Hilft Wissen beim Klavierüben, wie ist das Verhältnis von Wissen und Empfindung?

  • Ersteller des Themas Alter Tastendrücker
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@Annaklena
Gesang ist für viele Menschen intuitiv improvisierbar. tatsächlich erlebt man in Kindergarten und Grundschule regelmäßig, wie sich kleine Kinder Fantasiemelodien "ausdenken" ... obwohl ausdenken da der falsche Begriff ist ... die machens halt einfach ... und sind dabei teilweise nichtmal ans wohltemperierte System gebunden (das finde ich persönlich irrsinnig interessant ... viele denken eher, "die singen halt schief", dabei halten die sich nur nicht ans gewohnte System).
Ich kann leider nicht singen (oder ich bin der festen Überzeugung, dass ich schlecht klinge). Egal ... ich mache es jedenfalls extrem selten.
Aber ich summe recht virtuos :lol: ... ungefähr wie ein panischer Schwarm Wespen.

Es ist wirklich auch viel Gewöhnung ... du bist eben das Singen gewöhnt und daher kannst du mit der Stimme auch improvisieren. Ich brauche für Gesang Vorgaben (vor allem den Befehl "sing ... JETZT !!").

Aber Saiten- oder Tasteninstrumente? ... kein Problem ... wenn ich da überhaupt Musik rauslkriege, dann geht auch Improvisation.

Ich habe aber ziemlich viel Zeit damit verbracht, "Irgendwas vor mich hin zu dudeln", wärend ich einer Unterhaltung lausche ... im Grunde einfach Finger bewegen. Ich habe mit simplen Fingerübungen angefangen ... aber das wurde schnell langweilig, also habe ich (zunächst mit dem Material der Übung) kreativ gearbeitet. Fast so, als hätte ich aus dem Material der Übung (Einzelne Töne, Pausen, Symbole) eine Collage gebastelt. Natürlich habe ich das nicht gemacht ... ich bin einfach nur den Ideen nachgegangen, die mir in den Kopf schossen ... was passiert, wenn der Finger da hin geht? ... oh, das klingt ja komisch ... und hier?
So in etwa hat es bei mir begonnen ... und mittlerweile höre ich ab und zu mal, dass Menschen mir nicht glauben wollen, dass DAS wirklich improvisiert war und ich muss den Leuten dann erklären, dass ich natürlich einen gewissen Fundus an Bewegungsabläufen einfach abrufen kann und da auch einige dabei sind, die irgendwann mal jemand auskomponiert hat.
Am Ende bewege ich einfach nur die Finger, und es kommt irgendwie Musik ... man kann sich nun aussuchen, ob das "Muskelgedächtnis" ist (unbewusst), oder eher "Wissensanwendung" (bewusst).
Wahrscheinlich ist es eine Mischung aus beidem.
 
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Noch was zum Auswendiglernen.

Du solltest das definitiv mit Stücken üben, die "weit unter deinem Niveau" sind.
Es kommt fürs Improvisieren nicht so sehr drauf an, bestmmte Stücke komplett im Kopf zu haben. Das hilft dir nur dabei, diese Stücke ohne Noten zu spielen.
Es geht darum, Bewegungsmuster einzuschleifen bzw. zu kennen, die man in einer improvisation dann nutzen kann (eigentlich sollte das mit den Jahren von selbst passieren).

Ein Beispiel:
Alberti-Bässe (Grundton - Quinte - Terz - Quinte) kommen ständig vor und daher kann man damit auch in Improvisationen arbeiten ... aber ob man Alberti nun mit Mozarts kleiner Nachtmusik übt, oder mit dem dritten Satz der Mondscheinsonate, das ist eher egal. Es geht darum, mit dem Muster vertraut zu werden ... und damit, wie es sich bei Akkordwechseln verändert.
Sowas kann man dann später einfach abrufen ... Tonart fast egal (das hilft natürlich nicht nur beim Improvisieren).

Oder lern doch erstmal kleine Passagen auswendig. 2, 4 oder 8 Takte reichen erstmal. Wenn du die hast, dann verdeckst du die entsprechenden Zeilen in den Noten ... und spielst das Stück nochmal von vorn (das Verdecken nur, damit du nicht versehentlich ins Blattspiel abdriftest).
Dann die nächsten Takte ... usw.
Es ist auch garnicht schlimm, wenn du zwischendurch noch mal nachschauen musst ... das ist allemal besser, als wenn du etwas falsch gelerntes immer wieder falsch spielst.
 
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Ich möchte gern bis nächstes Jahr den 1. Satz der Mondscheinsonate lernen. Vom 3. bin ich also noch weit entfernt. :003: Aber ich verstehe natürlich, was Du meinst.

Sehr interessant, was Du da über Deinen Einstieg ins Improvisieren erzählst. Auch über die Selbstverständlichkeit, mit der Du das mit einem Instrument verbindest. Ich glaube, ich habe nicht so den Drang zum Improvisieren wie Du, ich singe einfach gern und dann trällere ich eine Opernarie vor mich hin, die ich mal gesungen habe, oder auch mal einen Blues oder einen Schlager oder ein Volkslied. Ich bin da ziemlich unvoreingenommen. Aber normalerweise singe ich etwas, das jemand anderer komponiert hat. Ich finde da auch gar nichts dabei. Ich tobe mich kreativ bei anderen Sachen aus, deshalb kann ich in der Musik ruhig dem folgen, was andere mir vorgeben. Wenn es so schöne Stücke sind, wie es sie eben hundert- und tausendfach gibt. Ich werde es wohl kaum schaffen, auch nur einen Bruchteil davon in meinem Leben noch zu spielen. Wenn ich dann noch improvisiere, wird es ja noch mehr.

Aber ich höre wirklich gern zu, wenn jemand so vor sich hin improvisiert und bewundere Leute, die das so selbstverständlich können. Möglicherweise könnte ich dann auch besser Stücke auswendiglernen. Aber ich weiß nicht, ob das eine Beziehung hat. Auf jeden Fall lerne ich im Moment höchstens mal einen Takt oder zwei. Und mehr kann ich mir anscheinend auch nicht merken. Aber die Methode, die Du da erwähnst, die werde ich mal ausprobieren.
 

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