsprechen, an welchem Interessantes zum Verstehen und zum Ausführen demonstriert werden kann (im Rahmen dessen, was Worte leisten können)?

liebe Grüße,
Rolf
 
Hallo Rolf,

die meisten werden die Rigoletto-Paraphrase nicht spielen. Sollen wir sie, wozu ich gerne bereit bin, dennoch als ein exemplarisches Klavierstück durchsprechen, an welchem Interessantes zum Verstehen und zum Ausführen demonstriert werden kann (im Rahmen dessen, was Worte leisten können)?

Also wenn ich nicht der einzige Interessierte bin (den Eindruck habe ich allerdings nicht!) dann fände ich es wunderbar, wenn wir tatsächlich noch etwas bei der Rigoletto-Paraphrase bleiben könnten. Ich finde diese Art der Herangehensweise sehr interessant; eigentlich sollte man das für jedes Stück machen, das man studiert. Deshalb wäre es auch interessant, das zu gegebener Zeit nochmal an einem (oder mehreren) anderen Stücken (z.B. der Vorschlag mit der Träumerei) durchzuspielen, um vielleicht ein Muster zu erkennen, wie man beim Betrachten am besten vorgeht.

Und damit stellt sich die Frage der Nutzanwendung:
einerseits läßt sich an dieser Paraphrase sehr deutlich klarmachen, was Musik verstehen bedeutet - andererseits ist diese Paraphrase nun mal verdammt schwierig, sodass man ziemliche Probleme haben wird, das Verstehen in die Praxis umzusetzen - - - hierzu hat pianovirus ja schon völlig berechtigt die Frage gestellt, wie es um die Doppeloktaven des Presto-Finales bestellt ist.

Solche Fragen des Umsetzens stellen sich denke ich nicht in erster Linie wegen technischer Schwierigkeiten, sondern eher in musikalischer Sicht. Ein weiteres Beispiel für die Frage der musikalischen Umsetzung des hier Gelernten wäre neben den Doppeloktaven etwa der Tritonus in der Duca-Melodie: es ist ja wirklich ein frappierender Eingriff von Liszt ins Original. Aber ich kann das A ja nicht dramatisch betonen oder sonst etwas, das würde doch schnell unnatürlich/übertrieben wirken. Ich sehe es so: wer das Original kennt (oder dank Rolf darauf gebracht wurde), wird die Bedeutung des Intervalls bei jeder Interpretation hören, und wer es nicht kennt, der wird auch durch keine noch so gute Interpretation die tiefere Bedeutung des veränderten Intervalls erfassen können. Es handelt sich also meines Erachtens (aber lasse mich gerne eines bessern belehren) um Wissen, das für die Verständnis der Musik zwar absolut essentiell ist; pianistisch hingegen ist es (befürchte ich) fast nicht umsetzbar.
 
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Also:
die meisten werden die Rigoletto-Paraphrase nicht spielen. Sollen wir sie, wozu ich gerne bereit bin, dennoch als ein exemplarisches Klavierstück durchsprechen, an welchem Interessantes zum Verstehen und zum Ausführen demonstriert werden kann (im Rahmen dessen, was Worte leisten können)?

Hallo Rolf,

meine Finger haben im Liszt'schen Werk nichts verloren, da kämen höchstens Consolations in Frage. Dennoch lese ich diesen Faden sehr gerne mit, da er ein schönes Beispiel liefert, wie eine sinnvolle Annäherung an ein solches Werk geschehen kann.
Für mich gilt, wie auch bei anderen Beiträgen, dass ich Deine Informationen und natürlich auch die der anderen zumeist (fast) professionellen Forumsteilnehmer in gewisser Weise für mich destillieren muss, damit ich davon profitiere. Aber das ist ja das schöne an diesem Forum.
Deshalb ein Dankeschön für Deine Mühe, und die große Bitte, den Faden weiter zu spinnen.

