Ganz geht sich dein Vorwurf, dass ein Steinway S um das Zehnfache zu teuer sein, in der Realität nicht aus.
Von den 100.000 Euro bleiben schon mal gut 16.500 Euro beim Finanzminister. Der Händler will auch 10.000 Euro dran verdienen, damit er den Glitzerpalast und das freundliche Gesicht darin überhaupt finanzieren kann.
Bleiben also 73.500 Euro.
Bei einem Materialeinsatz für den Gussrahmen, Holz, Filz, Leim und Farbe sowie ein paar Metallteile von vielleicht 8.000 Euro bleiben nur mehr 65.500 Euro übrig.
Bei einem durchaus realistischen Stundensatz von 50 Euro für einen qualifizierten und langgedienten Mitarbeiter in einer mitteleuropäischen Arbeitsstätte mit einfacher Maschinenausrüstung kann man davon 32 Wochen Arbeitszeit finanzieren. Dann hätte der Unternehmer noch nichts verdient.
Ich denke schon, dass diese Zeit zum realen Arbeitsaufwand nicht völlig fern liegt. 32 Wochen sind zwei Drittel eines Jahres — wenn man ein Klavier ganz allein inkl. Spielwerk bauen würde, dann müsste man sich wohl schon recht beeilen, damit sich das ausgeht.
So betrachtet verblüffen mich sogar eher die Angebote "einfacherer" Instrumente wie ein Yamaha C 3 X, die um weniger als ein Drittel dieses Betrags verkauft werden.
Ich denke schon, dass das knallhartes Business ist. Und das Marketing hat für jede Zielgruppe das passende Angebot ausgelotet.
Natürlich zahlt man bei den Luxusmarken ein wenig für den Glanz der Marke und die unterstützenden Marketingmaßnahmen, damit der Glanz zur Wirkung kommt, aber ich denke nicht, dass sich die Eigentümer daran übermäßig bereichern können.
Ich hatte den gleichen Impuls wie du und überschlägig eine Kalkulation zu machen.
In Deutschland wäre die Mehrwehrsteuer/Umsatzsteuer bei einem Kaufpreis von 100.000 Euro knapp 16.000 Euro. Der Vollständigkeit halber: für das Material, das von anderen Unternehmern eingekauft wird, hat der Klavierhersteller allerdings auch Vorsteuerabzug, etwa für eine Renner-Mechanik oder Klaviatur, wenn sie nicht im eigenen Werk hergestellt werden.
10% Händler-Marge ist sicher das Mindeste. Ein Musikgeschäft mit Blasinstrumenten sagte mir allerdings, dass es üblicherweise mehr sind. Ich würde deshalb eher mit vielleicht 15% rechnen, was aber natürlich auch davon abhängt, wie viel Rabatt der Händler gibt. Die Kosten für den Transport und die erste Stimmung, die Händler anbieten, müssten allerdings auch berücksichtigt werden.
50 Euro Lohnkosten pro Stunde hätte ich auch angesetzt. Was die Arbeitsstunden angeht, ist die Seite Bechstein sehr aufschlussreich. Bei allen C.Beichstein Concert Flügeln werden 420-500 Arbeitsstunden angegeben. Bei 500 Std. wären das 25.000 Euro Lohnaufwand. Bei den Concert Klavieren sind es nur 180 Stunden, was 9.000 Euro ausmachen würde. Es wären also eher die Hälfte der von dir genannten 32 Wochen Arbeitszeit einzukalkulieren.
Was Material- und Maschineneinsatz angeht, habe ich absolut keine Ahnung, hätte mich aber eher am unteren Rahmen der von dir genannten Spanne von 5.000 bis 10.000 Euro orientiert. Es spielt für das Ergebnis, wie gleich klar wird, auch tatsächlich vermutlich keine große Rolle.
Wenn ich von 100.000 Euro Kaufpreis ausgehe würde ich - auch natürlich grob und ohne Kenntnis realer Kosten einer Klaviermanufaktur geschätzt - folgende Kosten abziehen:
Umsatzsteuer 16.000
Händlermarge: 14.000
Arbeitslohn: 25.000
Material und Abnutzung Maschinen: 6.000
verbleiben: 39.000
Davon müssen natürlich noch Gemeinkosten des Betriebs (Gebäudeabschreibung, Verwaltungskosten, etc.) und Werbung finanziert werden. Aber einerseits bliebe da für mich noch mehr Spielraum, als deine Berechnung ergibt. Andererseits wäre ich
@pianoman weit entfernt vom 10-fachen der Produktionskosten, die im o. g. Beispiel gut 30.000 Euro ausmachen würden. Ich käme damit eher auf das 3- bis 4-Fache.
Ich kann mich aber auch erinnern, dass ich hier mal gelesen habe, dass mit den hochpreisigen Instrumenten die günstigeren quersubventioniert werden. Das würde meine Berechnung stützen und umgekehrt.