- Dabei seit
- 23. Okt. 2019
- Beiträge
- 4.211
- Reaktionen
- 5.889
@Alter Tastendrücker und @Cheval blanc :Ich habe mich schon oft gefragt, warum in der Schulmusik so viel über die Bedürfnisse der (mehrheitlich noch ungebildeten!) Schüler raisonniert wird. Ich habe nicht in Erinnerung, dass unser Mathematikkehrer uns fragte, ob wir lieber über die Natur unserer Lieblingszahl diskutieren wollen, oder lieber quadratische Gleichungen lösen wollen.
Warum macht sich die Schulmusik so klein, statt Kenntnisse über Musik (aller Musik, die mit Wissen angemessener zu rezipieren ist von der Renaissance bis zum Jazz) zu vermitteln. Und zwar allen Schülern, und ja auch denen, die keine Klavierstunden nehmen.
Die zentrale Tätigkeit des Mathematikunterrichts ist das Rechnen. Die zentrale Tätigkeit des Musikunterrichts ist das Musizieren. Ich sehe da in dieser Hinsicht keine Differenz in dem, was man Schülern zumutet.
Das stärkste Bedürfnis der mehrheitlich noch ungebildeten Schüler ist es, selbst sie eigene Stimme zu benutzen bzw. Instrumente in die Hand zu nehmen und damit Klang zu erzeugen. Und durch dieses eigene Musizieren kann man Schüler auch für Themen interessieren und sogar begeistern, die zunächst keinen erkennbaren Lebensweltbezug hat.
Ein Musikunterricht, der sich nur auf die kognitive Analyse künstlerisch wertvoller Kompositionen beschränkt, nimmt sich selbst die Chance, den Schülern einen Zugang zu zunächst nicht lebensweltbezogenen Themen zu ermöglichen. Ein Musikunterricht, der nur Hören und Analysieren beinhaltet (wie es wohl in Bayern und Sachsen teilweise noch üblich ist), lässt sich, polemisch formuliert, vergleichen mit einem Sportunterricht, in dem nur Olympiaturniere und Fußballweltmeisterschaften vergangener Jahrzehnte betrachtet und analysiert werden.
Natürlich sind Analyse und kognitives Verstehen unverzichtbar, aber der Zugang sollte über das eigene musikalische Handeln erfolgen. Dadurch wird Musikunterricht lebendig, erweckt Neugier und Interesse auch bei Schülern, die sich von von sich aus nicht darauf einlassen würden bzw. gar nicht die Chance dazu haben, weil sie privat keinen Instrumentalunterricht genießen.