Fingersätze bei Tonleitern

"Also der Fingersatz D-Dur Tonleiter abwärts ist: 12312341.... Dieser Fingersatz ... gilt allgemein!"
Was, Frédéric Chopin, ist denn das für ein Blödsinn? In welcher Bibel des Klavierspiels steht geschrieben, daß man nur diesen einen Fingersatz nehmen dürfte? Kannst du irgendeinen vernünftigen Grund dafür angeben? Ich wüßte immerhin einen: Wenn es abzuwägen gilt, ob man innerhalb einer Passage nur einmal untersetzen muß oder zweimal, kann dein Fingersatz vorteilhaft sein. Mit derselben Logik aber, mit der du nur diesen einen Fingersatz zulassen willst, müßtest du dann auch fordern, daß As-dur auch immer mit dem Daumen zu beginnen hat? Schon mal gelesen, was z.B. Ceslaw Marek sehr ausführlich über Fingersätze schreibt?

Das ist der allgemeine Fingersatz von D-Dur.

Tonleiter haben feste Fingersätze, diese sind in jeder Klavierbibel, jeder Klavierschule, im Hanon, in jeder Fingersatztabelle für Tonleiter gleich.

Und wenn ein Anfänger im Forum nach dem Fingersatz von D-Dur fragt (wenn er reine Tonleiter übt), gebe ich ihn auch den richtigen Fingersatz für D- Dur.



Das ist nicht mein Fingersatz, sondern der allgemeine Fingersatz von D- Dur, den jeder angehende Klavierschüler, Klavierstudent oder Pianist so lernt!

Um nicht mißverstanden zu werden möchte ich noch hinzufügen, daß in Stücken natürlich der Fingersatz abweichen kann. Das kommt darauf an, wie die Tonleiter in einem Stück eingesetzt wird. Nicht immer beginnt die Tonleiter mit dem Grundton, endet mit dem Grundton oder Aufgrund des nachfolgenden oder vorherigen Laufes die Tonleiter einen anderen Fingersatz fordert!

Aber die allgemeinen Fingersätze der Tonleiter soll man auf jeden Fall kennen!

Liebe Grüße, Mario
 
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Haydnspaß sei es unbenommen, Tonleitern nicht zu üben.

Nur um das nicht ganz unkommentiert dastehen zu lassen ;)

Natürlich üb ich Tonleitern, nämlich genau dann, wenn sie in einem Stück vorkommen. Da kommen aber selten Tonleitern vor, die beim Grundton beginnen und beim Grundton wieder aufhören. Oft sind dann kleine Änderungen drin (ein zusätzlicher oder verschobener Halbtonschritt oder gar eine Modulation). Es ist halt wie bei allen anderen melodischen Stellen auch: sie geben erst im konkreten Zusammenhang einen Sinn und können deshalb auch nur in diesem konkreten Zusammenhang "richtig" (oder falsch) gespielt werden.
 
Alles richtig, Haydnspaß. Da Tonleitern genau von Grundton zu Grundton nicht oft vorkommen, empfehle ich ja auch, sie nicht grundsätzlich so zu üben, sondern sich dasjenige Fingersatzmuster anzueignen, das sehr oft anwendbar ist (ich wüßte zahllose Beispiele aus der Literatur zu nennen).

Frédéric Chopin, daß dein "Czerny-Fingersatz" in zahlreichen Ausgaben zu finden ist, ist mir bekannt. Meine Frage jedoch war, ob du, außer daß er so oft zu finden ist und auch bei Chang zu finden ist, auch noch einen VERNÜNFTIGEN Grund weißt? Bei Des-dur beispielsweise ist es vernünftig, daß links der 3. Finger den Grundton spielt. Warum sollte es bei D-dur unvernünftig sein und nicht die Regel, wenn der 2. Finger den Grundton spielt? Daß bisweilen ein anderer Fingersatz sinnvoll sein kann, sei ja eingeräumt. Aber wieso sollte der unbequemere Fingersatz unumstößliche Regel statt Ausnahme sein?

Kleines Beispiel für dieses allzu eingefahrene Denken:
In meiner Henle-Ausgabe von Beethovens op. 28 findet man im ersten Satz ab Takt 407 eine D-dur-Tonleiter der linken Hand von A bis e' gefolgt von chromatischem eis'-fis'-g'-gis'-a'. Conrad Hansens Fingersatz lautet: 5 auf A, 3 auf fis (von Czerny und Konsorten geprägt), 4 auf h (Übersatz zur weißen Taste), 3 auf eis' (Übersatz zur weißen Taste), 2 auf gis'. Mit der Kenntnis der simplen Regel, daß in der linken Hand bei Kreuztonarten der Daumen günstigerweise immer auf e und h liegt, nimmt man gleich 4 auf fis und kommt dann von selber auf die Idee, 4 auch auf cis' zu nehmen und 4 auf fis'; so kann man immer zur schwarzen Taste übersetzen und hat einen Übersatz weniger als bei Hansens Fingersatz. Übt man von Beginn an brav und gedankenlos den ungünstigeren Fingersatz mit 1 auf d, nur weil er überall angegeben ist, bleibt man viel eher in diesem gedankenlosen Gleis stecken.
 
