Erfahrungen zu Ausgaben (Haydn, Beethoven, Chopin)

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schneeflocke

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13. Juni 2020
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Hallo zusammen! :001:

Ich habe hier im Forum seit einigen Jahren sporadisch mitgelesen, und mich jetzt aus folgendem Grund angemeldet: Bei einigen Komponisten (Bach, Haydn, Beethoven, Chopin, Schubert, ...) möchte ich meine Notensammlung etwas aufbessern. Darum habe ich die Kataloge von den üblichen Notenverlagen durchgeblättert. Dabei wurde ich von den folgenden Ausgaben überrascht:

- Beethoven Sonaten Henle: die neue Urtext-Ausgabe hat Fingersätze von Perahia, und ist neu in 3 statt 2 Bände aufgeteilt.

- Beethoven Sonaten Peters: da wusste ich nicht, dass es eine Ausgabe von Claudio Arrau gibt.

- Chopin Peters: Offenbar gibt der Verlag eine neue, vollständige Urtext-Ausgabe heraus. Erschienen sind bis jetzt die Balladen, Etüden, Impromptus, Préludes, Rondos und Walzer.

Hat jemand Erfahrungen mit einer dieser Ausgaben gemacht? Was kann man erwarten? Würde jemand von einer dieser Ausgaben abraten?

Ausserdem gibt es von den Haydn Sonaten es eine neue Gesamtausgabe bei Henle, wobei die Fingersätze von 52 bekannten Pianisten stammen, also jeder und jede übernimmt eine. Allerdings ist die Ausgabe noch "in Vorbereitung". Weiss jemand genaueres? Findet ihr das eine gute Idee? Danke schon mal für Antworten :001:

Bei Bach möchte ich mir evtl Französiche und Englische Suiten sowie WTK2 kaufen, da bin ich mir noch am Überlegen zwischen Bärenreiter und Wiener Urtext.
 
Bei Beethoven ist neben der Perahia-Ausgabe auch die neue Bärenreiter-Edition von del Mar interessant. Er bietet einige Lesarten aus den Quellen, die ich SO bisher nicht kannte.

Die Arrau-Ausgabe lohnt sich wegen der Fingersätze, hat aber insgesamt ein sehr unübersichtliches Layout.

Bei den Haydn- und Schubert-Sonaten greife ich gerne zur Wiener Urtext-Edition.

Die Bach-Ausgaben von Bärenreiter entsprechen zwar der Neuen Bach-Ausgabe, aber den Notensatz empfinde ich als gewöhnungsbedürftig. Im Falle des WTK gefällt mir die neue Henle-Ausgabe (Tomita/Schiff) besser.

Chopin-Etüden: als „Zweit-Ausgabe“ unbedingt die von Badura-Skoda bei Wiener Urtext. Ansonsten Henle (wobei ich deren verschnörkelte Fingersatz-Type für eine Katastrophe halte).
 
Zu Beethoven:

Also die Arrau-Ausgabe ist sehr gut als "Nachschlagewerk" für Interpretationsideen und Fingersätze geeignet, würde sie aber auf keinen Fall als "Hauptausgabe" verwenden. Dies liegt daran, dass die Fingersätze zum großen Teil sehr exotisch/esoterisch und speziell sind (und wie ich denke für Hobbyspieler nicht unbedingt geeignet sind), über nahezu jeder Note ein Fingersatz steht und außerdem die Interpretationsanmerkungen zwar allesamt interessant und gut sind, aber kein "Muss" sind. Dadurch, dass das alles aber in die Noten getragen ist, ist es mit Aufwand verbunden, sich von diesen Anmerkungen zu lösen. Und es ist sicher nicht im Sinne des Erfinders, wenn man viele Fingersätze durchstreicht :-D.

Die Bärenreiterausgabe hat m.E. manchmal etwas fragwürdige Entscheidungen bzgl. der aus den Quellen übernommenen Bogenführungen, Töne, und Pedalanweisungen getroffen. Das ist sicher interessant, aber empfinde ich deswegen als Hauptausgabe auch nicht als geeignet. Davon abgesehen sind hier Fingersatzeintragungen wirklich sehr sparsam vorgenommen worden und das Notenbild ist sehr sauber. Deswegen verwende ich Bärenreitereinzelausgaben als "Handausgabe" der von mir gespielten Sonaten, weil man hier alles was man selbst eintragen möchte sehr gut eintragen kann und das Notenbild weiter sehr übersichtlich bleibt.

