Liebes Opernkind,
mir kannst du selbstverständlich auch schreiben, ich studiere, wie Chiarina schon sagte, in Köln und kann dir davon berichten.
Ansonsten verstehe die ganze Diskussion bitte einfach nur dahingehend, dass die Leute die potentiellen Musikstudenten lieber direkt mit der Realität konfrontieren, denn in der Tat schauen viel zu viele leider immer noch vorher und währenddessen total weg, um dann hinterher unglücklich mit dem zu werden, was sie glücklich machen sollte. Dass du dir all diese Gedanken allerdings schon gemacht hast, ist wunderbar, und umso besser, wenn du trotzdem immer noch ganz sicher bist, dass die Musik dein Leben ist.
Ich kann von mir nur berichten, dass ich eine sehr gut bezahlte Zukunft in einem ganz anderen Metier aufgegeben habe, um zurück zur Musik zu gehen - bin etwas deutlich später als du auf den Trichter gekommen, aber es war die beste Entscheidung meines Lebens. Natürlich habe ich deutlich weniger Geld als ich es jemals gehabt hätte, aber ich habe jetzt schon so viele Anfragen für privaten Klavierunterricht (obwohl ich noch studiere), dass ich schon Aufnahmestopp machen muss und mir die Schüler mittlerweile schon aussuchen kann; ich arbeite jetzt schon an einer Musikschule (zwar in der Tat mit einem jener üblichen unabgesicherten Honorarverträge), aber man hat mir sehr viel zugetraut dort, man hat mir große Verantwortung übergeben, ich darf wunderbare Projekte mitorganisieren, sehr interessante Workshops geben, hatte letztes Semester sogar einen Lehrauftrag an einer Kölner Hochschule, spiele hier und da mal ein kleines Hauskonzert oder in Konzerten mit, erarbeite gerade mit einer Sängerin zusammen ein Liedprogramm, mit dem wir auftreten wollen - alles mit Musik, Musikvermittlung usw. Es ist also möglich. Aber ja, in der Tat, ist es Arbeit, viel Arbeit und Energie, die man überall investieren muss, die ich aber von Herzen gerne gebe, da ich die Musik über alles liebe und das auch weitergeben möchte. Nicht selten sitzt man dann noch nach Üben, Seminaren und 7 Klavierschülern abends dann noch an was Anderem, was gerade noch fertig werden muss - aber ich kann nicht anders, ich MUSS und WILL das machen und bin glücklich damit :)
Im Gegensatz zu anderen Berufen ist man auch nie fertig, man könnte immer mehr machen... Und ich mache auch immer mehr. Zum Üben habe ich übrigens jetzt schon weniger Zeit als ich gerne hätte wg. Doppelbelastung Studium + Arbeit nebenher, aber man muss auch abwägen - es reicht dicke für eine sehr gute Note in meinen Studiengang (IP) und ich muss eben jetzt, im Studium, schon zusehen, dass ich Kontakte knüpfe, einen Schülerstamm aufbaue, Projekte und Konzerte anleiere etc... Die Übezeit, die ich habe, muss ich sehr effektiv nutzen, was auch nicht schlecht ist, da man dann auch lernt, möglichst effizient zu üben. Der Tag hat nur 24 Stunden und die kann man - bis auf Schlaf - mehr als vollpacken mit Musik. :)
Ach ja - Zeit für einen wohlverdienenden Mann habe ich übrigens gerade leider keine ;)
Wobei - theoretisch hätte ich dann ja wieder mehr Zeit - aber dafür müsste ich ja einen Teil meiner Arbeit aufgeben. Was ich nicht wollen würde, da ich total darin aufgehe und für mich persönlich ganz genau weiß, dass ich die richtige Entscheidung getroffen habe!
Ich glaube, man muss die Bereitschaft haben, Musik entweder ganz oder gar nicht zu machen - sonst wird das nix... Sonst wird man auch nicht glücklich damit. Aber was ich mit diesem Beitrag und meinen Erzählungen sagen wollte: Man kann sehr, sehr glücklich damit werden, wenn man nur weiß, worauf man sich einlässt und - wie vorher schon gesagt wurde - genügend eigenen Drive mitbringt, um Leute damit auch zu begeistern, sich um Verdienstmöglichkeiten zu kümmern und sich vor mehr Arbeit als Geld nicht scheut :)
herzliche Grüße,
Partita