Alles richtig, Haydnspaß. Da Tonleitern genau von Grundton zu Grundton nicht oft vorkommen, empfehle ich ja auch, sie nicht grundsätzlich so zu üben.

Millionen Klavierspieler, sei es Schüler oder Klavierlehrer üben Tonleiter in diesem Standardfingersatz und tausende versierte Klavierlehrer empfehlen grundsätzlich so zu üben. Und jetzt sei es falsch.

Frédéric Chopin, daß dein "Czerny-Fingersatz" in zahlreichen Ausgaben zu finden ist, ist mir bekannt.

Frage: Von wem stand eigentlich Dein Fingersatzsystem, Tonleiter in diesem Fingersatz zu spielen?
Die Frage bezieht sich, wenn man Tonleiter paralell in beiden Händen gleichzeitig spielt.
Links, bzw. rechts alleine in Deinem vorgeschagenen Fingersatz zu spielen, wäre Ok.


Meine Frage jedoch war, ob du, außer daß er so oft zu finden ist und auch bei Chang zu finden ist, auch noch einen VERNÜNFTIGEN Grund weißt? Bei Des-dur beispielsweise ist es vernünftig, daß links der 3. Finger den Grundton spielt. Warum sollte es bei D-dur unvernünftig sein und nicht die Regel, wenn der 2. Finger den Grundton spielt? Daß bisweilen ein anderer Fingersatz sinnvoll sein kann, sei ja eingeräumt. Aber wieso sollte der unbequemere Fingersatz unumstößliche Regel statt Ausnahme sein?

Wenn man links alleine spielt, kann man den Fingersatz anwenden (also 2. Finger auf den Ton D).
Das wäre jetzt auch nicht falsch, denn man spielt Tonleiter h- moll oder "E- Dorisch" genauso.
Und wenn man in der rechten Hand B- Dur nach oben spielt, ist das eigentlich dann das gleiche, so entstehen keine Nachteile.

Allerdings wenn beide Hände gleichzeitig parallel spielen, finde ich ihn nicht besonders gut!
Da müßte man in der rechten Hand unter Umständen auch den Fingersatz anders wählen (Und zwar den von h-moll). Das Problem liegt glaube ich, daß wenn in der linken Hand der vierte Finger spielt, rechts der dritte spielen muß.
Du wirst auch in keiner einzigen Tonleiter (in sämtlichen Tonarten) mit dem Standardfingersatz eine Stelle finden, wo links der 4. Finger mit dem rechten dritten Finger zusammentrifft.
Da wird wohl der "Czerny- Fingersatz" nicht von Dir überboten werden können!

Ich denke nicht, daß Nachteile entstehen in der linken Hand D- Dur abwärts 12312341... zu spielen. Erster und dritter Finger liegen auf einer weißen Taste, genauso ist es danach mit dem ersten und vierten Finger. Wer seine Daumentechnik bei den Tonleitern beherrscht, hat auch bei diesem Fingersatz keine Probleme!

Ich möchte außerdem nochmal erwähnen, daß der Stanardfingersatz in der Klavierliteratur natürlich oft auch wegen technischen, musikalischen und klanglichen Gründen abweichen kann. Auch ich habe bei Beethoven z. B. eine Tonleiter ohne vierten Finger gespielt, also: 123123123... Das war wegen musikalischen und klanglichen Gründen.

Liebe Grüße, Mario
 
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Wir "streiten" hier eben um eine total abstrakte "Sache", die D-dur Tonleiter, was immer das auch sein soll :cool:

Mit welchem Fingersatz spielt man eigentlich die h-moll Tonleiter? Das sind ja dieselben Töne.

Ich fänds echt praxisbezogener, wenn wir hier über konkrete Stellen in konkreten Stücken reden würden.

Zum Beispiel über die Partita Nr.4 in D-dur von Bach Takt 83 bis 86.
 
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Sehr gut, das ist der Fingersatz, um den es geht :p

Einwandfreier Fingersatz, wenn du mich fragst.

Natürlich!
Genauso wie der Standardfingersatz von D- Dur in der linken Hand, den ich ebenfalls einwandfrei finde!

Mal sollte beide Fingersätze gleich gut beherrschen, den Standardfingersatz von h-moll, sowie den Standardfingersatz von D- Dur!!

Mangelnde Technik oder mangelndes Üben von Tonleitern sollten nicht so ausgemerzt werden, daß man sich zur Regel macht, ich nehme links bei D- Dur einfach den h-moll Fingersatz.

Aus dem Grund schon, weil der Fingersatz von D- Dur keine Probleme aufweisen sollte, wenn man Tonleiter richtig spielen kann.

Auch wenn die Läufe von D- Dur und h-moll aus den gleichen Tönen bestehen! ;-)

Warum aber kommt einer auf die Idee, wenn man eine D-Dur Tonleiter paralell in beiden Händen spielt, links den Fingersatz auf h- moll zu wechseln, aber rechts den Standardfingersatz von D- Dur läßt!

