Eben. Nichts genaues weiß man nicht. Daher ist die Spekulation in eine ganz konkrete Richtung unzulässig.
Spekulieren darf man immer, auch in eine ganz konkrete Richtung. Da sehe ich nichts "unzulässiges". Bedenklich wird es, wenn Fakten und Spekulationen nicht auseinandergehalten werden und am Ende nur noch auf der Basis von Spekulationen spekuliert wird.
Gerade sehe ich, daß es die alten Bände der Zeitschrift für Musikwissenschaft online gibt.
Ich mache auf den Aufsatz "Der kranke Schubert" des Mediziners Waldemar Schweisheimer aufmerksam (Juni/Juli 1921, S. 552-561):
https://archive.org/details/ZeitschriftFuerMusikwissenschaft03jg1920-21
Hier steht nichts anderes, als was ich auch in den neuesten Darstellungen aus medizinischer Sicht gelesen habe. Die Diagnose hängt an der Mitteilung Schobers: Schuberts Haare mußten wegen eines "Ausschlags geschoren werden". Schweisheimer dazu: "Im sekundären Stadium der Lues kommt es nicht selten vor, daß sowohl Ausschläge am Kopf auftreten, als insbesondere auch die Haare an umschriebenen kreisrunden Stellen ausfallen. Zur Behandlung des Ausschlags und um das Aussehen des Kopfes weniger auffällig zu machen, werden in solchen Fällen die Haare kurz abgeschoren. Aber sowohl Ausschläge der Kopfhaut, wie Haarausfall kommen auch bei ganz anderen Hauterkrankungen vor, die mit Lues oder einen sonstigen venerischen Erkrankung in keinerlei Zusammenhang stehen." - "Immerhin läßt es eine andere Tatsache nicht unwahrscheinlich erscheinen, daß Schubert wirklich an einer luetischen Erkrankung litt: das ist die lange Dauer seines Leidens, in dessen Verlauf, offenbar nur als ein Glied in der Kette, der erwähnte Kopfausschlag auftrat. Dieser chronische Verlauf ist für eine nicht oder nicht genügend behandelte Lues charakteristisch. Verschiedene erhaltene Äußerungen, teils von Schubert selbst, teils von der Hand seiner Freunde, weisen auf den lang sich hinziehenden Verlauf der Krankheit hin."
Und das Fazit: "die Annahme einer Ende 1822 beginnenden, nicht ausgeheilten luetischen Erkrankung Schuberts ist nicht unwahrscheinlich, aber durchaus nicht gesichert. Eine sichere Entscheidung darüber kann auf Grund der bisher vorhandenen Mitteilungen nicht geliefert werden . -
Auf keinen Fall, und das kann man im Gegensatz zu dieser ungewissen Darstellung mit Sicherheit behaupten, ist Schubert an den Folgen einer venerischen Erkrankung gestorben. Offensichtlich ist, unabhängig von seiner chronischen Erkrankung, ein neues akutes und rasch zum Tode führendes Leiden aufgetreten: Typhus."
Otto Erich Deutsch veröffentlichte in derselben Zeitschrift Ergänzendes unter dem Titel "Schuberts Krankheit - Neue Mitteilungen" (November 1921, S. 100-106)
https://archive.org/details/ZeitschriftFuerMusikwissenschaft04jg1921-22
Zusätzliche diagnostisch verwertbare Angaben ergeben sich daraus nicht. Deutsch stützt sich u. a. auf Mitteilungen von Nachkommen von Schuberts Freunden. Diese kann man als Hinweise nehmen, auch wenn sie nicht mehr nachprüfbar sind:
"Dafür spricht auch die Überlieferung, die mir von den männlichen Nachkommen seiner Freunde, wiederholt und unabhängig voneinander, zuteil geworden ist, darunter die Angabe
Lues von dem noch lebenden Sohne eines Schubert eng befreundet gewesenen Künstlers."