Die Perahiaausgabe kenne ich nicht. Ich verwende als Standardausgabe die Henleausgabe ohne Fingersätze. Allerdings hat Henle einige Nachteile: Das Notenbild ist zwar ästhetisch ansprechend, aber meines Erachtens nicht das übersichtlichste. Weiter sind die Blätterstellen nicht durchdacht (was eine Entscheidung seitens des Verlags ist) und man findet keine ausführlichen Erklärungen zur Editionspraxis, zur Aufführungspraxis, etc. in den Noten.

Meine Empfehlung wäre tatsächlich Wiener Urtext und zwar nicht nur für Beethoven, sondern auch für Haydn, Mozart und Bach. Das Notenbild hier ist sehr gut, die Hinweise zur Edition und zur Aufführungspraxis sind sehr gewinnbringend, die Fingersätze sind sparsam gesetzt und die Blätterstellen sind sehr angenehm. Ich besitze tatsächlich zusätzlich zu den Henlesammelausgaben auch die Wiener Urtextausgaben der Partiten, der Mozartsonaten und der Haydnsonaten und verwende Wiener Urtext immer als "Referenz" wenn mir in der Henleausgabe was komisch vorkommt (und umgekehrt :-D ).

Mit Chopin kenne ich mich nicht aus, und kann deswegen nichts gewinnbringendes beitragen.

Die Idee mit 52 Fingersätzen für 52 Sonaten empfinde ich zwar als einen hübschen (Marketing-)Gag, würde mich aber eher vor dem Kauf zurückschrecken lassen, da mich die fehlende Kohärenz im Fingersatz aufregen würde. Aber vielleicht bin ich hier auch nur etwas altmodisch.

Liebe Grüße,

Daniel
 
welchen praktischen (!) Nutzen hat dieser Purismus?

Dass man schon als weniger Fortgeschrittener lernt Fingersätze zu machen (!!) und darüber zu räsonieren,
dass man nicht durch Herausgeber FS schon voreingenommen ist, noch bevor man die erste Taste angefasst hat,
dass man nicht mit Schülern über "da steht aber der Vierte!" diskutieren muss, sondern frei alle Möglichkeiten erwägen kann,
dass der Notentext übersichtlicher ist,
dass man die originalen FS auch ohne Lupe von denen des Komponisten unterscheiden kann,
dass meine Neugier auf die FS des Herrn Theopold begrenzt ist,
dass ich, wenn ich mich für originelle FS interessiere die Interpretationsausgaben von Arrau, Cortot, Mikuli, Paderewski, Moscheles Czerny, Liszt, ... anschauen kann/muss und da vielleicht sogar noch was Neues lernen kann,
dass ich - insbesondere bei Bach und Mozart - Artikulations-FS nutzen kann, ohne dass mir mein Auge ständig was anderes meldet,
dass der Begriff Urtext in meinem Verständnis schon aussagt, dass idealerweise nur Angaben des Komponisten abgedruckt werden.
Ich bin übrigens auch gegen Angleichungen ähnlicher Stellen (namentlich Artikulation und Dynamik) im Urtext. Ich will z. B. als User selber entscheiden, ob ich das Thema des Finales der C-Dur Haydn Sonate (48) jedes Mal gleich artikuliere oder unterschiedlich.

Ansonsten verweise ich auf das Vorwort von Debussy zu seinen Etüden, bei denen ich tatsächlich auf einige der Lösungen des Komponisten neugierig wäre.

M. Bilson hat übrigens vor einigen Jährchen einen beachtenswerten kleinen Artikel über Fingersätze (außer denen des Komponisten natürlich!) In Urtext-Ausgaben in Pianonews veröffentlicht; der Titel lautete etwa: Warum Fingersätze in Urtextausgaben nichts verloren haben.
 
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Beethoven hatte nachweislich schwer gekämpft mit seinen Fingersatzanweisungen in op.110 - tatsächlich gibt es dafür weitaus bessere, als die originalen ;-)

Original FS sagen aber in einigen Fällen Interessantes über die Spielweise des Komponisten aus. Dennoch sehe ich sie nicht als verpflichtend an ! Ausprobieren sollte man diese aber auf jeden Fall.
Außerdem mag ich - Anwesende ALLE IMMER ausgenommen!!! - Klavierlehrer nicht, die zu faul, oder zu unfähig sind individuelle, auf die Hände und die Bedürfnisse ihrer Schüler zugeschnittene Fingersätze selbst spontan in der Unterrichtssituation zu kreieren und statt dessen ihre Schüler veranlassen, teilweise schlechte, oder sogar schädliche Spannungen zu erdulden oder akrobatische Kunststücke zu vollführen, die möglicherweise gänzlich unnötig sind.
 