Das finde ich dann komplizierter!

Liebe Grüße, Mario
 
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:D Du sprichst mir aus der Seele. Aber ich befürchte fast, wir beide stehen hier in diesem Forum (zumindest was Hanon, Czerny und Tonleitern angeht) auf einsamem Posten. :D

Ich bin der dritte im Bunde! :D

Nach gründlichem Studium dieses Fadens kann ich keine für mich plausible Begründung finden, die reines Tonleitern Üben als "virtuoses Trainingsprogramm" rechtfertigt.

Stures "Pauken" der Tonleitern halte ich sogar für kontraproduktiv. Spätestens nach ein paar Minuten hört man nicht mehr aufmerksam zu, dann wird's mechanisch und deshalb unmusikalisch.

Es ist bestimmt produktiver, die Zeit für das Lernen der Inventionen, Präludien und Fugen von Bach zu investieren. Da gibt es genug Stoff für Tonleitern in allen möglichen Ausschnitten und Kombinationen, die dann sogar musikalischen Sinn ergeben. ;)

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Allerdings nehme ich im Unterricht möglichst frühzeitig die "Tonleiter an sich" durch. Das heißt der Schüler lernt das Prinzip der Tonleiter und lernt den Aufbau gleich aller Tonarten (zunächst Dur) nach dem Tetrachordsystem.

Wie das geht, habe ich hier schon mal reingestellt.

Wenn wir mit einem neuen Stück beginnen, gehen wir zunächst auch die Tonleitern und Dreiklänge der Hauptfunktionen durch, auch mit traditionellen Fingersätzen, aber da geht es mehr darum, mit dem Tonmaterial vertraut zu werden - das ist eher eine geistige Arbeit.
 
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Millionen Klavierspieler, sei es Schüler oder Klavierlehrer üben Tonleiter in diesem Standardfingersatz und tausende versierte Klavierlehrer empfehlen grundsätzlich so zu üben. Und jetzt sei es falsch.
Mit Mehrheiten ist das immer so eine Sache ... Ich denke da nur an gewisse Wahlergebnisse oder das berühmte Beispiel mit den Fliegen ... :D

(Sorry - ich weiß, es war taktlos, mußte aber sein.)
 

"Ich bin der dritte im Bunde!" Falsch gezählt und unaufmerksam gelesen, Franz, du bist der Vierte im Bunde. Ich hatte oben angemerkt: "Ich bin alles andere als ein Freund von nutzlosen Fingerübungen und halte z.B. Hanon für den größten Käse, für den je Druckerschwärze vergeudet wurde (damit stehen wir denn schon zu dritt auf 'einsamem' Posten)."

Letzlich ist es wohl egal, ob man Tonleitern aus Stücken übt oder unabhängig davon systematisch erarbeitet, das darf gerne jeder machen, wie er lustig ist. Unzweifelhaft klar ist aber, daß man sich über Fingersätze Gedanken machen muß, und da hilft die systematische Erarbeitung durchaus, sich über einige einfache und hilfreiche Muster klarzuwerden.

"Millionen Klavierspieler, seien es Schüler oder Klavierlehrer, üben Tonleitern in diesem Standardfingersatz, und tausende versierte Klavierlehrer empfehlen grundsätzlich, so zu üben. Und jetzt sei es falsch."
Niemand sagt, daß es immer falsch sei, nur sehr oft deutlich unbequemer. Erklär doch endlich mal, was der Vorteil des Schulfingersatzes ist.
Der Begriff "symmetrischer Fingersatz" ist übrigens nicht auf meinem Mist gewachsen. Auch Georgii ("Klavierspieler-Büchlein") erläutert ihn ausführlich und schreibt dazu:
"Wer hätte noch nicht bemerkt, daß beim Abwärtsspielen in A-dur der linke Daumen die Neigung hat, schon auf h zu escheinen anstatt erst auf a? Gewiß hat deswegen schon mancher Lehrer einem Schüler einen Verweis erteilt. Mit Unrecht!"

"Ich fänds echt praxisbezogener, wenn wir hier über konkrete Stellen in konkreten Stücken reden würden", schrieb Haydnspaß. Richtig! Eine Stelle aus Beethovens "Pastorale", bei der die Gewöhnung an einen schwer zu rechtfertigenden Schulfingersatz auf ungüngstige Fährte führt, habe ich oben genannt. Ein anderes Beispiel ist folgendes,
https://www.clavio.de/forum/attachm...697323t-fingersaetze-bei-tonleitern-cmoll.gif
bei dem oft der Schulfingersatz (Daumen auf dem Grundton) genannt wird in dem Irrtum, ein Übersatz von rechts h nach as (übermäßige Sekunde = kleine Terz) sei räumlich ein größerer Abstand als ein Übersatz von f nach es (Ganzton). Ein Blick auf die Tastatur genügt, um zu sehen, daß das nicht wahr ist und h-as vernachlässigbar weiter ist als f-es durch die nicht genau mittige Anordnung der schwarzen Taste es. Die übermäßige Sekunde hat also denselben Abstand wie der Ganzton.
 

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