Grüße,
Kristian
 

... als ein exemplarisches Klavierstück durchsprechen, an welchem Interessantes zum Verstehen und zum Ausführen demonstriert werden kann (im Rahmen dessen, was Worte leisten können)?...
Unbedingt, da schliesse ich mich marcus an, ich freue mich darauf, auch wenn ich Deinen Wunsch nach "....konstruktiv einschalten" nicht erfüllen kann.
Die Paraphrase ist Teil meiner ersten LP (lang ists her, noch in Mono) von Liszt-Klaviermusik, gespielt von Tamas Vasary. Natürlich hat sie mir gefallen und habe sie nun für mich digitalisiert. Nur hatte ich sie bisher als eine schön zu hörende Virtuosennummer über ein Ohrwurmthema angesehen. Der Reclam-Klaviermusikführer erwähnt sie auch nur in einem Satz. Die kompositorische Tiefgründigkeit ist bestimmt für viele überraschend.

Gruss
Manfred
 
ja, weitermachen! dass ich das niemals spielen werde spielt keine Rolle.. ich werde auch die Oper nie singen. Aber solche Zusammenhänge erklärt zu bekommen, finde ich hochspannend.

hat Liszt eigentlich selber seine Werke so kommentiert oder erklärt?
 
praxisorientiert

Hallo Rolf und Ihr alle auf dem Rigolettofaden begeistert mitlesenden,

Rolf hat wieder mit konstruktiven Beiträgen weiter gemacht, das freut mich ungemein und ich bin auch sehr dankbar dafür.
Damit ich nicht nur als Absahner hier unterwegs bin, will ich doch auch was dazu beitragen, hoffentlich was Konstruktives.
Rolf fordert ja auf:

„Ich werde mich freuen, wenn sich beim Überdenken zur Praxis Fachleute konstruktiv einschalten!“

Nun, Fachmann bin ich kein ausgewiesener, ich freue mich allerdings an dieser Musik und ich werde sie mir auch noch einverleiben. :p
Auch wenn Rolf mir den Mund noch so wässrig nach dieser Paraphrase macht ist sie für mich jetzt nicht dran. Chopin ist dieses Jahr bei mir die Devise und ich darf mich nicht verzetteln.

(Es reicht, wenn ich aus touristischen Gründen zusätzlich noch das Preludio zum ersten Akt von Aida und natürlich noch den Triumphmarsch eingestrudelt habe).

Aber: irgendwann fange ich mit dem Liszt-Stück an. Hier mein „Generalstabsplan“: :D

Preludio: ob ich den in Linke-Hand Oktaven notieren Anfang so spiele wie gedruckt oder ob ich dazu beide Hände nehme werde ich ausprobieren. Gesichtspunkte: kommt das Staccato wie es soll, bringe ich das im richtigen Tempo zustande, wie verhält sich der Anfang zu den entsprechenden Stellen im Hauptteil, aber auch „wie sieht das aus“ – die reine Optik?

Die längste Übezeit werde ich mir für das Doppeloktavenfinale gönnen, also fange ich damit an und lerne die letzten Takte auswendig, bevor ich den Rest überhaupt genauer unter die Lupe nehme.

Dann unbedingt die 32stel-Girlanden über der Tenormelodie. Fingersätze: bei Schirmer hat jede der kleinen Noten eine Fingerbezeichnung, taugt die was? Wie macht das Emil Sauer (Peters)? Auf jeden Fall möglichst wenig Untersätze oder sonstige Handbewegungen.

Weiter geht es mit dem „Kleingedruckten“. Wie sind die Passagen aufgebaut, in welchen Abständen wiederholen sie sich?
Bei Liszt werden mir solche Abläufe klarer, wenn ich mir anschaue, welches Tastenbild eine derartige Periode ergibt. Manchmal habe ich den Eindruck, dass der Komponist sich nach dem Tastenbild gerichtet hat (mehr als Chopin jedenfalls). Kann ein einfacher, logischer Fingersatz gefunden werden mit denselben Perioden?
Die chromatischen großen Terzen, guten Fingersatz ausprobieren und festhalten (die kann ich eigentlich schon von einer Saint-Saens-Etüde).

Phrasierung: Liszt unterscheidet in seiner Notation zwischen Staccato (das m.E. staccatissimo gespielt werden soll) und den Portato-Stellen bei der Imitation dieser Staccatopassagen.