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Original FS sagen aber in einigen Fällen Interessantes über die Spielweise des Komponisten aus.
tatsächlich gibt es dafür weitaus bessere, als die originalen ;-)
Ich finde es gibt für jede Stelle, für die entstprechende musikalische Gestaltung, genau einen optimalsten/besten Fingersatz.
Manchmal gibt es noch einen , selten noch einen anderen Alternativen dazu.
Also warum Murx Fingersätze spielen, wenn es einfacher und besser geht?
Macht wenig Sinn.
 
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Ich finde es gut für jede Stelle, für die entstprechende musikalische Gestaltung, genau einen optimalsten/besten Fingersatz.
Der Fingersatz, der für den einen Spieler optimal ist, kann für den nächsten suboptimal und für einen dritten völlig unbrauchbar sein. Ich habe es noch nie erlebt, dass ich einen gedruckten Fingersatz zum größten Teil oder gar komplett übernommen hätte. Insofern bevorzuge ich vehement Ausgaben ohne Fingersätze.

Was nicht heißt, dass ich bei komplexen Schwierigkeiten nicht auch Fingersätze von herausragenden Pianisten wie Busoni, Bülow, Cortot, Arrau, Perahia studiere. Aber das mache ich ergebnisoffen - und am Ende entspricht mein Fingersatz selten genau einem der Vorbilder. Das ist eigentlich auch normal, denn ich habe andere musikalische Vorstellungen und eine andere Hand als jeder einzelne von ihnen.
 

Insofern bevorzuge ich vehement Ausgaben ohne Fingersätze.
Wichtig finde ich ist, das man zunächst selber versucht einen für sich selbst Optimalen zu finden.
Wenn bereits schon Fingersätze darüber stehen, kann dies durchaus ablenken.
Erst dann wenn man selber einen gefunden hat, oder Rat braucht, dann ist der Blick auf andere Fingersätze optimal. Dabei lernt man sehr viel. Und eben umso mehr wenn man vorher seinen eigenen hatte.
 
Vielen Dank für die verschiedenen Antworten. :001: Habe mich noch nicht entschieden.

In der Zwischenzeit war ich auch im Stamm-Notengeschäft (zum ersten Mal seit zwei, drei Jahren, kaufe meistens online wenn ich was brauche) und war überrascht wie sich der Farbton in der Klavierabteilung spürbar von henleblau zu WUT-orange verändert hat. Früher war ja Henle Synonym für Urtext.

So wie ich das sehe haben alle vier Editionen der Beethoven Sonaten ihre Vor- und Nachteile. Die Perahia-Ausgabe von Henle ist noch nicht fertig, aber der Konsens scheint zu sein dass die Fingersätze eher umständlich sind und es zuviele davon sind, so dass das Notenbild unübersichtlich wird. Arrau hast du schon beschrieben. Wiener Urtext hat für mich den Nachteil dass es drei sehr dicke Bücher sind, darum sind sie eher als Nachschlage-Werk geeignet als daraus zu üben. Bei Bärenreiter finde ich die Ausgaben schön gemacht, aber das Notenbild ist etwas gewöhnungsbedürftig und neben den fehlenden Fingersätzen ist die Ausgabe wohl stark auf der akademischen Seite.

Deswegen verwende ich Bärenreitereinzelausgaben als "Handausgabe" der von mir gespielten Sonaten, weil man hier alles was man selbst eintragen möchte sehr gut eintragen kann und das Notenbild weiter sehr übersichtlich bleibt.

Die Perahiaausgabe kenne ich nicht. Ich verwende als Standardausgabe die Henleausgabe ohne Fingersätze. Allerdings hat Henle einige Nachteile: Das Notenbild ist zwar ästhetisch ansprechend, aber meines Erachtens nicht das übersichtlichste. Weiter sind die Blätterstellen nicht durchdacht (was eine Entscheidung seitens des Verlags ist) und man findet keine ausführlichen Erklärungen zur Editionspraxis, zur Aufführungspraxis, etc. in den Noten.

