NoEPiano
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- 22. Sep. 2020
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Hallo zusammen,
ich hatte es ja hier schon irgendwo angedeutet, dass ich mal unsere Klavierbänke neu mit echtem Leder beziehen will. Und was macht man an so einem Regentag wie heute? Klar, Klavierbank neu beziehen.
Unsere Klavierbänke sind recht gut und haben sich bewährt. Lediglich der Kunstlederbezug (um nicht zu sagen Plastik-) war nicht so der Hit. Im Winter fühlt er sich kalt an, im Sommer gibt's unschöne Schweißflecke. Zudem war die Polsterung viel zu weich, sodaß man quasi immer auf dem Holz saß. Außerdem fand ich die Spanplatte auf der der Bezug aufgebracht war nicht so toll.
Also, habe ich das mal neu gemacht und will hier mal meine Erfahrungen teilen. Bestimmt wird der eine oder andere von Euch das noch besser machen oder anders. Für alle soll es aber eine Anregung und Hilfe sein, Euren Bezug zu verbessern, oder wenn abgesessen oder abgewetzt, selber zu erneuern, denn solche Art von Klavierbänken gibt es ja häufig!
Ich habe auch zwei Versuche gebraucht, um ein gutes Ergebnis zu erzielen. Bei anderen Bänke wird man sicher manches anders machen, aber das Prinzip bleibt ja eigentlich gleich. Also nur Mut!
Die Ausgangslage. Stabile aber keine High-End Klavierbank mit Plastikbezug und Spanplatte:
Als erstes habe ich mir ein Brett zurecht gesägt. Oder lässt es sägen. Die Lederdicke muß man natürlich in die Berechnung der Größe mit einbeziehen.
Ich habe dazu ein 9mm Multiplex Birke Brett genommen. Wer noch eine Vorkriegsbank am Vorkriegsflügel hat, sollte natürlich stilecht eine Vollholzplatte nehmen. Natürlich kann man auch die schon vorhandene Platte nehmen, aber ich wollte die originel Platte mit Bezug nicht zerstören, weil die ja noch okay war und ich auch nicht wusste, ob mein Vorhaben von Erfolg gekrönt würde sein.
Die eine Seite, die dann die Unterseite wird, habe ich mit Clou Wachslasur behandelt. Ich hatte die noch in weiß übrig, normalerweise würde man wohl farblos nehmen, aber so habe ich ein dirty little secret in weiß am sonst schwarzen Instrument!
Die Kanten an der Oberseite musste ich leicht abschleifen, da sonst die Kante über die Rundung des Hockers an der Stelle übergestanden wäre, wie es auch original war und immer gestört hat. Das muss natürlich jeder für sich anpassen:
Dann bohrt man Entlüftungslöcher in das Brett. Wichtig ist, dass die Löcher nicht zu klein sind, denn dann macht es immer ein "PFFFT", wenn man sich draufsetzt. Ich habe einen 25mm Forstnerbohrer dafür verwendet. Zuerst hatte ich 12mm Löcher gebohrt, aber das hat nicht ausgereicht, es hat "PFFFT" gemacht. Wichtig ist auch, daß man die Löcher nicht direkt unterm Allerwertesten bohrt, sonder seitlich in der Nähe der kurzen Seite. Sonst wieder "PFFT".
Für den Lederbezug habe ich eine halbe Haut schwarzes 2,3-2,5mm dickes Anillinleder gekauft. Über die Lederqualitäten kann man sich im Internet ganz gut informieren und selbst entscheiden was man möchte. Mein Leder war eher dick, das ist zwar haltbar, erschwert aber natürlich das Beziehen. Es war aber ein gutes Angebot, so habe ich es trotzdem genommen und es auch nicht bereut. Ich würde immer empfehlen eine ganze oder halbe Haut zu kaufen und keine Zuschnitte, wie sie manchmal auch angeboten werden. Denn erstens kann man sich dann eine schöne Stelle für den Bezug aussuchen, denn Leder ist ein Naturprodukt und die Optik selbst einer Lederhaut variiert oft stark, je nachdem, ob Mitte oder Seite, etc. Und zweitens braucht man auch genügend Überstand, um das Leder beim Beziehen gut straffzuziehen. Zudem hat man noch genug Leder,um auch noch einen zweiten Versuch zu starten, falls es beim ersten mal nicht ganz so klappt.