Zum Üben selbst: im Unterschied zu sonstige Musikstücken werde ich mir die Paraphrase nach technischen Gesichtspunkten in Gruppen einteilen. Die Oktaven- und ähnliche Akkordstellen zusammen, die Läufe rechts zusammen und die Kadenzen zusammen. Jede dieser Gruppen werden für sich eingeübt und auswendig gelernt.
Ich kopiere mir ja meine Noten grundsätzlich und kann dann nur die Seiten in meinen Klarsichthüllen haben, die gerade in Arbeit sind. Mir tut das gut so, meine Konzentration auf die zu lernenden Abschnitte ist dann größer.

Da ich schon früher in dieser Paraphrase rumgespielt habe, bin ich zuversichtlich, dass das Ganze gut in meinen Schädel rein geht.

Aber zur Zeit gilt:
I tät es so mache, wenn ichs mache tät.
(Besserer Konjunktiv: ich ginge so vor, wenn ich jetzt an die Arbeit ginge.)

Lisztige Grüße

Walter


Fällt mir eine hübsche Parallele des Kabarettisten Hanns Dieter Hüsch ein:
Wann mir in Frankfurt was gewwe, dann gewwe mir gern – aber mir gewwe nix! :D
 
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Faden zugek(n)otet? - Aber Walter ......

Hallo,

habe ich jetzt Rolfs Rigolettofaden mit meinem vorstehenden Geschreibe abgewürgt - oder kommt noch was? :rolleyes:

Zugegeben: ich kann nichts Wesentliches zum Thema beitragen, ich spiele das Stück zur Zeit nicht, ich habe ein paar Aufnahmen (Ludwig Hoffmann von einer Platte aus den 70ern jetzt digitalisiert, der alte Busoni auf Welte-Mignon fallen mir spontan ein, sicher sind noch ein paar andere dabei), das war es dann aber auch schon.

Den Pavarotti habe ich mit Genuss angehört, die anderen Opern-Links auch - herrlich, aber ich habe auch nur begrenzt Zeit. :floet:

Ich habe schon jetzt von diesem Faden viel profitiert, könnte aber schon noch mehr davon ertragen! :D

Walter
 
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Damit hast Du nun zwei Hinweise, wie sich das praktisch umsetzen lässt:
a) die Melodie trotz des Tritonus mit großer "satter" Geste prahlerisch mezzoforte und so tenormäßig cantabile (schmelzend) spielen, wie nur möglich
b) die im ppp wie gehaucht im Hintergrund klingende (und mit ihren Verzerrungen entlarvende) Begleitung als echten psychologischen Kontrapunkt wahrnehmen - z.B. könnte man im Bass die typische Moll-Kadenzwendung bb-as-des winzig, aber spürbar herausholen (wer kennt diese Intervall-Folge nicht aus Rachmaninovs archaisierendem Salonstück "Prelude cis-Moll"?)
==> ==> es ist nicht leicht, eine Melodie in diesem Sinne mit einem radikal entgegengestzten "Charakter-Kontrapunkt" zu unterlegen - man muss hier quasi wie ein Klangregisseur vorgehen, dem nicht die winzigste Kleinigkeit auf der Bühne (Klangbühne) entgeht.
Also ist eine verstehende und erklärende Spielweise im Umgang mit den Klangschichten erforderlich - ich habe diese nur angedeutet, da passiert noch viel viel mehr (bitte versteh das auch als Anregung, Dir eine Partitur, die Du sehr genau zu kennen glaubst, doch noch viel genauer anzuschauen)

Mit anderen Worten: alle diese inhaltlichen oder wenn man es so nennen will gehaltlichen & klangpsychologischen Informationen aus dem Notentext lassen sich durchaus praktisch umsetzen - nachdem man sie wahrgenommen und verstanden hat. Das ist eigentlich ganz logisch: was man nicht versteht und auch nicht wahrnimmt, das kann man dann auch nicht darstellen.

...dass sich kein Widerspruch erhebt...

ich hatte erwartet, dass der fett markierte Satz ein heftiges Contra erfahren wird, denn er gilt prinzipiell für jedes Klavierstück - jedenfalls nach meiner unmaßgeblichen Meinung.

abwartende Grüße, Rolf
 

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