Bislang spiele ich aus der alten Henle-Ausgabe (Wallner). Es ist ja immer eine Gewöhnungssache bezüglich Notenbild. Henle hat den Vorteil der Leinen-Ausgaben die schön stabil sind.

Die Idee mit 52 Fingersätzen für 52 Sonaten empfinde ich zwar als einen hübschen (Marketing-)Gag, würde mich aber eher vor dem Kauf zurückschrecken lassen, da mich die fehlende Kohärenz im Fingersatz aufregen würde. Aber vielleicht bin ich hier auch nur etwas altmodisch.
Das habe ich auch befürchtet. Beim Wiener Urtext der Beethovensonaten kommen die FS allerdings ebenfalls von sieben oder acht verschiedenen Personen. Aber ja, vermutlich nehme ich bei Haydn die WUT-Ausgabe.

]Chopin-Etüden: als „Zweit-Ausgabe“ unbedingt die von Badura-Skoda bei Wiener Urtext. Ansonsten Henle (wobei ich deren verschnörkelte Fingersatz-Type für eine Katastrophe halte).
Gut, bei Henle und Theopold schreit bei mir eine Alarmglocke. Chopin übe ich in der Regel aus Cortot. Beispielsweise bei Op.25 Nr.1 wüsste ich keine andere Ausgabe mit ähnlich guten Fingersätzen. Auf der anderen Seite brauchts noch einen Urtext dazu. Beispielsweise die Cortot-Ausgabe zur b-moll Sonate ist bezüglich Akzenten und Dynamik ziemlich fehlerbehaftet.

Der Fingersatz, der für den einen Spieler optimal ist, kann für den nächsten suboptimal und für einen dritten völlig unbrauchbar sein. Ich habe es noch nie erlebt, dass ich einen gedruckten Fingersatz zum größten Teil oder gar komplett übernommen hätte. Insofern bevorzuge ich vehement Ausgaben ohne Fingersätze.
Finde die entstandene Diskussion interessant. Bei mir ists so dass ich schon eigene Fingersätze nehmen kann, aber manchmal werden die umständlich. Darum finde ich es eigentlich gut wenn schon ein paar FS da sind, die man mit der Zeit einordnen kann. Zumindest verstehen Leute wie Perahia oder Arrau was von Klavier spielen.
 
Wenn Du Urtext-Ausgaben ohne Fingersätze suchst, solltest Du auch einmal nach den Könemann-Ausgaben schauen. Manches ist mittlerweile wieder über buecher.de erhältlich, anderes leider nur antiquarisch.
 
Im Falle der Etüden hat es Badura-Skoda bei Wiener Urtext zumindest versucht. Inwieweit er sämtliche Quellen ausgewertet hat, weiß ich allerdings nicht.
 
Die Edition Peters hat auch oft recht brauchbare Fingersätze.
Wo viele Verlage aber oft kläglich Versagen mit den Fingersätzen, ist bei Tonrepetitionen ...
 
hallo nochmals :-)

Offenbar stossen die erwähnten Ausgaben (Beethoven-Perahia, Haydn-Henle, neuer Chopin Urtext) bei niemandem auf hellste Begeisterung.

Habe mich jetzt entschieden. Bei den Beethoven Sonaten nehme ich die Arrau-Ausgabe und zusätzlich noch bei jenen die ich übe die Bärenreiter von del Mar. Bei der Perahia-Ausgabe sind es mir zu viele und zu umständliche Fingersätze, wenn man das meiste durchstreicht und abändert nützt sie mir nicht viel. Wiener Urtext hat mir bei genauerer Betrachtung auch nicht gefallen: FS von mehreren Autoren, aber meistens sind meine viel näher bei der Arrau-Ausgabe, zudem finde ich das Layout teilweise gedrängt, und ich glaube nicht, dass die dicken Bücher eine lange Lebensdauer hätten (verglichen mit den dünnen Einzelausgaben von Bärenreiter). Denke als FS-Anregung reichen mir dann die Arrau-Ausgabe und meine in die Jahre gekommenen Wallner-Bücher. Auf diese Ausgaben kann ich sicher auch bei den von alibiphysiker erwähnten fragwürdigen Entscheidungen zurückgreifen. Klar, an das Bärenreiter-Layout werde ich mich umgewöhnen müssen.

Bei Haydn werde ich bei Gelengeheit Wiener Urtext nehmen, ebenso bei den erwähnten Bach-Sachen.
 

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