Ach ja, wer eine Vorkriegsbank hat, sollte natürlich vegetabil gegerbtes Leder nehmen. Ist halt wesentlich teurer, aber dafür wirklich was feines und hält 100 Jahre.
Von der Lederhaut habe ich ein paar Stücke von den Rändern abgeschnitten, um zu testen, ob die Multiplexplatte auch mit Bezug in die Bank reinpasst. Das soll nicht zu locker und nicht zu straff sitzen. Auch die Ecken muß man testen.
Dann klebt man mit Hilfe von Sprühkleber Schaumstoff auf die Oberseite der Platte. Den Schaumstoff habe ich bei Schaumstoff Wegerich in Würzburg (myschaumstoff.de) als Zuschnitt bestellt. Dicke 3cm. Ich habe Platten in Härte RG 35/55 (fest) und RG50/75 (sehr fest) bestellt und mich dann für die härteren entschieden. Man muss aber bedenken, dass es immer schwieriger wird, das Leder zu spannen, je härter der Schaumstoff ist.
Alles was noch weicher als die beiden obengenannten ist, ist meiner Meinung nach unbrauchbar. In den Baumarkt braucht man gar nicht erst gehen, denn dort gibt es nur ganz weiche in schlechter Qualität. Auf eine zusätzliche Fliesunterlage oder ähnliches habe ich verzichtet. Das braucht man meiner Meinung nach nicht und meine Erfahrung mit anderen Möbeln hat gezeigt, dass diese sich auch relativ schnell auflösen.
Ach ja, wer eine Vorkriegsbank am Centennial D hat, nimmt natürlich kein Schaumstoff...... sondern? Keine Ahnung! Roßhaar und Federn. Auf jeden Fall wird's schwieriger!
Dann habe ich noch die Kanten leicht abgeschnitten. Wer es noch flacher mag, kann natürlich noch mehr abschneiden. Mit einer Schere geht das auch.
Dann sucht man ein schönes Lederstück aus. Falls das Leder leichte lange "Rinnen" (wie heißt das?) hat, ist es natürlich schöner, wenn diese parallel zur langen Seite der Bank verlaufen. Danach tackert man die erste Seite fest. (8mm lange Klammern habe ich verwendet) . Ich habe mit der langen begonnen. Dabei muß man das Leder schon auch auf der langen Seite in Spannung bringen.
Wer eine Vorkriegsbank hat, muß hier natürlich nageln!!!
Die zweite Seite und dann auch die kurzen wird mit guter Lederspannung drangetackert. Dafür habe ich mich auf das Brett gekniet, um den Schaumstoff zusammenzudrücken, dann das Leder gut gezogen und dann getackert. Zu zweit geht's wahrscheinlich besser, aber ich habe es alleine gemacht. Ein Elektrotacker ist von Nöten denke ich. (Gehörschutz tragen!!!) Ob es auch mit einem einfachen Handtacker geht? Ich weiß es nicht!
Es ist hier zweckmäßig, in der Mitte zu beginnen, da man das Leder nicht nur über die kurze, sondern auch über die lange Seite in Spannung bringen muss.
Mit den Ecken hatte ich meine lieben Nöte, aber das kann ich schon beim Geschenkeeinpacken mit Papier nicht. Da seid ihr sicher besser.
Da die Ecken dadurch dicker wurden und die Platte dann beim reinlegen in die Bank ein bißchen durchhing, habe ich einfach noch einen Lederstreifen zusätzlich an die Kanten getackert, um dies auszugleichen. Hat ganz gut funktioniert. Oben sieht man noch den alten Plastikbezug.
Und fertig!!! Freu!
Meinen ersten Bezug, der nicht so gelungen war, habe ich nochmal geöffnet und ausgebessert, sodaß ich jetzt beide Stühle neu beledert habe. Durch das härtere Polster klingt man gleich viel besser, da man eine ganz andere Beziehung zum Instrument bekommt.
Optisch spielt das Echtleder auch in einer anderen Liga, verglichen mit dem Kunstleder von vorher. Von der Haptik ganz zu schweigen. Ich bin echt froh, dass ich das gemacht habe.
Ich hoffe, ich konnte helfen und viel Spaß beim Nachmachen!
Grüße Jan
ich hatte es ja hier schon irgendwo angedeutet, dass ich mal unsere Klavierbänke neu mit echtem Leder beziehen will. Und was macht man an so einem Regentag wie heute? Klar, Klavierbank neu beziehen.
Unsere Klavierbänke sind recht gut und haben sich bewährt. Lediglich der Kunstlederbezug (um nicht zu sagen Plastik-) war nicht so der Hit. Im Winter fühlt er sich kalt an, im Sommer gibt's unschöne Schweißflecke. Zudem war die Polsterung viel zu weich, sodaß man quasi immer auf dem Holz saß. Außerdem fand ich die Spanplatte auf der der Bezug aufgebracht war nicht so toll.
Also, habe ich das mal neu gemacht und will hier mal meine Erfahrungen teilen. Bestimmt wird der eine oder andere von Euch das noch besser machen oder anders. Für alle soll es aber eine Anregung und Hilfe sein, Euren Bezug zu verbessern, oder wenn abgesessen oder abgewetzt, selber zu erneuern, denn solche Art von Klavierbänken gibt es ja häufig!
Ich habe auch zwei Versuche gebraucht, um ein gutes Ergebnis zu erzielen. Bei anderen Bänke wird man sicher manches anders machen, aber das Prinzip bleibt ja eigentlich gleich. Also nur Mut!
Die Ausgangslage. Stabile aber keine High-End Klavierbank mit Plastikbezug und Spanplatte:
Als erstes habe ich mir ein Brett zurecht gesägt. Oder lässt es sägen. Die Lederdicke muß man natürlich in die Berechnung der Größe mit einbeziehen.
Ich habe dazu ein 9mm Multiplex Birke Brett genommen. Wer noch eine Vorkriegsbank am Vorkriegsflügel hat, sollte natürlich stilecht eine Vollholzplatte nehmen. Natürlich kann man auch die schon vorhandene Platte nehmen, aber ich wollte die originel Platte mit Bezug nicht zerstören, weil die ja noch okay war und ich auch nicht wusste, ob mein Vorhaben von Erfolg gekrönt würde sein.
Die eine Seite, die dann die Unterseite wird, habe ich mit Clou Wachslasur behandelt. Ich hatte die noch in weiß übrig, normalerweise würde man wohl farblos nehmen, aber so habe ich ein dirty little secret in weiß am sonst schwarzen Instrument!
Die Kanten an der Oberseite musste ich leicht abschleifen, da sonst die Kante über die Rundung des Hockers an der Stelle übergestanden wäre, wie es auch original war und immer gestört hat. Das muss natürlich jeder für sich anpassen:
Dann bohrt man Entlüftungslöcher in das Brett. Wichtig ist, dass die Löcher nicht zu klein sind, denn dann macht es immer ein "PFFFT", wenn man sich draufsetzt. Ich habe einen 25mm Forstnerbohrer dafür verwendet. Zuerst hatte ich 12mm Löcher gebohrt, aber das hat nicht ausgereicht, es hat "PFFFT" gemacht. Wichtig ist auch, daß man die Löcher nicht direkt unterm Allerwertesten bohrt, sonder seitlich in der Nähe der kurzen Seite. Sonst wieder "PFFT".
Für den Lederbezug habe ich eine halbe Haut schwarzes 2,3-2,5mm dickes Anillinleder gekauft. Über die Lederqualitäten kann man sich im Internet ganz gut informieren und selbst entscheiden was man möchte. Mein Leder war eher dick, das ist zwar haltbar, erschwert aber natürlich das Beziehen. Es war aber ein gutes Angebot, so habe ich es trotzdem genommen und es auch nicht bereut. Ich würde immer empfehlen eine ganze oder halbe Haut zu kaufen und keine Zuschnitte, wie sie manchmal auch angeboten werden. Denn erstens kann man sich dann eine schöne Stelle für den Bezug aussuchen, denn Leder ist ein Naturprodukt und die Optik selbst einer Lederhaut variiert oft stark, je nachdem, ob Mitte oder Seite, etc. Und zweitens braucht man auch genügend Überstand, um das Leder beim Beziehen gut straffzuziehen. Zudem hat man noch genug Leder,um auch noch einen zweiten Versuch zu starten, falls es beim ersten mal nicht ganz so klappt.
Ach ja, wer eine Vorkriegsbank hat, sollte natürlich vegetabil gegerbtes Leder nehmen. Ist halt wesentlich teurer, aber dafür wirklich was feines und hält 100 Jahre.
Von der Lederhaut habe ich ein paar Stücke von den Rändern abgeschnitten, um zu testen, ob die Multiplexplatte auch mit Bezug in die Bank reinpasst. Das soll nicht zu locker und nicht zu straff sitzen. Auch die Ecken muß man testen.
Dann klebt man mit Hilfe von Sprühkleber Schaumstoff auf die Oberseite der Platte. Den Schaumstoff habe ich bei Schaumstoff Wegerich in Würzburg (myschaumstoff.de) als Zuschnitt bestellt. Dicke 3cm. Ich habe Platten in Härte RG 35/55 (fest) und RG50/75 (sehr fest) bestellt und mich dann für die härteren entschieden. Man muss aber bedenken, dass es immer schwieriger wird, das Leder zu spannen, je härter der Schaumstoff ist.
Alles was noch weicher als die beiden obengenannten ist, ist meiner Meinung nach unbrauchbar. In den Baumarkt braucht man gar nicht erst gehen, denn dort gibt es nur ganz weiche in schlechter Qualität. Auf eine zusätzliche Fliesunterlage oder ähnliches habe ich verzichtet. Das braucht man meiner Meinung nach nicht und meine Erfahrung mit anderen Möbeln hat gezeigt, dass diese sich auch relativ schnell auflösen.
Ach ja, wer eine Vorkriegsbank am Centennial D hat, nimmt natürlich kein Schaumstoff...... sondern? Keine Ahnung! Roßhaar und Federn. Auf jeden Fall wird's schwieriger!
Dann habe ich noch die Kanten leicht abgeschnitten. Wer es noch flacher mag, kann natürlich noch mehr abschneiden. Mit einer Schere geht das auch.
Dann sucht man ein schönes Lederstück aus. Falls das Leder leichte lange "Rinnen" (wie heißt das?) hat, ist es natürlich schöner, wenn diese parallel zur langen Seite der Bank verlaufen. Danach tackert man die erste Seite fest. (8mm lange Klammern habe ich verwendet) . Ich habe mit der langen begonnen. Dabei muß man das Leder schon auch auf der langen Seite in Spannung bringen.
Wer eine Vorkriegsbank hat, muß hier natürlich nageln!!!
Die zweite Seite und dann auch die kurzen wird mit guter Lederspannung drangetackert. Dafür habe ich mich auf das Brett gekniet, um den Schaumstoff zusammenzudrücken, dann das Leder gut gezogen und dann getackert. Zu zweit geht's wahrscheinlich besser, aber ich habe es alleine gemacht. Ein Elektrotacker ist von Nöten denke ich. (Gehörschutz tragen!!!) Ob es auch mit einem einfachen Handtacker geht? Ich weiß es nicht!
Es ist hier zweckmäßig, in der Mitte zu beginnen, da man das Leder nicht nur über die kurze, sondern auch über die lange Seite in Spannung bringen muss.
Mit den Ecken hatte ich meine lieben Nöte, aber das kann ich schon beim Geschenkeeinpacken mit Papier nicht. Da seid ihr sicher besser.
Da die Ecken dadurch dicker wurden und die Platte dann beim reinlegen in die Bank ein bißchen durchhing, habe ich einfach noch einen Lederstreifen zusätzlich an die Kanten getackert, um dies auszugleichen. Hat ganz gut funktioniert. Oben sieht man noch den alten Plastikbezug.
Und fertig!!! Freu!
Meinen ersten Bezug, der nicht so gelungen war, habe ich nochmal geöffnet und ausgebessert, sodaß ich jetzt beide Stühle neu beledert habe. Durch das härtere Polster klingt man gleich viel besser, da man eine ganz andere Beziehung zum Instrument bekommt.
Optisch spielt das Echtleder auch in einer anderen Liga, verglichen mit dem Kunstleder von vorher. Von der Haptik ganz zu schweigen. Ich bin echt froh, dass ich das gemacht habe.
Ich hoffe, ich konnte helfen und viel Spaß beim Nachmachen!
Grüße Jan
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